Famulatur Psychiatrie in Universitaetsklinikum Hamburg-Eppendorf (9/2016 bis 10/2016)

Krankenhaus
Universitaetsklinikum Hamburg-Eppendorf
Stadt
Hamburg
Station(en)
PA1
Fachrichtung
Psychiatrie
Zeitraum
9/2016 bis 10/2016
Einsatzbereiche
Station
Heimatuni
Hamburg
Kommentar
Die Famulatur auf der Adoleszentenstation war fuer mich insgesamt enttaeuschend. Meine Kritikpunkte im Kurzen sind: Man fuehlt sich als Stoerfaktor auf Station. Es gibt nichts zu tun. Und wer zuletzt mit Y-Chromosom auf die Welt kam, darf hier grundsaetzlich fast nichts tun, da die meisten Patienten weiblich sind. Dafuer ist der Umgang mit der Anwesenheit sehr frei, man kann mehr oder weniger gehen, wann man moechte und auch mal ganz freie Tage nehmen, wenn man fuer die Uni oder privat wichtige Dinge zu erledigen hat. Und trotz allem sind die meisten Personen auf Station einzeln betrachtet sehr nett gewesen.


Das sehr grosse Stationsteam besteht aus vielen verschiedenen Berufsgruppen: Aerzte, Psychologen, Sozialarbeiter und Pfleger. Die Kommunikation untereinander funktioniert nicht immer gut und es gibt doch oefter Reibereien zwischen den Parteien, was organisatorische aber auch inhaltliche Aspekte des Stationsalltags angeht.

Die Patienten sind im Schnitt sehr jung (16-20 Jahre) und werden entsprechend von den Therapeuten abgeschirmt. In Einzelgespraechen darf man nur vereinzelt mit dabei sein. In den Therapiegruppen fuer depressive Patienten (DBG) bzw. Borderliner (DBT), die 2x woechentlich stattfinden, darf auch immer nur maximal ein Hospitant mit rein berufsgruppenuebergreifend! Da auch Pflege-Azubis und neue Mitarbeiter der Station dort mitlaufen sollen, wird man oft von der Teilnahme ausgeschlossen. Das Betteln um Teilnahme gehoert auf der PA1 an der Tagesordnung ebenso wie ein "Ne, das ist heute schlecht!" oder "Sorry, wir sind schon zu viele!" als Antwort. Oft spricht man mit einer Person ab, dass man irgendwo mit dabei sein darf, und wenn man dann zur vereinbarten Zeit kommt, wird man doch wieder von einer anderen Person rausgeschmissen, weil "zu voll". Zudem gibt es 1x woechentlich eine stationsinterne Besprechung, bei der man als Famulant und sogar PJler ausdruecklich nicht erwuenscht ist. So etwas habe ich in anderen Kliniken nie erlebt und empfand es als sehr befremdlich. Selbst wenn man kurz vor der Besprechung nur in der Naehe der Tuer stand, um einem Arzt noch kurz eine Info fuer einen Patienten mitzugeben, wurde man alle naselang von einem Mitarbeiter angesprochen, dass das "nicht fuer einen" sei und man hier "jetzt nichts zu suchen habe", das sei nur fuer Mitarbeiter.

Ansonsten gibt es bis auf vereinzelte Blutentnahmen unter dem Tag nicht viel zu erledigen. Aergerlich ist, dass man von aerztlicher Seite aus nahezu staendig das Gefuehl bekommt, eigentlich nur ein grosser Stoerfaktor zu sein. Ideal waere es, man hielte sich vollstaendig aus allem heraus, sonst wird einem schnell vermittelt, man wuerde die Therapie sabotieren. Wer doch einmal in einer Gruppe dabei ist, muss tierisch aufpassen, was er sagt. Man wird nicht eingewiesen. Beteiligt man sich aber, wird man im Nachhinein angesprochen, dass man dieses und jenes eigentlich auf keinen Fall tun oder sagen sollte und das wieder etwas anderes so, wie man es gemacht hat, gar nicht ginge und der Arzt kurz davor war, einzugreifen, um seine "Patienten zu beschuetzen". Das war fuer mich persoenlich die Kroenung! Zudem wird man instruiert, sich mit Patienten auch ausserhalb der strukturierten Stationsprogrammes oder bei koerperlichen Untersuchungen nicht ueber ihr seelisches Befinden zu unterhalten - das gehoere ausschliesslich in die Einzelgespraeche! Man famuliert hier gewissermassen auf einer psychiatrischen Station, die einem offen den Grossteil des psychiatrischen Patientenkontaktes verbietet. Angesichts der schwierigen Patienten durchaus nachvollziehbar - aber nicht, was ich mit meiner Famulatur bezwecken wollte.

Hin und wieder gibt es koerperliche Untersuchungen v.a. bei neuaufgenommenen Patienten oder bei Patienten, die im Verlauf ihres meist 3-monatigen Aufenthaltes ploetzlich medizinische Wehwehchen beklagen. Als Mann hat man hier die Arschkarte gezogen: Da die Station im September stark borderline-dominiert war und fast alle Borderline-Patientinnen weiblich sind, hatten wir durchgehend maximal 20 % maennliche Patienten auf Station. Als Mann soll man grundsaetzlich keine weiblichen Patienten untersuchen obwohl viele der Aerzte, Psychotherapeuten und viele Konsilaraerzte maennlich sind und da nicht gross gefackelt wird. Vielleicht bin ich als eher chirurgisch vorbelasteter Student da einfach zu unsensibel, aber ich haette es mir doch gewuenscht, so etwas anstatt eines pauschalen Verbots zunaechst vom einzelnen Patienten abhaengig zu machen. Koerperlich untersuchen konnte ich schon, da dies meine letzte Famulatur war. Ich habe in der Hinsicht auch nichts gelernt, sondern im Prinzip nur meine bereits mitgebrachten Faehigkeiten zur Entlastung der Aerzte eingebracht. Sehr schade! Und da wir zu allem uebel auch noch 2 Famulanten gleichzeitig auf Station waren, blieb da wirklich nicht mehr viel uebrig. Feierabend gegen 12 war keine Seltenheit. Zwar haette man jeweils noch bis zur internen Fortbildung am Nachmittag bleiben koennen aber wer wartet denn tatenlos 4 oder 5 Stunden ab, nur um einen Vortrag zu hoeren?

Lehre auf Station gab es keine, auch wenn die Aerzte und Psychologen durchaus mal Ding erklaert haben. Ansonsten gab es 2x die Woche Kasuistik (Fallvorstellung der gesamten psychiatrischen Klinik) und 1x die Woche Journal Club. Das war immer sehr interessant!


Insgesamt verbuche ich die Famulatur auf der PA1 als herbe Enttaeuschung. Dennoch habe ich einige wertvolle Einblicke in die Psychiatrie des jungen Erwachsenenalters gewonnen und sehe durch den Kontakt zu einigen der Patienten und ihre Lebensgeschichten auch einige Dinge nun mit anderen Augen, die mir spaeter in der Klinik sicherlich behilflich sein werden und gewissermassen meinen Horizont erweitert haben. Aerztlicher Erkenntnisgewinn ist fuer mich gleich 0. Dennoch sehe ich die Famulatur rueckblickend nicht als Zeitverschwendung. Ich wuerde aber auch nicht noch einmal einen Monat dort verbringen.
Bewerbung
10 Monate im Voraus per Mail bei Prof. Wiedemann.
Unterricht
3 x / Woche
Tätigkeiten
EKGs
Patienten untersuchen
Untersuchungen anmelden
Blut abnehmen
Dienstbeginn
7:00 bis 8:00 Uhr
Dienstende
Vor 15:00 Uhr
Studientage
Frei verfügbar
Tätigkeiten
Mittagessen regelmässig möglich

Noten

Stimmung Station
4
Kontakt zur Pflege
2
Ansehen
5
Stimmung Klinik
4
Unterricht
4
Betreuung
4
Freizeit
1
Lehre auf Station
3
Insgesamt
4

Durchschnitt 3.67