Famulatur Notfallmedizin in Klinikum Kassel (2/2017 bis 3/2017)

Krankenhaus
Klinikum Kassel
Stadt
Kassel
Station(en)
ZNA
Fachrichtung
Notfallmedizin
Zeitraum
2/2017 bis 3/2017
Einsatzbereiche
Notaufnahme, Diagnostik
Heimatuni
Goettingen
Kommentar
Durch die vielen großartigen Bewertungen habe auch ich mich zur Famulatur in Kassel entschlossen. Direkt vorweg: Die Entscheidung werdet ihr nicht bereuen.

Zur Stadt selber:
Ich habe problemlos ein günstiges WG-Zimmer mitten in der Stadt gefunden, die Anbindung der Klinik per Straßenbahn und Bus ist gut, das Ticket allerdings nicht gerade günstig. Man kann aber sehr gut in der Nähe unterkommen, die Nordstadt ist sehr studentisch geprägt.
Die Stadt selber hat 200.000 Einwohner, viele Stundenten und sehr viel zu bieten. Sehr multikulturell, tolle Bars, sehr schöne Parks. Insgesamt aber schon sozial schwach, nachts auf der Straße fühlt man sich nicht immer sicher, aber passiert ist nie etwas.

Das Krankenhaus:
Kommunales Krankenhaus mit ca. 1300 Betten, Maximalversorger. Größte Notaufnahme im Umkreis von ca. 60km, also extrem viele Patienten von überall.
Die Notaufnahme hat 11 Untersuchungsräume mit Monitor, 2 Schockräume und eine angeschlossene Überwachungsstation, eigentlich nur für die Nacht, teilweise aber über mehrere Tage mit Intensivpatienten belegt, für die es kein Bett gab (akutes Nierenversagen, NIV-beatmungspflichtig etc.)
Das Patientenklientel ist durchmischt, viele alte Leute aus den umliegenden Dörfern, viele Migranten und Flüchtlinge mit schlechten Deutschkenntnissen, viele spannende Fälle als Zuverlegungen, sehr viele Junkies und psychisch Kranke, die teilweise sehr gewalttätig sind (mehrmals die Polizei vor Ort gewesen).
Alles in allem wirklich das pralle Leben :)
Chronischer Bettenmangel, die ZNA war teilweise über Tage für Notfälle abgemeldet, dann war es nicht so spannend.

Die Famulatur:
Grundsätzlich in 3 Teile (Neuro, Innere, UChi) aufgeteilt, jeweils 7-8 Tage, vorher festgelegt. Wenn nicht zu viele Famulanten da sind kann man aber relativ frei rotieren wie man möchte.
Einen festen Dienstplan gibt es nicht, man kann also auch spontan einen Zwischendienst (10-18 Uhr) oder einen Spätdienst machen (leider fährt dann keine Bahn mehr!). Nächte wären bestimmt auch möglich gewesen, habe aber nicht gefragt.
Die Anwesenheit wird nicht streng kontrolliert, der Chef ist aber eigentlich jeden Tag dort und sehr an den Studenten interessiert, bemerkt also schon, wenn er euch nicht sieht. Gehen konnt man relativ frei, keiner zwingt einen zu etwas, ich bin aber meist länger dortgeblieben.

Grundsätzlich sind alle in Kassel sehr freundlich und offen, Studenten ist man dort gewöhnt und ich fühlte mich sehr willkommen. Der Kontakt zur Pflege ist überwiegend gut bis sehr gut, ein paar maligne Schwestern gibt es natürlich, einfach aus dem Weg gehen.
Und ab und zu mal selbst eine Infusion fertig machen, eine Urinflasche zu holen oder ein Wasser zu stellen bringt einen auch als Famulanten nicht um, ist aber fürs kollegiale Miteinander super.

Zugänge und Blutentnahme sind Aufgabe der Pflege, wer üben will kann gerne helfen, aber absolut kein muss.
Wer Interesse hat kann auch gerne einen Blasenkatheter oder Magensonden legen, auch die Pflege erklärt gerne und ausführlich, trotz Stress.

Aber zum wesentlichen Teil, der Famulatur (ich habe keine Unfallchirurgie gemacht, da es mich nicht wirklich interessiert)

Neuro: Dienstbeginn morgens um 8 bei der Frühbesprechung auf Station, ihr werdet freundlich begrüßt und begleitet den diensthabenden Arzt.
Das Team ist sehr gemischt, viele sehr junge Assistenzärzte, viele aus dem Ausland, leider oft mit schlechten Deutschkenntnissen, fast alles Berufsanfänger, die auf ZNA kaum betreut werden.
Die Oberärzte sind dünn besetzt, die Assistenten auf der ZNA alleine. Wer bereits Neurowissen mitbringt kann sich hier voll ausleben und einbringen, wer das nicht hat wird wohl viel danebenstehen.
Es gibt nur einen diensthabenden Neurologen auf der ZNA, ihr werdet also quasi 1 zu 1 "betreut" und könnt bei der riesigen Menge an Patienten oft und ausführlich selbst Patienten untersuchen und aufnehmen und anschließend schnell besprechen.
Es gibt täglich mindestens 3-4 Schockräume mit frischen Schlaganfällen, Blutungen oder Krampfanfällen, wer will kann auch gerne die Diagnostik begleiten oder bei einer Thromektomie zuschauen.
Ich habe möglichst viel an die OA gehängt und so z.B. ein teleneurologisches Konsil beobachtet, Schluckdiagnostik auf Station gesehen und auf der Intensivstation bei der Anlage eines Tracheostomas assistiert.
Man kann unter Aufsicht Lumbalpunktionen machen, Gefäße schallen, und ist überall gerne gesehen. Wenn mal ein Oberarzt auf ZNA ist gab es besonders viel zu lernen, alle waren erklärfreudig, man konnte Patienten voruntersuchen und vorstellen und die Bildgebung besprechen. Bei den AÄ hängt das vom Einzelfall ab.

Insgesamt auch für Neurointeressierte sehr zu empfehlen, super nettes Team. Bei den Assistenzärzten kann man auch Pech haben, die haben teilweise selbst erhebliche organisatorische und fachliche Probleme, waren aber alle nett und bemüht.

Innere:
Dienstbeginn um 7:30 mit der Übergabe aus der Nacht. Tagsüber 2-3 Assistenzärzte und ein Oberarzt fest auf Station, man springt so ein bisschen hin und her.
Bei mir war es jeden Tag ein Glücksspiel, bei einigen Ärzten konnte man sehr viel machen, Patienten alleine untersuchen, Labor anordnen und am Ende auch die Briefe schreiben, andere haben einen eher links liegen lassen (ohne das böse zu meinen, es war einfach keine Zeit).
Es gibt extrem viele Patientin, teilweise stauen sich 30 Leute im Wartezimmer und auf dem Flur, so dass man oft tatsächlich eine richtige Hilfe ist. Vorkenntnisse vor allem in Kardio und Nephro sind schon empfehlenswert!
Die Oberärzte sind teilweise fest auf der ZNA, teilweise rotieren sie von Station, eigentlich alle waren fachlich hochkompetent und an Lehre interessiert, ich habe viel geschallt und erklärt bekommen.
Man sieht in Kassel durch die Größe und exponierte Lage des Hauses sehr sehr viele schwere und seltene Erkankungen, vom Mitralsegelabriss über TTP bis hin zur immunvermittelten Thrombozytopenie mit 0 Thrombos war alles dabei.
Wer mag kann auch gerne in die Diagnostik hoch, ich war jeweils einige Stunden in der Endoskopie und im Herzkatheter.
Ich habe Zugänge gelegt, bei ZVK-Anlagen assisiert, arterielle BGA gezogen, arterielle Zugänge gelegt und viel geschallt. Viele EKGs befundet, oft war auch Zeit für einen kleines EKG-Kurs zwischendrin.

Allgemein:
Der Chefarzt ist große Klasse und sehr sehr an Studenten interessiert, er macht was alles möglich und vermittelt jegliche Wünsche an die zuständige Stelle.
Man kann jederzeit bei interessanten Notfällen im Schockraum zusehen (sofern man nicht gerade eigene Patienten betreut) und teilweise mithelfen.
Die Anästhesie ist auch sehr nett und lässt einen teilweise viel machen, allerdings stehen auch schonmal 4-5 Famulanten, Praktikanten und FSJler im viel zu kleinen Schockraum.
Ãœberwiegend ist man also schon eher passiver Zuschauer.

Insgesamt eine tolle Zeit, man hat sich sehr nett aufgenommen gefühlt, bed-side-teaching wird groß geschrieben und wirklich alle leben das auch. Auch der konsiliarisch gerufene Urologe erklärt seinen Ultraschallbefund, die Pathologie und Therapie, ohne einen jemals vorher gesehen zu haben.

Allerdings war die konkrete Ausprägung wirklich tagesformabhängig, an guten Tagen hat man fast wie ein richtiger Arzt gearbeitet, an schlechten Tagen lief man viel hinterher und saß rum. Das positive hat aber auf jeden Fall überwogen!
Geht nach Kassel, ihr werdet es nicht bereuen!

Bewerbung
circa 2 Monate vorher per Mail direkt an den sehr netten Chefarzt

Am 1. Tag vorne am Tresen melden, ihr bekommt dann eine Schlüsselkarte, Berufskleidung (2x Hose + Kasack) und wenn verfügbar einen Spind.
Kleidung kann man sich jederzeit am Wäscheautomaten holen.
Essen ist lecker und reichhaltig, preislich im Mittelfeld.
Außer dem normalen Mitarbeiterrabatt keine Vergünstigungen.
Unterricht
Kein Unterricht
Inhalte
Bildgebung
Fallbesprechung
Sonst. Fortbildung
EKG
Tätigkeiten
Punktionen
Praktische Maßnahmen unter Aufsicht
Notaufnahme
Eigene Patienten betreuen
EKGs
Braunülen legen
Briefe schreiben
Blut abnehmen
Patienten untersuchen
Dienstbeginn
7:00 bis 8:00 Uhr
Dienstende
15:00 bis 16:00 Uhr
Studientage
Gar nicht
Tätigkeiten
Kleidung gestellt
Mittagessen regelmässig möglich

Noten

Stimmung Station
2
Kontakt zur Pflege
2
Ansehen
2
Stimmung Klinik
2
Unterricht
2
Betreuung
2
Freizeit
1
Lehre auf Station
2
Insgesamt
2

Durchschnitt 1.93