Um es vorweg zu nehmen: die viereinhalb Wochen auf der Intensivstation 1b im Helios Klinikum Cuxhaven waren ein Traum! Als vierte und letzte Famulatur hatte ich mir die Intensivmedizin ausgesucht. Durch das zufällige Treffen und die Werbung von CA Burkert im vergangenen Herbst kam ich auf die Idee diese an der Nordsee zu absolvieren.
Vor Ort angekommen bekam ich ein Zimmer im sog. Ärztehaus. Dieses liegt eine Gehminute entfernt direkt neben dem Krankenhaus und es gibt vier WG mit je fünf Zimmern, zwei Duschbädern und eine kleine Küche. Mein Zimmer war recht großzügig geschnitten mit einem Bett, zwei Schränken, zwei Schreibtischen und einem Stuhl. Eine Lampe sollte man ggf. selbst mitbringen, wenn man mehr als die reine Deckenbeleuchtung haben möchte. Als Mitbewohner hat man Hospitanten, Honorarärzte, Auszubildende, Famuli, PJler und und und. Es ist eine bunte Mischung und man lernt sich sehr schnell kennen, so dass auch mal zusammen gekocht wird. Den Anreisetag konnte ich nach Absprache frei wählen.
Die Verpflegung ist für Studenten im gewissen Rahmen gratis. Es gibt Frühstück(ab 07.00 Uhr), Mittag und Abendbrot (dies ist das gleich wie auf Station und muss bis mittags vorbestellt werden).
Der erste Tag begann mit dem üblichen Formalia in der Verwaltung ("Hallo, schön, dass Sie hier sind... machen Sie dies nicht... machen Sie das nicht... tragen Sie immer Ihr Namensschild... unterschreiben Sie hier... Danke! Viel Spaß!"). Anschließend ging es zur Einkleidung (Berufskleidung gestellt) und ich habe den Chefarzt kennengelernt. Es folgte eine Runde durch das Haus.
Der Alltag auf Station beginnt um 07.30 Uhr mit der Dienstübergabe. Der Frühdienst geht bis 15.30 Uhr und wird vom Oberarzt abgedeckt. Die Assistenten übernehmen die Spät- und Nachtdienste. Gelegentlich mit anwesend war ein Hospitant. Es folgen die interdisziplinären Visiten verschiedenen Fachrichtungen, eine Tafelvisite mit der Physiotherapie und den Pflegekräften und gegen 14.00 Uhr eine Chef- ggf. Oberarztvisite.
Zu den harten Fakten: als Famulus ist es dort wahrlich ausgezeichnet. Man kann Blut abnehmen, untersuchen, irgendwelche Untersuchungen anmelden, Patienten aufnehmen, Gespräche mit Angehörigen führen, periphere und zentrale Arterien legen, ZVK legen, mit in den Schockraum gehen, den Notarztdienst 24h mitfahren, Einsätze als "Notarztbackup"(macht der Chef wenn er da ist und kein NA mehr "draußen" verfügbar ist) begleiten, es gab das Angebot bei Einsätzen als LNA mit rauszufahren, Atemwege sichern, den hausinternen Notruf mit abarbeiten, auf Wunsch auch mal in die ZINA rotieren, Hausbesuche bei Palliativpatienten, Teilnahme an hausinternen Fortbildungen, Angebot der Teilnahme an Fortbildungen im Klinikum Bremerhaven zusammen mit den Assistenten der Station und und und...
Das ist sicherlich schon eine ganze Menge im Vergleich zu einigen anderen Famulaturen. Der wirklich beste Punkt ist aber das schier nicht enden wollende Teaching. Wenn ich eine Frage hatte, dann wurde diese umgehend geklärt. Wenn das mal länger gedauert hat, dann war das halt so. Ich durfte jeder Zeit alles erdenkliche Fragen und es schien nie unangemessen oder jemand davon genervt zu sein. Selbst, wenn dies in der interdisziplinären Visite war und sich die Frage an zB die Chirurgen richtete waren auch diese immer bereit mir vor Ort alles zu erklären. Wenn die Erklärung mal einen Moment länger gedauert hat war das auch gar kein Problem. Teaching wäre aber nicht Teaching wenn sich dies nur auf unidirektionale Fragen beschränken würde. So gab es immer wieder zwischendurch kleine Fragen und Aufgaben an mich als Famulus:"Warum nehmen wir bei diesem Patienten denn kein PPSB unter Berücksichtigung der Vorerkrankungen? Such' das doch mal raus und dann treffen wir uns nachher wieder und klären das.". So kommt es dann, dass man nachmittags für teilweise mehr als eine Stunde mit dem Chef in zusammen sitzt und man zB die Frage mit dem PPSB klärt und darüber auf "Wie war das nochmal mit der Gerinnung?" und vieles weitere kommt oder sich morgens einen Patienten raussuchen soll und ihn nachmittags vorstellt und dazu versucht Rede und Antwort zu stehen oder morgens die Frage kommt "Was wollen wir denn heute besprechen?" und dann wünscht man sich einfach irgendein Thema was einen interessiert oder es gibt eine kleine interdisziplinäre Konferenz mit den Auszubildenden aus der Physiotherapie und man beschnackt gemeinsam warum denn Sachen wie z.B. Lagerung, Mobilisation und Atemtraining gerade auf einer Intensivstation so wichtig sind. Dies weitet den Blick für die Teamleistung Medizin nochmal ungemein. Überhaupt war es immer möglich mit der Physiotherapie oder den Pflegekräften länger über deren Arbeit zu reden. Teilweise kam der Kardiologe, nachdem man ihn am Vortag zur dualen Blutgerinnungshemmung gefragt hat am nächsten Tag wieder auf mich zu und meinte wie das denn nochmal gewesen wäre und ob ich das nochmal fix eben aufzählen und erklären könne. Dieses Teaching, gerade von Chefarzt Burkert, lief derart angenehm ab, dass man garnicht genug davon bekommen konnte. Es war nicht die tausendste dröge Vorlesung oder das fünfundzwanzigste Referat zum Thema Reanimation. Es war eher eine Art Coaching und das Abholen auf dem individuellen Leistungsstand, das hinterfragen von Dingen die man vielleicht vorher "einfach so" als akzeptiert hatte. Das war ganz ausgezeichnet!
Und sind wir mal ehrlich: wo gibt es schon einen Chef der sich a) mit seinen Studenten beschäftigt und b) sich mehrmals die Woche und so oft es ihm möglich ist die Zeit nimmt um seine Studenten zu coachen? Ich denke das findet man nicht all zu oft...
Was ich als Cuxhavener Besonderheit empfunden habe, ist die Trennung von Anästhesiologie und der Intensivmedizin/Notfallmedizin/Palliativmedizin. Beide Abteilungen haben ihren eigenen Chef und Personalstamm. So ist das Team im Effekt übersichtlich und man lernt sich schnell kennen.
Die Stimmung unter den Ärzten und Pflegekräften war stets gut und auch ich habe mich immer sehr gut aufgehoben und nie überzählig gefühlt. Ebenfalls schien die Stimmung im Haus sehr gut zu sein.
Ein Alleinstellungsmerkmal in Deutschland in Cuxhaven ist Medico / TMAS (Telemedical Maritime Assistance Service). Dies ist die seefunkärztliche Beratung für Personen auf See die eine medizinische Beratung benötigen. Grundsätzlich kann sich hierbei jede Person auf einem Schiff eines Flaggenstaates an z.B. Medico Cuxhaven wenden und sein Problem schildern. Die geschieht z.B. per Mail oder Telefon. Die Fälle werden dann entgegengenommen, gesichtet, ein entsprechender Rat abgegeben und ggf. zusätzliche Maßnahmen eingeleitet. Dies wurde mir an Beispielen mehrmals erklärt.
Bewerbung
Zur ersten Kontaktaufnahme kam es Mitte Dezember telefonisch mit Frau Griemsmann. Sie erklärte das weitere Prozedere mit der Personalabteilung. Es folgte eine kurze schriftliche Bewerbung per Mail. Nach zweimaligen Nachfragen gab es im Anschluss die Zusage.