Ursprünglich für dieses Haus habe ich mich entschieden, da ich ursprünglich aus der Umgebung stamme. Ein Jahr vor der Famulatur war ich dort einen Tag im Rahmen des Programms „Dein Tag in der Neurologie“, wo der Chefarzt mich und die anderen beiden interessierten Studenten sehr nett begrüßt und herumgeführt hat. Bei dieser Gelegenheit brachte ich dann meinen Wunsch zum Ausdruck, dort auch zu famulieren. Der Chefarzt sagte mir direkt zu.
Beworben habe ich mich schließlich im Februar, also sieben Monate vor der Famulatur, direkt beim Chefarzt per Mail, da dieser auch online als Kontaktperson im Flyer zu Famulatur und PJ genannt war. Die Zusage kam direkt am nächsten Werktag. Er erinnerte sich noch an mich und freute sich. Also alles unkompliziert.
Zusätzlich hat er direkt gefragt, ob ich einen Platz im Personalwohnheim brauche.
An meinem ersten Tag war ich zuerst in der Personalabteilung. Die mich betreuende Dame war etwas chaotisch, so hat sie mir zunächst keine Kleidung und auch keinen PC-Zugang gestellt. Nach wenigen Tagen bekam ich dann auf Nachfrage einen funktionierenden Chip und damit Zugang zu zwei Kitteln. Das mit dem PC-Zugang hat nicht so recht geklappt, ich konnte auf den Desktop zugreifen, kam aber nicht mal auf Medico oder irgendwas anderes zum Arbeiten. Aber ich bin dem PC-Zugang auch nicht nachgegangen, sonst hätte das bestimmt funktioniert. Ansonsten habe ich an meinem ersten Tag direkt einen Schlüssel, ein Namensschild und einen Zugang fürs Essen bestellen bekommen.
In keiner meiner vorangegangenen Famulaturen habe ich je einen Schlüssel bekommen. Hier bekam ich ihn einfach so. Das gefiel mir schon mal sehr, nachdem ich in den anderen Famulaturen so manches Mal dumm herumgestanden war im Gang. Das Essen ist ausgesprochen gut. Die Famulatur ist nicht entlohnt, macht man dort aber sein PJ, bekommt man aktuell stolze 500 Euro.
Schließlich ging ich von der Personalstelle zur Neurologie. Dort wurde ich direkt sehr herzlich begrüßt. Man freute sich sehr mal wieder einen Studenten zu haben und praktisch jeder wusste, dass ich komme. Nach der Frühbesprechung einigten wir uns darauf, dass ich zunächst zwei Wochen auf der N1 und dann noch zwei Wochen auf der N2 verbringen sollte. Zusätzlich sollte ich mir alles anschauen, was mich interessierte und was ich mitnehmen könne.
Das Inn-Salzach-Klinikum, lokal viel besser als Gabersee bekannt, ist ein Haus mit mehreren hundert Betten. Es gibt eine Forensik, eine Unmenge an psychiatrischen Stationen und schließlich die kleine Neurologie. Das Gelände ist aktuell noch sehr parkartig. Es gibt über 60 Häuschen. In jedem sind ein bis zwei Stationen untergebracht. Mit der nahe gelegenen Romed hat man sicher allerdings auf eine Kooperation geeinigt und baut hinter der Neuro ein gemeinsames Klinikgebäude, wohin abgesehen von der Forensik wohl alle Stationen aus Gabersee und zusätzlich die Stationen der Romed (Innere, Chirurgie, Gyn) einziehen sollen.
Die Neuro beherbergt die Station N1, die hauptsächlich Schlaganfälle betreut, und die N2, die hauptsächlich MS und Parkinson betreut. Eine Intensivstation gibt es aktuell keine. Es ist aber wahrscheinlich, dass nach Abschluss der Bauarbeiten in ein paar Jahren die Intensivstation auch neurologisch betreut sein wird.
Gabersee ist insgesamt ein kleines Haus. Super krasse, abgefahrene Fälle wird man hier nicht finden, aber es gibt eine solide Mischung aus den häufigsten neurologischen Krankheitsbildern. Das meiste kann auch vor Ort behandelt werden. Da man nur über eine diagnostische Radiologie und gar keine Neurochirurgie verfügt, müssen natürlich Thrombektomien, Tumoren und Hirnblutungen verlegt werden, zudem auch Patienten, die eine Plasmapherese benötigen und solche, die internistisch sehr schlecht sind.
Ich wurde sehr, sehr gut betreut. In der Neurologie gibt zwei Stationsassistentinnen. Das ist eine Art Arzthelferin im Krankenhaus. Sie hat viel Arbeit abgenommen. Untertags die Blutabnahmen, Telefonate, Befunde sortieren, bei Lumbalpunktionen assistieren, … Da ich beim Blut abnehmen immer noch nicht so recht den Dreh heraushatte, bat ich eine der beiden um Hilfe und sie war richtig großartig. Normalerweise nimmt sie bereits um 7 Uhr Blut ab, bevor die Patienten fertig gemacht werden und zum Frühstück gehen. Für mich hat sie extra Patienten übriggelassen. Zunächst ist sie immer mitgekommen und hat schnell herausgefunden worin mein Problem bestand. Wenn ich die Patienten nicht geschafft habe, hat sie das nachgeholt, während ich in der Frühbesprechung war.
Zusätzlich gab es durchschnittlich auf jeder Station zwei bis drei Assistenzärzte, regulär je zwei Oberärzte und natürlich den Chefarzt. Leider gehen zwei der Oberärzte und der Chefarzt zum Jahresende, die Nachfolger sollen aber auch sehr nett sein.
Die Ärzte waren auch super nett. Jeder hat von sich aus viel erklärt und mehrere haben sogar aktiv nach mir gesucht, um mir etwas zu zeigen oder beizubringen. Das war gefühlt eine 3:1 Betreuung täglich.
Für Fragen war immer Zeit und man hat sich sehr oft bemüht mir Programm zu bieten und mir extra Patienten rausgesucht, die ich aufnehmen könnte oder sogar eine Lumbalpunktion versuchen könnte. Mein Beitrag wurde sehr wertgeschätzt. Ich wurde nicht herumkommandiert oder mit den nervigen typischen Studentenaufgaben zugeschüttet. Stattdessen durfte ich ganz bewusst wählen, was ich machen möchte und konnte jederzeit jemanden dazu holen.
Gerade zu Beginn habe ich oft darum gebeten, dass jemand mitgeht, weil ich mich noch nicht sicher gefühlt habe. Selbst der Chefarzt kam auf mich zu und fragte mehrfach, ob ich Unterstützung brauche und hat mir ausgiebig geholfen endlich diverse Reflexe zu finden. Es dauerte nicht lange und ich fühlte mich zunehmend sicher.
Zusätzlich haben sie mir gezeigt, wie man eine Lumbalpunktion macht und schließlich durfte ich es selbst versuchen. Meine vier Versuche sind zwar alle auf Knochen gelandet und ich musste schließlich abgeben, aber das war überhaupt kein Problem. Man war kein bisschen genervt. Stattdessen war man sehr zufrieden, verständnisvoll und überzeugt, dass ich das mit genügend Übung sicher noch lernen werde.
Ansonsten brachte man mir noch nahe wie man Aufnahmebefunde und schließlich auch Arztbriefe diktiert. Im Nadeln legen bekam ich auch noch Nachhilfe, wenngleich man davon nicht viele am Tag braucht. Darüber hinaus durfte ich auch mit in die Botox-Ambulanz, wo von den Oberärzten mehrfach die Woche beispielweise Patienten nach Schlaganfall oder auch Blepharospasmus behandelt wurden. Ansonsten durfte ich das Anfertigen von EEG und EMG mitanschauen. Auch beim CT war ich mehrfach. Zusätzlich durfte ich ein paar neurologische Sonos anschauen und einen Vormittag mit einem Hausarzt verbringen, der einmal die Woche kommt und internistische Sonos, vor allem UKG, macht. Am Ende ist mir glatt die Zeit ausgegangen alles anzuschauen.
Für die Patienten war ungewöhnlich viel Zeit. Die Visite dauerte gerne mal zwei Stunden. Keiner der Ärzte wurde es müde, den Patienten Fragen zu beantworten und es wurde auch viel auf das Umfeld und die Umstände der Patienten geachtet. Die Patienten waren im Gegenzug sehr respektvoll und ausgesprochen dankbar. Das hat mir besonders gut gefallen.
Ansonsten war mal früher gehen oder später kommen überhaupt kein Problem. Essen war im Allgemeinen sehr wichtig und so wurde das auch so gut wie täglich gemeinsam getan. Teilweise haben sich sogar die Ärzte beider Stationen noch mal extra zusammen telefoniert und verabredet.
Dezidierten Unterricht für mich gab es keinen. Dienstags findet eine Fallvorstellung statt und danach noch die Vorstellung von zwei Papern. Mehrheitlich geht es dabei um psychiatrische Patienten und Themen. Wir waren da insgesamt nur zwei Mal. Einmal, damit ich es einfach sehen kann und einmal,da eine "unserer" Assisstenzärztinnen dran war und da natürlich geschlossen das Team hingehen wollte. Zusätzlich haben sie versucht einmal die Woche eine Stunde EEGs durchzugehen und das Interpretieren zu üben. Man hat da auch versucht mir etwas zu vermitteln, wenngleich der Unterricht für die Assistenzärzte und nicht für mich war
Man war mit mir sehr zufrieden und es kam mehrfach zur Sprache, dass man mich unheimlich gerne behalten würde. Ich habe dann auch beschlossen für mein PJ zurückzukehren und kann mir auch sehr gut vorstellen, dort später zu arbeiten. Das wurde mit großer Freude aufgenommen.
Ein typischer Tagesablauf:
8:00 Beginn, Blut abnehmen, eventuell Essen bestellen, entspannen
8:30-9:00/9:30 Frühbesprechung aller Ärzte; Besprechung aller neuen Patienten
10:00-12:00 Visite
12:00-13:00 Stationsarbeit
13:00-13:30 Mittagessen
14:30-16:00 Stationsarbeit
Bewerbung
Super unkomplizert, kannte den Chefarzt von der Veranstaltung "Dein Tag in der Neurologie", habe dort schon mein Interesse an einer Famulatur bekundet und dann wenige Monate später eine Mail geschrieben. Zusage kam sehr zügig und unkompliziert. Die Bewerbung wäre bestimmt auch knapper möglich gewesen. Sie meinten zwar, dass sie jemandem abgesagt haben, weil zusätzlich zu mir eine PJlerin schon angemeldet war und sie nicht mehr als zwei Studenten gleichzeitig aufnehmen wollten, da dann die Lehre leiden könnte. Allerdings hatten sie vor mir länger keine Studenten.