Es war meine zweite Famulatur und ich habe die Notaufnahme ausgesucht, weil ich die unvermeidlichen praktischen Dinge wie Blutabnehmen, Braunülen legen usw. üben wollte, und auch weil ich meine Unerfahrenheit mit Notfallsituationen (die man als Student ohne vorherige Ausbildung meistens eben hat) verlieren wollte. Ein großer Pluspunkt war bei dieser Famulatur definitiv das Pflegeteam - fast ohne Ausnahmen waren die meisten Pfleger sehr nett, hilfsbereit und super qualifiziert. Sie haben mich beim Braunülen legen angeleitet und mir auch ein paar andere praktische Dinge gezeigt. Durch das Pflegepersonal war die Stimmung meist auch ganz gut. Auch die PJ-ler und die Assistenzärzte waren nett, wenn sich auch von letzteren niemand wirklich dazu in der Verantwortung gesehen hat, mich anzuleiten oder zu betreuen. Mein (inoffizieller?) Betreuer war der Oberarzt, bei dem ich mich beworben habe, welcher jedoch 80% der Zeit total im Stress war und einfach keine Zeit hatte, sich um mich zu kümmern. Zudem war er nicht an allen Tagen da. Wenn er Zeit hatte, war er super - er hat mir viele Dinge erklärt und auch gutes und konstruktives Feedback gegeben. Der für mich persönlich schlechteste Aspekt dieser Famulatur war der leitende Oberarzt. Das Verhalten mir, aber auch manchmal den PJ-lern gegenüber war von Anfang an herablassend und sogar teilweise demütigend. Anfangs hat er mir einfach keine Beachtung geschenkt und auf Fragen hin nur einsilbige und unfreundliche Antworten gegeben, womit ich noch gut hätte leben können. Mit der Zeit fing er allerdings an, gezielt Situationen zu finden, in der er mich auflaufen lassen konnte - so ließ er Fragen an mich im Raum stehen, die ich mit dem Stand meiner Ausbildung noch nicht beantworten konnte (was ich ihm zuvor auch mitgeteilt hatte), ließ Kommentare ab, wenn ich andere Ärzte bat, nochmal einen Blick auf die von mir dokumentierten Befunde im Arztbrief zu werfen, und - mein persönliches Highlight - brachte mich völlig unvorbereitet in eine simulierte Notfallsituation, führte mich dann jedoch nicht durch das für mich weitesgehend unbekannte Prozedere, sondern fuhr mich (für die gesamte Notaufnahme inklusive aller Patienten deutlich hörbar) laut an, dass er von allen Ärzten in seiner Notaufnahme erwarte, dass sie wüssten, was zu tun sei, und dass man dies von einer Studentin mit Physikum auch erwarten könne. Der Ton war sehr laut und rau und es herrschte danach Stille in der ganzen Notaufnahme. Auf meine Aussage hin, dass das im Studium einfach noch nicht behandelt worden sei, reagierte er gar nicht. Mir war sehr wohl bewusst war, dass ich mich in der Notfallmedizin noch nicht besonders gut auskannte, weswegen ich ja auch diese Famulatur gewählt hatte. Allerdings hätte ich erwartet, dass man mir die Abläufe in der Famulatur näher bringt, anstatt sie vorauszusetzen. In meinen Augen war das Verhalten dieses Oberarztes einfach unprofessionell und zudem vollkommen unfair. Eine PJ-lerin sah sich nach diesem Vorfall dazu verleitet, mir zu versichern, dass dieser Arzt zu allen so gewesen wäre - was mich nicht unbedingt beruhigt. Jedenfalls blieb ich trotzdem die vollen vier Wochen und lernte am Ende doch noch recht viel durch die netten Pfleger und einige bemühte Ärzte. Insgesamt war es schade, dass die Betreuung so lückenhaft war - man musste sich oft eigene Aufgaben suchen und selbst abschätzen, wie man sich irgendwie ins System einbringen kann. Ich würde Bewerbern abraten, die so "zart besaitet" sind wie ich :D, so lange dieser Chef noch da ist, da ich wirklich fast jeden Tag mit irgendeinem Kommentar rechnen musste, bzw. vielleicht einfach nur ausgebildeten Rettungssanitätern eine Famulatur hier anraten.
Bewerbung
Das war wirklich unkompliziert, per Telefon und ich konnte direkt in der nächsten Woche anfangen.
