Tl;dr: Super empfehlenswert, wenn man Interesse an Notfallmedizin hat und sich aktiv einbringen will. Die Nordsee war beeindruckend (im Winter/Frühjahr empfehlenswert). Unterkunft in der Klinik direkt gestellt, Mittagessen kostenlos in der Cafeteria sehr lecker.
Cuxhaven wurde mir von einer Kommilitonin an meiner Uni empfohlen, da sie einen sehr positiven Eindruck vom Team und Chefarzt der Notaufnahme und Intensivstation hat.
Ich dachte mir: An die Nordsee wollte ich schon immer einmal - am besten dann, wenn keine Horden von Touristen da sind und das Wetter schön stürmig ist -, in die Notfallmedizin wollte ich auch hineinschnuppern und mit einem guten Team kann ich am besten arbeiten - also super!
Die Bewerbung funktionierte problemlos und sehr freundlich. Da eine Unterkunft gestellt wird (eigentlich im Personalwohnheim in der Nähe der Klinik), wurde mir auch gleich ein Platz reserviert, jedoch wurde das Wohnheim ab Anfang Februar renoviert und eine Unterkunft für mich somit nicht möglich. Mir wurde jedoch dafür ein Zimmer auf der stillgelegten Geriatrie-Station direkt in der Klinik reserviert - das fand ich super, denn die Zimmer sind einfach geräumiger, man ist für sich und der Arbeitsweg ist so kurz wie wahrscheinlich nie mehr wieder. Einziger Nachteil: Ich empfand es als schwierig, wirklich von der Klinik-Atmosphäre abzuschalten.
Die Arbeit an sich beginnt um 7.30h in der Anästhesie-Frühbesprechung und endet zwischen so etwa 16 Uhr (manchmal eher, manchmal später). Eine Stunde Mittagspause konnte ich mir immer selbst einteilen und ein Mittagessen in der Cafeteria abholen (das Essen war immer super).
Zur Arbeit an sich: Ich habe die "Standard"-Verteilung mitgemacht, soll heißen, dass ich den Großteil meiner Zeit in der Notaufnahme verbracht habe, wo ich die ersten zwei Wochen in der Inneren Medizin, die anderen zwei Wochen in der Chirurgie unterwegs war und die jeweiligen Patienten mit aufgenommen habe.
Ich habe von der Begrüßung bis zur Verabschiedung auf eine Station oder nach Hause gelernt, am Patienten zu untersuchen, mit ihm zu sprechen und Briefe zu schreiben, Nadeln zu legen, Diagnostik zu machen und zu bewerten, (Differential-)Diagnosen zu überlegen und mein Stressmanagement zu überprüfen, wenn es in der Aufnahme sehr voll wurde und/oder ein akuter Notfall eintraf. Vor allem letzteres war nicht immer einfach. Deswegen mein Rat: Findet eure Grenzen und Stärken heraus und sucht das Gespräch mit dem Team um euch herum (das natürlich nicht nur in Cuxhaven und auch nicht nur in der Notfallmedizin). Es wird Patientenfälle geben, die euch belasten und/oder beschäftigen. Ein Gespräch wirkt dabei sehr befreiend. Vor allem der Chefarzt hat mir regelmäßige Gesprächszeiten ermöglicht (1-2x/wo) und mich so sehr gut durch die Zeit geleitet. Das war für mich mit das Positivste an der ganzen Zeit.
Fachlich war die Notaufnahme sehr eindrücklich. Die Lernkurve ist immens hoch, wenn man sich nach den ersten Tagen kaltem Wasser eingewöhnt hat. Ich habe im Laufe der Wochen immer mehr Aufgaben übernommen, teilweise eigene Patienten gehabt, die ich vorgestellt und unter Supervision anbehandelt habe. Hier ist eine Prise Eigeninitiative nicht verkehrt. Man darf sich ruhig etwas trauen. Es ermöglicht eine ganz neue Sicht auf sich und die spätere Arbeit als Arzt, auch wenn man wie ich wohl nicht die Richtung Notfallmedizin einschlagen will.
Den anderen, kleineren Anteil der Zeit habe ich in der Intensivstation verbracht, meist zur Morgens- und Nachmittagsvisite. Das Team ist sehr freundlich, hilfsbereit und menschlich, nimmt sich die Zeit, um Fragen zu beantworten und gibt auch gerne Lernaufgaben für den nächsten Tag auf. Ich habe das als sehr motivierend und sinnvoll empfunden. Typische Fälle wie Infektexazerbation und Sepsis, Postreanimationen, Organinsuffizienzen oder -versagen und tlw. Palliativsituationen konnte ich erleben und an ihnen lernen. Auch Parameterkontrollen, Verlaufspläne, (schwierige) Patienten- oder Angehörigengespräche usw. waren an der Tagesordnung und auch interdisziplinär spannend zu beobachten. Mir gefiel die Freiheit und Menschlichkeit der Station und das gute Gefühl, optimal angeleitet und mit in Entscheidungsprozesse integriert zu sein (natürlich soweit sinnvoll).
Neben den "normalen" Dingen habe ich noch einige andere interessante Fälle erlebt: Ich durfte bei einer postmortalen Augenexplantation beiwohnen, eine Kopfplatzwunde nähen, eine Sectio und HNO-OPs ansehen, am PJ-Unterricht teilnehmen und im Herzkatheterlabor zusehen. Viele andere Dinge sind auch möglich, man muss nur fragen. Allgemein ist die Zeit sehr flexibel, es ist keine An- oder Abmeldung bei irgendjemanden erforderlich (man darf sich sozusagen frei im Krankenhaus bewegen). Das empfand ich als sehr positiv.
Falls du bis hierher gelesen hast und dich auch für eine Famulatur in Cux interessierst, ein Tipp: Ein paar EKG- und Sono-Kenntnisse sind wirklich gut im Voraus. Ich habe mir das EKG noch einmal fast komplett nach der Arbeitzeit angeeignet, da während des Einsatzes (und natürlich vorher in der Uni) keine Möglichkeit dazu war. Man kann seine Freizeit besser nutzen! Zum Beispiel am Strand spazieren gehen, das kleine Städtchen genießen und gut Fisch essen gehen - natürlich habe ich das Ganze auch gemacht :)
Da die Klinik etwas weiter vom Strand weg ist, empfiehlt sich entweder ein Fahrrad oder ein Auto. Die Busverbindung ist eher mau, vor allem, da man vom Bahnhof zur Klinik nochmal einiges an Weg zu Fuß hat. Für Spaziergänge zum Kopffreibekommen aber bestens geeignet.
Es gibt einige coole Aktivitäten in und um Cuxhaven. Für die Wochenenden ist auf jeden Fall einiges geboten (wenn man nicht grade den Boom einer Großstadt sucht, aber Hamburg ist ja nicht fern).
Besonders Helgoland kann ich sehr empfehlen. Es war eine wunderbare Erfahrung, Kegelrobben und Seehunde in der freien Wildnis zu erleben und sich auf die Suche nach Rotem Feuerstein zu begeben.
Insgesamt ein lehrreicher Monat, der mir viel mitgegeben hat.
Bewerbung
Ich habe mich ein halbes Jahr im Voraus beworben. Für den Winter geht das sicher auch kurzfristiger. Für eine Famulatur im Sommer ist es ratsam, sich mit mehr Vorlauf zu bewerben.