Insgesamt war ich 4 Wochen im Rigshospitalet. Ich habe der Sekretärin Linda vorab per Email mitgeteilt, dass ich gerne viele verschiedene Einblicke in die Anästhesie bekommen möchte und somit bin jede Woche auf eine andere Station gewechselt. Ich werde zunächst die Famulatur generell bewerten und dann auf die einzelnen Stationen nochmal kurz im Wesentlichen eingehen.
Zunächst mal zur Sprache: Ich konnte kein Dänisch zu Beginn meiner Famulatur (und konnte es auch am Ende nicht), was jedoch kein Problem ist, denn wirklich jeder (auch die älteren Ärzte) sprechen absolut perfektes Englisch und das Teaching der Famulanten erfolgt auch auf Englisch. Allerdings sind die Patientengespräche auf Dänisch und oftmals auch die Gespräche unter den Ärzten und Pflegern sowie die Morgenkonferenzen. Dennoch sind die Dänen sehr höflich und sind gerne bereit auch im Gespräch mit anderen Dänen ins Englische zu wechseln, sodass man dem Gespräch folgen kann, was ich immer sehr angenehm fand. Manchmal muss man dies jedoch einfordern, sprich einfach den Mund aufmachen und freundlich nachfragen und normalerweise wird dann auch problemlos ins Englische gewechselt.
Wer jedoch den vollen Input hier mitnehmen möchte, dem emfpehle ich vorab ein wenig Dänisch zu lernen. Für Deutschsprachige ist die Lernkurve sehr steil, da viele Wörter gleich oder sehr ähnlich sind (nur anders ausgesprochen werden). Viele Berichte konnte ich oftmals ohne Dänischkenntnisse im Kern verstehen.
Sehr angenehm sind die flachen Hierarchien in Dänemark. In meinen ersten Tagen auf den Stationen war mir oftmals nicht bewusst, wer der Chefarzt war oder ähnliches. Jeder stellt sich nur mit Vornamen vor (oftmals sogar ohne die Funktion, d.h. ich musste aufs Namensschild schauen, ob ich mit einem Arzt oder der Pflege rede), was sehr angenehm ist, da keiner vehemment auf seiner Funktion (z.B. der klassische Oberarzt in Deutschland) beharrt. Der Kontakt zwischen Ärzten und Pflege ist sehr gut (diese sind zudem sehr gut ausgebildet: 3 Jahre Pflegestudium + 2 Jahre Spezialisierung auf Anästhesie).
In Dänemark läuft es so ab, dass die Anästhesisten nur bei der Einleitung (und manchmal bei der Ausleitung) dabei sind und intraoperativ die Pflege den Patienten übernimmt und den Arzt nur anruft, wenn es Problem gibt. Durch die gute Ausbildung der Pflege können diese einem sehr viel über Anästhesie beibringen (und freuen sich auch über interessierte Studenten), sollten die Ärzte mal anderes zu tun haben.
Meine Aufgabenfeld bestand im Wesentlichen aus Maskenbeatmung, Intubation, Legen von Flexülen und sogar arteriellen Zugängen. Wenn man wollte durfte man auch unter Supervision intraoperativ die Anästhesie übernehmen und vorschlagen, welches Medikament man als nächstes geben würde und warum.
Die Ärzte sind alle sehr nett und können einem sehr viel beibringen. Generell muss ich jedoch sagen, dass das Rigshospitalet nichts für Leute ist, die auf den Mund gefallen sind. Um all die o.g. Aufgaben machen zu dürfen, sollte man Interesse zeigen und dem Arzt vor der OP sagen, dass man gerne Intubieren möchte oder die Zugänge legen möchte, ansonsten kann man schnell mal vergessen werden. Aber wie gesagt: Wenn mans vorher anspricht, freuen sich die Ärzte und Pflege hierüber in der Regel sogar, da man ihnen Arbeit abnimmt (auch wenn am Anfang wahrscheinlich mehr Arbeit durch Supervision bereitet).
Wer also lieber zugucken möchte, kann dies ebenso im Rigshospitalet, jedoch hat man die Möglichkeit mit Hilfe sehr guter Lehre viele verschiedene Basis-Skills eines Anästhesisten häufig zu üben, wenn man den Mund aufmacht.
Noch ein letzter Tipp: Manchmal vergessen die Ärzte einen im OP. Wenn ihr lieber was anderes machen wollt, könnt ihr jederzeit den OP verlassen und auf den Plan schauen, wann und wo die nächste Einleitung stattfindet. Ich bin nach ein paar Tagen nach diesem Prinzip vorgegangen, da ich so mehr Einleitungen an einem Tag machen konnte. Einfach im OP die Schwestern oder Ärzte ansprechen und dann ist man immer willkommen.
Nun noch kurz zu den einzelnen Stationen:
Woche 1 - Gynäkologie/Geburtsmedizin
- sehr gute Stimmung
- Maskenbeatmung immer möglich, Zugänge nur bei Erwachsenen und auch Intubation nur bei einigen Patienten (die Gynäkologie versorgt hier auch viel die Kinder mit, wo man eher weniger machen darf)
Woche 2 - Neurochirurgie
- wahrscheinlich eine der besten Stationen zum Üben von Maskenbeatmung und Intubation (da die Neurochirurgie auch die Kurznarkosen für die Elektrokonvulsionstherapien der Psychiatrie mit übernimmt und hier jeden 2. Tag ca. 10 Patienten durchgeschleust werden, also genug zum Üben und ein Gefühl für den Beatmungsbeutel zu kriegen)
- viel Zugänge legen (vor allem am Fuß, da der Kopf von den Chirurgen okkupiert wird), sehr gut zum Üben
- sehr gute Stimmung und Lehre
Woche 3 - Intensivstation
- sehr gute Stimmung und Lehre
- sehr interessante Patientenfälle!
- allerdings viele Pausen zwischen den einzelnen Patienten, da die Ärzte dann ihre Computerarbeit erledigen müssen.
- Generell spannend, allerdings mehr Teaching und kein "Hands-on" (wer also lieber praktische Fertigkeiten üben möchte, sollte die Intensivstation vielleicht nicht mit einplanen)
- Da hier auch viel mit den Patienten gesprochen wird etc, glaube ich, dass es am besten ist Dänisch zu sprechen, um wirklich von der Intensivstation zu profitieren, da abgesehen von der Nachbesprechung mit den Studenten wirklich alles auf Dänisch stattfindet.
Woche 4 - Abdominalchirurgie
- sehr gute Stimmung und Lehre
- viel Intubieren und Zugänge legen
- Legen von arteriellen Zugängen
- da die Abdominalchirurgie einen hohen Patientenfluss hat, gibt es auch hier viele Möglichkeiten, seine Skills zu trainieren
Mir persönlich haben die Neurochirurgie und Abdominalchirurgie am besten gefallen, man durfte wirklich sehr viel machen und es wurde nie langweilig. Eine andere Studentin, die zum selben Zeitpunkt dort war wie ich, hat dasselbe auch von der Orthopädie berichtet.
Wenn ich diese Famulatur wiederholen würde, würde ich mich also wahrscheinlich auf diese drei Bereiche konzentrieren wollen.
Weitere Möglichkeiten:
Man kann jederzeit alle Wünsche und Kritiken bei Linda äußern, wenn man in eine andere Abteilung wechseln möchte oder andere Einblicke haben möchte.
Somit habe ich zum Beispiel an zwei Tagen im Traumacenter zugeschaut, wo normalerweise wirklich sehr krasse Fälle zu sehen sind ("leider" war in meinen beiden Schichten nur ein einziger Fall, aber sowas kann man vorher nie wissen). Das Traumacenter ist wirklich sehr beeindruckend und sehenswert. Solltet ihr euch für eine Famulatur im Rigshospitalet entscheiden, macht auf jeden Fall einen Tag dort!
Außerdem bin ich einen Tag mit der Ambulanz mitgefahren, auch das war sehr spannend! Hier ist man als Observer zugeteilt, jedoch darf man auch mal je nach Situation und wie die Ärzte einen einschätzen, mithelfen. Generell wird die gesamte Notfallmedizin in Dänemark sowie das Traumacenter von Anästhesisten geleitet.
Zusammenfassung:
Ich hatte eine wirklich sehr sehr schöne Zeit in Kopenhagen und kann es nur jedem wärmstens empfehlen! Lasst euch nicht davon abschrecken, wenn ihr kein Dänisch könnt (natürlich ist es hilfreich), gutes Englisch ist alles, was ihr braucht :)
Bewerbung
Bewerbung:
Beworben habe ich mich ca. 1 Jahr vorher über die Website des Krankenhauses. Habe mir dort die Abteilung der Anästhesie rausgesucht und wurde dann entsprechend an die Email der Sekretärin Linda Baek Hansen weitergeleitet, sie kümmert sich um die Studenten in der Anästhesie.
Jedoch habe ich auch mit Studenten dort gesprochen, die sich noch deutlich kurzfristiger (z.T. 2-4 Monate vorher) beworben haben, also einfach mal versuchen (generell wurde mir jedoch von der Sekretärin 1 Jahr im Voraus empfohlen, damit die Sache relativ sicher ist).
Das schöne an der Bewerbung hier im Rigshospitalet ist generell, dass alles super unkompliziert ist. Man bekommt schnell eine Rückmeldung und wenn ein Platz frei ist, wird man gebeten einen kurzen CV und Bewerbungsschreiben zuzuschicken und fertig ist die Sache. Außerdem müsst ihr nichts bezahlen für die Famulatur im Rigshospitalet (außer einem MRSA-Test, den ihr vorab in Deutschland machen müsst; bei mir hat die Krankenkasse diesen leider nicht übernommen, da es als "Privatvergnügen" galt, aber die Kosten hierfür sind überschaubar).
Aktuell ist es noch so, dass ausländische Studenten nur im Sommer Famulaturen in der Anästhesie machen können, dies soll sich jedoch 2020 ändern, sodass dann auch Studenten im Winter genommen werden. Wie genau die Regelungen dann aussehen, weiß ich jedoch leider nicht. Einfach mal nachfragen bei Interesse, Antwort erhält man i.d.R. binnen 3 Tagen.
Unterkunft und Leben in Kopenhagen:
Kopenhagen ist sehr teuer. Angeblich gibt es eine Unterkunft vom Rigshospitalet, hierzu kann ich jedoch leider nichts sagen. Ich habe ein Zimmer über diverse Facebookgruppen in Kopenhagen gefunden.
Generell ist Kopenhagen eine der lebenswertesten Städte überhaupt! Ein Paradies für Jogger und Radfahrer (gut ausgebaute Radwege und klar abgetrennt von der Straße!). Die Hafenregion ist sehr schön, so wie die einzelnen Bezirke der Stadt. Wasser und auch Strand gibt es mehr als genug. Es wirklich traumhaft hier im Sommer! Ich kann euch nur empfehlen euch ein Fahrrad zu leihen, da der Public Transport sehr teuer ist und zum Teil nicht wesentlich schneller ist als das Fahrrad.
Unterricht
Kein Unterricht
Inhalte
Bildgebung Fallbesprechung
Tätigkeiten
Braunülen legen Notaufnahme Poliklinik Punktionen Praktische Maßnahmen unter Aufsicht