Eine spannende Famulatur ("medical elective") in einer tollen Stadt! Das Krankenhaus ist an die hauseigene medical school (St George's medical school, University of London) angegliedert und komplett im gleichen Haus untergebracht, was ziemlich einzigartig in England ist. Ein paar Dinge sollte man jedoch beachten, wenn man hier famulieren möchte:
Pro:
- Extrem gute Stimmung auf Station und im OP, wertschätzender Umgangston untereinander (britische Höflichkeit in Reinform)
- Sehr wertschätzender Umgang gegenüber den Patienten
- Große Flexibilität, man darf sich komplett frei durch alle OP's bewegen
- Ich konnte auf der Intensivstation eigene Patienten untersuchen und auf der Visite vorstellen (sehr empfehlenswert, man lernt schnell wie gut das eigene Englisch wirklich ist...)
- Gute Betreuung und theoretische Lehre, die Consultants geben sich Mühe einem viel Wissen zu vermitteln (praktischer Aspekt s.u.). Man ist immer einem Consultant (ungefähr wie ein leitender Oberarzt) zugeteilt und erhält ein peer-to-peer-teaching (echt klasse!)
- Sehr umfangreiche und spannende OP's (Grafts, Klappenersatz, Lobektomien etc.), man sieht auch chirurgisch viel
- Komplett anderes Gesundheitssystem, spannende Einblicke in eines der größten Krankenhäuser Londons (Einzugsbereich ca. 1-3 Mio. Menschen)
Contra:
- Strenge hands-off-policy! Wer viel praktisch machen möchte sollte eher in die Anästhesie eines deutschen Krankenhauses gehen, da darf man mehr mit anpacken. Ich durfte die Maskenbeatmung übernehmen, den ein oder anderen Zugang legen, Medikamente aufziehen und BGA's machen. Intubieren durfte ich leider nicht, was zum einen an den strengen Regeln des Krankenhauses, zum anderen aber sicher auch an dem heiklen Patientengut lag (ältere, körperlich limitierte Patienten, hohe ASA-Scores, kompliziertere Intubationen). Gerade Intubieren hätte ich gern gelernt, kann aber verstehen, wenn der Consultant sich nicht über die Regularien des Hauses hinwegsetzen möchte.
- Ab und an entstand durch die langen OP's Leerlauf auf Seiten der Anästhesie, ich bin dann meistens in andere Säle gegangen oder bin auch mal früher gegangen, um London zu erkunden.
Anmerkungen:
Man sollte schon recht gut Englisch sprechen (etwa C1), denn gerade die intensivmedizinischen Themen sind etwas komplexer. Da man als medical elective student immer im letzten Jahr ist, wird vonseiten der Ärzte erwartet, dass man die körperliche Untersuchung und das Vorstellen auf Visite drauf hat. Ebenfalls sollte man etwas aktiver als in deutschen Krankenhäusern sein: Es wird eine gewisse Eigeninitiative auf Station und im OP erwartet, wenn man viel sehen und erklärt bekommen möchte.
Man sollte bedenken, dass eine Famulatur in London SEHR kostspielig ist. Hier eine kleine Kostenübersicht:
- Zimmer (Horton Halls, Wohnheim der Uni) 740 Euro im Monat (billiger wird's kaum in London; 20 min zu Fuß zum Krankenhaus, gut gelegen)
- Gebühren 340 Euro
- IELTS-Sprachtest 220 Euro
- Flüge ca. 180 Euro (kommt auf die Airline an)
- Lebensunterhalt variabel, in meinem Fall ca. 750 Euro (Sandwiches im Krankenhaus, regelmäßig Kaffe dort, ansonsten Lebensmittel im Supermarkt)
- öffentlicher Nahverkehr ca. 120 Euro/Monat
= 2350 Euro (in London kann man natürlich auch leicht mehr Geld ausgeben...)
Fazit:
Insgesamt eine auf vielen Ebenen sehr lehrreiche Famulatur mit einigen Besonderheiten. Wem es nichts ausmacht eher die Observer-Rolle einzunehmen und sich mit einer (sehr guten!) theoretischen Lehre und Betreuung zufrieden gibt, kommt hier auf seine Kosten. Gerade in Anästhesie erwartet man als deutscher Student vielleicht etwas mehr Action und Praxis, das muss jeder für sich selbst entscheiden. Ich gehe auf jeden Fall mit vielen neuen Erfahrungen und Eindrücken aus der Famulatur hervor und hatte eine spannende Zeit in einer faszinierenden Stadt.
Bewerbung
Auf der Seite der St George's medical school, Stichwort "medical electives", wird einem alles Wesentliche zum Bewerbungsprozess mitgeteilt; Feste Bewerbungszeiten, die einzuhalten sind, viel Papierkram. Man sollte sich ca. 6 Monate im voraus um die Unterlagen kümmern.
Unterricht
Kein Unterricht
Inhalte
Patientenvorstellung Fallbesprechung
Tätigkeiten
Eigene Patienten betreuen Praktische Maßnahmen unter Aufsicht Braunülen legen Patienten untersuchen Punktionen