Die vier-wöchige Famulatur auf ZNA in Lichtenfels hat mir guten Überblick gegeben, wie die Patienten von der Notaufnahme in die Station/OP hochkommen und was man alles bei Diagnosestellung beachten/ausschließen muss. Ich muss aber ehrlich sagen: ich habe von dieser Famulatur viel mehr erwartet, dass man praktisch mehr macht und vielleicht eigene Patienten aufnehmen darf. Meine erste Famulatur letztes Jahr war bei der Anästhesie und dort gab es deutlich mehr Action: beatmen, intubieren, Zugang legen, Narkose durchführen (unter Aufsicht und betreut selbstverständlich) vom Anfang bis Ende. Hier ist eher wie Blockpraktika: man darf relativ wenig was machen, hauptsächlich nur stehen, gucken und zuhören, vielleicht paar Fragen stellen. Zugang legen, Blutabnehmen und EKG machen normalerweise die Pflegekräfte oder Schüler. Wir als Famulanten dürfen das auch machen, müssen nur schnell sein bevor jemand aus der Pflege das macht. Die Notaufnahme war in der Zeit ausnahmsweise ruhig, aber abgesehen von Corona lief tatsächlich dort wenig schwere Fälle. SAV und bestimmter Grad von Polytrauma müssen in ein anderes Krankenhaus überwiesen werden.
Vorteil bei der Notaufnahme ist man bekommt überall ein bisschen was mit. Der leitende OA der Notaufnahme ist ein Schatz. Er ist sehr nett und locker, gefühlt ist das ganze Krankenhaus mit ihm gut befreundet, von Pflegekräften bis zu den Chefärzten. An meinem ersten Tag waren wir mit der Runde beschäftigt, dass er mich an allen (Chef)Ärzten, Sekretariaten und anderen wichtigen Personen vorstellte. Die Ärzte sind alle nett und erklären gerne was wie warum sie was machen, Differentialdiagnosen, wie man was erkennen/untersuchen usw., oft ohne gefragt zu werden. Der Regel lautet: man darf alles sehen, muss nur einfach Bescheid sagen. Ich habe interdisziplinär viel gesehen und gelernt, bin z.B. 2x bei neurochirurgischen und 2x bei allgemeinchirurgischen OP gewesen. Man darf auch mit dem Notarzt fahren, hat die andere Famulantin 2x gemacht, ich habe leider den Zug verpasst weil ab wegen Corona kein Famulant mitfahren darf. Dienstbeginn ist kurz vor 07.30 und um 07.30 fängt die Besprechung von Allgemeinchirurgen an (der leitende OA der Notaufnahme ist Allgemeinchirurg deshalb), bei der der Krankheitsverlauf und Behandlungsplan für die Patienten, die OPs an Vor- und Folgetagen sowie die (interessanten) Röntgen-/CT-Bilder mit Anwesenheit von einem Radiologen besprochen werden. Danach ist man frei, kann alles machen/gucken was man will. Man darf z.B. in die Stationen gehen und bei Blutabnehmen helfen (dafür ist man aber meistens zu spät) oder in OP gehen wenn der Operateur erlaubt. Dienstende ist um 16 Uhr, man darf aber früher gehen wenn es nichts los ist, hat keiner was dagegen.
Was mir nicht gut gefallen hat war die Stimmung zwischen der Pflegekräften und uns Famulanten. Viele waren sehr nett, freundlich, lehrten und zeigten gerne Dinge. Manche, die leider öfter da waren als ich famuliert habe, waren aber genau das Gegenteil. Bei denen steht man immer blöd, egal ob man was macht oder nicht. Sie machen ihre Dinge selber schnell fertig, statt uns Famulanten oder Schülerinnen lernen und üben zu lassen. Wenn doch hat man dann nur einmal die Chance und wenn es falsch ist/nicht klappt, hat man versaut. Zum Trost gibt es immer die netten neben den nicht-so-netten, aber dann gehen alle Famulanten und Schüler mit und man hat die ganze Truppe bei sich ohne was machen zu können. Wir hatten v.a. relativ wenig Patienten wegen Corona und die Menschenmasse (Famulanten/Schüler) verteilte sich deshalb schwer. Dadurch herrschte in den letzten zwei Wochen so eine unangenehme Stimmung, dass ich angefangen habe, die Tage zu zählen.
Im großen Ganzen kann ich Famulatur auf ZNA in Lichtenfels empfehlen, aber eher als erste Famulatur, wenn man noch wenig praktische Erfahrung hat. Es gibt definitiv mehr Positiv als Negativ. Man bekommt den Überblick über die inneren und chirurgischen Fächer, kann viel sehen und ein bisschen praktische Fertigkeiten (Zugang legen, Blutabnehmen, EKG schreiben, einfache Hautnähte, Wundversorgung) üben. Wenn man praktisch mehr machen möchte, würde ich aber eher stationäre Famulatur empfehlen. Dort dürft ihr mehr was ärztliches (OP assistieren, Briefe schreiben, beatmen/intubieren) machen als nur zugucken wie die Ärzte die Berichte schreiben und Patienten zum Röntgen/CT fahren.
Man bekommt laut Vertrag ein (fettes!) Gehalt von 850€ brutto für die 4 Wochen, dazu 5€ tägliche Verpflegungszuschuss und ein Apartment umsonst direkt hinter dem Krankenhaus. Wichtig: ich kannte das so von meiner vorherigen Famulatur, dass man eine Karte für das Essen und damit kostenlos ein komplettes Menü bekommt. Hier müsst ihr Geld auf dem Transponder aufladen und damit in der Cafetaria euer Essen bezahlen, also genug Bargeld parat haben. Das Essen kostet um die 4-5€, definitiv keinen Studentenpreis, aber schmeckt gut und dafür kriegt man ja diese 5€ pro Tag mit dem Gehalt ausgezahlt. Man braucht außerdem einen Schloss für den Spind, was aber nicht unbedingt nötig wenn ihr drin nichts wertvolles habt.
Zu dem Apartment: ist groß und hat Balkon. Dafür dass man das umsonst zur Verfügung gestellt bekommt, ist einen absoluten Luxus. Es gibt Handtücher (auch Küchentücher) und Bettzeug. Töpfe und Bestecke müsst ihr leider selber mitbringen. Und wie die Vorgänger auch schon mehrere Male erwähnt haben: kein Internet.
Bewerbung
Ich habe mich im August des Vorjahres bei Fr. Stöhr telefonisch beworben. Die Frau ist aber nicht mehr im Haus tätig. Als ich ankam lief bürokratisch etwas schief weil die gute Frau für mich keinen Famulantenvertrag erstellt hatte und ich entsprechend noch nicht im System angemeldet war. Trotzdem konnte ich in das Apartment und in die Klinik reinkommen, bekam einen eigenen Transponder und wurde am ersten Tag ordentlich erklärt wie es mit der Dienstkleidung, Umkleide usw. dort alles funktioniert. Die Chefsekretärin war erst den nächsten Tag da und hatte sofort alles organisiert, dass ich an demselben Tag schon meinen Vertrag unterschreiben konnte.