Diagnostik, Poliklinik / Ambulanz / Sprechstunde, OP, Station
Heimatuni
Heidelberg - Fakultaet Heidelberg
Kommentar
Vorneweg: Ich habe je eine Orthopädie-Famulatur an einem "normalen" Maximalversorger (also keine Uniklinik) und an der Uniklinik Heidelberg gemacht, daher vergleiche ich das hier immer wieder ein wenig. Meiner Meinung nach sollte man Famu, PJ etc. an solchen Häusern machen, wo man später auch arbeiten will. Ich habe das sozusagen als Vergleich genutzt, um zu sehen, wo und wie ich später meine orthopädische Facharztausbildung machen will.
Das wichtigste zur Orthopädie in Heidelberg: Man muss sich einfach bewusst sein, dass es eine riesengroße universitäre elitäre Orthopädie ist, was ich im folgenden gerne genauer erklären will.
Zum Haus allgemein:
Man kann hochkomplexe Orthopädie sehen, wirklich alles! Die Patienten reisen dafür zT von sehr weit an. Ich habe zB Patienten kennengelernt, die extra aus Rumänien oder Nahost angereist waren. Die Ärzte werden da sicher sehr umfangreich ausgebildet. Dabei darf man aber nicht vergessen: Von nichts kommt nichts! Das wird einem nicht in den Kopf implantiert, sondern man muss es sich im Endeffekt selbst erarbeiten. Der Arbeitsalltag für die Ärzte ist also anstrengender und länger als an einem "normalen" Krankenhaus, so mein Eindruck. Die Ärzte sind da, weil sie diese Karrieremaschinerie durchlaufen wollen. Dementsprechend ist da vergleichsweise längst nicht so eine entspannte Stimmung. Jeder muss abliefern, und auch schon als Famulant wird das teils von einem erwartet, insbesondere im OP.
Womit wir beim Haupt-Aufgabenfeld wären:
Hakenhalten im OP (mind. 3 Tage pro Woche, eher 4-5). Dabei sieht und lernt man natürlich viel. Aber man wird als Selbstverständlichkeit angesehen, weil eben fast immer Famulanten & PJler da sind. Nach den 4 Wochen habe ich nur von wenigen Personen ein Danke oder ähnliches gehört, obwohl man wirklich viel mithilft. Das ist primär keine Kritik an irgendwelchen Personen, weil wie gesagt: Jeder muss hier selbstverständlich abliefern, so ist das eben. Weiterhin liegt das natürlich auch daran, dass es so ein riesiger, etwas anonymer Laden ist und alle ja selbst viel zu tun haben. Man arbeitet immer maximal ein paar Tage mit den gleichen Personen und rotiert wöchentlich durch die verschiedenen Sektionen, die man sich teils auch vorher aussuchen kann (mind. 1 Woche Endoprothetik - also Hüft-TEPs - also körperlich anstrengend). Deswegen muss man das eben vorher wissen: Hier ist es einfach nicht so familiär und entspannt wie an einem normalen Haus, aber man sieht außergewöhnliche Fälle. Die meisten Ärzte sind übrigens auch dennoch sehr nett und erklären gerne vieles. Aber man muss eben "im Gegenzug" zB viel und lange im OP Haken halten und sollte nicht schlapp machen. Man muss die große & anspruchsvolle Variante der orthopädischen Medizin wollen, belastbar sein und man muss dafür bereit sein, auch einige Überstunden zu machen, dann wird man hier sehr glücklich.
Damit sind wir beim Thema Arbeitszeiten:
Beginn ist mit der Frühbesprechung um 07:30, besser natürlich ein paar min früher da sein. Dann geht man wie gesagt meist in den OP und bleibt da durchschnittlich bis 16-17 Uhr. Eine sogenannte "Mittagspause" gibt es dabei dann nicht wirklich. Man isst zwischen zwei OPs zu Mittag (max. 20-30 min), weswegen man es zeitlich nicht in die Cafeteria schafft. Deswegen wird von dort täglich Suppe in den OP-Pausenraum gebracht (ist lecker und gratis) oder man bringt sich halt selbst was mit. Im Durchschnitt war für mich dann wie gesagt gegen 16-17 Uhr Feierabend, aber es kann auch mal etwas länger gehen. Einmal musste ich bis 20:30 bleiben, ohne es mit Vorlauf zu wissen. Muss man halt wissen, ob man so was will. Mein "Rekord" am normalen Krankenhaus war da glaube ich ca. 17:30 (normal 15-16 Uhr raus).
Ambulanz:
Wenn man nicht im OP ist, ist man in der Ambulanz (also ca. 1-2x pro Woche), da ist dann auch Mittagspause möglich und alles geht für einen wesentlich entspannter zu, weil man primär erstmal nur zuschaut und nichts "muss". Je mehr Initiative, desto mehr darf man. Feierabend dann sehr pünktlich und man darf sein Leben leben :)
FAZIT:
Wenn man also Karriere in der Orthopädie machen will, ist man hier richtig. Man wird auch super ausgebildet, keine Frage. Wer aber lieber ein ganz normaler Oberarzt an einem ganz normalen Haus werden will, der muss sich diesen harten Weg nicht unbedingt antun.
ACHTUNG: Die Famulatur waren 30 Tage im Jahr 2019. Ich habe jedoch nicht den Monat angegeben, damit mir diese doch recht schonungslose Rezension nicht zum Nachteil wird, falls ich da mal arbeiten möchte. Denn wie gesagt: So eine Haltung zu vertreten ist da nicht gerade gern gesehen und anhand des Datums kann man ja zurückverfolgen, wer ich bin ;)