Die beste Famulatur meines Studiums und uneingeschränkt weiterzuempfehlen!
+ Freiheit, seinen Interessen nachzugehen und Möglichkeit, sehr viel(seitig)e Eindrücke zu sammeln
+ Mentoring durch den sehr engagierten Chefarzt der ZINA & ITS, Manuel Burkert. Zitat: „Lehre ist Chefsache“
+ Teaching während bzw. nach Visiten auf ITS durch den Chefarzt
+ Teilnahme am wöchentlichen PJ-Seminar (wobei es nicht regelmäßig stattfand)
+ NEF & SAPV begleiten
+ Seenotretter und Feuerwehr anschauen inkl. Drehleiter fahren :-)
+ man konnte gut bezahlte Rufdienste im OP der UCH übernehmen
+ sehr nette und hilfsbereite Mitarbeiter in (fast) allen Abteilungen
+ EDV-Zugang
+ Essen und Unterkunft frei
- Organisation durch Personalabteilung
- Unterkunft / Ausstattung sehr spartanisch (kein WLAN, kein Schreibtisch)
Man kann in Cuxhaven, wenn man motiviert und neugierig ist, sehr viel sehen, erleben und lernen. Mit einem gesunden Maß an Eigeninitiative wird man von dem Personal in der Klinik positiv aufgenommen und bekommt gerne etwas beigebracht und gezeigt, sodass ich während meiner Zeit in Cuxhaven sehr viele Eindrücke und Erfahrung sammeln konnte, die bestimmt die wenigsten Krankenhäuser einem Famulanten in dem Umfang überhaupt bieten können.
Gleichzeitig wird man mit dieser Flut an Eindrücken nicht alleine gelassen und hat durch den Chefarzt der Notaufnahme und Intensivstation immer einen Mentor an der Seite, dem die Lehre sehr wichtig ist, was man auch daran merkt, dass er sich manchmal einfach so mindestens eine Stunde Zeit nahm, um etwas zu besprechen.
Besonders gut gefallen hat mir auch die Freiheit, wirklich allem nachgehen zu können, was mich interessiert.
Man fängt morgens entweder um 07:30 mit der Anästhesie-Besprechung oder um 7:45 Uhr mit der Übergabe auf ITS an und geht nach der Visite auf ITS gegen 9 Uhr zur Frühbesprechung in die ZINA. Ich war die ersten zwei Wochen auf der chirurgischen Seite der ZINA tätig und durfte da Patienten aufnehmen, untersuchen, Arbeitshypothesen aufstellen und dem diensthabenden Arzt vorstellen, nähen, gipsen oder auch mal mit in den OP gehen und dort mitoperieren. Auch wenn Schockräume angemeldet waren, konnte ich mindestens zuschauen oder mithelfen, wenn nicht sowieso schon genug Leute da waren.
Was wirklich super war: Die Mitarbeiter von der EDV kümmern sich ziemlich schnell darum, dass man einen Zugang bekommt und dann auch selbst Labore/radiologische Untersuchungen nach Absprache anmelden und Briefe schreiben kann.
Gegen 12 Uhr sind wir Studenten meistens gemeinsam zum Mittagessen in die Cafeteria gegangen, wo es für uns kostenloses und relativ gutes Mittagessen gab. Wenn man mal nicht rechtzeitig zum Essen kam, weil man z.B. im OP war, konnte man in der Cafeteria anrufen und sich sein Essen zurückstellen lassen. Ein eigenes Telefon hat man leider nicht bekommen, was vermutlich auch daran lag, dass wir relativ viele Studenten waren, die sich aber immer irgendwo im Haus aufgeteilt haben, sodass wir eigentlich nie doppelt besetzt waren oder uns auf den Füßen standen. Wenn es im Haus etwas Interessantes zu sehen gab, wurde z.T. auch in der ZINA angerufen und uns Studenten Bescheid gesagt. Wenn man dann mal für 1-2h die ZINA verlassen musste, z.B. um bei einer Hornhaut-Explantation eines Verstorbenen zuzusehen, hatte dafür jeder Verständnis.
Um 14 Uhr findet auf der ITS die zweite Visite statt. Nach der Visite ging es noch mal für ca. 2h in die ZINA. Meistens bin ich bis 17 Uhr geblieben, ab und zu auch länger, je nachdem, wie viel los war. Wenn man möchte, konnte man außerdem ab 16 Uhr gut bezahlte Rufdienste im OP übernehmen.
Häufig kam es vor, dass der Chefarzt der ITS, Manuel Burkert, bei der Visite morgens ein paar Fragen oder Aufgaben zu Themen gestellt hat, die dann nach der Visite am Nachmittag gemeinsam bearbeitet und beantwortet wurden. Auch wenn man selbst Fragen zu einem Krankheitsbild oder konkret zu einem Patientenfall hatte, hat er sich immer die Zeit für Teaching genommen, was ich in der Form so noch nie in einer Famulatur erlebt habe.
An einem Sonntag hat er sich sogar die Zeit genommen und ist mit uns zum Seenotretter gefahren, wo wir eine kleine Führung und einen Vortrag über die Seenotrettung an sich bekommen haben. Anschließend waren wir noch bei der Feuerwehr.
Wenn man wollte, konnte man übrigens NEF mitfahren und auch abends nach Klinik-Feierabend zu Hausbesuchen im Rahmen der SAPV mitkommen.
Interessant ist auch die Mitverfolgung von Fällen über die funkärztliche Beratung (Medico Cuxhaven), die Seeleute bei Notfällen oder Erkrankungen an Board eines Schiffes berät. Hierbei spielen z.T. ganz andere Aspekte eine Rolle und man kann viel über taktische Medizin lernen.
Die zweiten zwei Wochen hätte ich eigentlich auf die internistische Seite der ZINA wechseln sollen, jedoch kam da die Corona-Pandemie dazwischen und hat mir die Gelegenheit geboten, bei der Organisation und dem Aufbau eines Testzentrums mitzuhelfen.
Meine Aufgaben waren dann u.a. die Übernahme des „Corona-Telefons“, der ersten Anlaufstelle für Arztpraxen und Patienten, die Fragen zu dem Testzentrum oder allgemein zum Coronavirus hatten, Überlegungen zum Betriebsablauf des Testzentrums und schließlich auch bei der Nachbereitung, wenn die Ergebnisse da waren.
Die letzten Tage meiner Famulatur verbrachte ich schließlich noch in der Anästhesie. Auch dort wurde mir extrem viel erklärt und nach dem Prinzip „see one, do one, teach one“ gelehrt, sodass ich an meinem dritten Tag im OP unter Aufsicht die Einleitung selbst machen und die Narkose begleiten und später auch noch einen ZVK legen durfte – immer mit Omeyya, einem sehr engagierten und geduldigen Anästhesisten daneben.
Das Krankenhaus ist relativ klein, aber dafür recht breit aufgestellt und es herrscht ein familiäres Klima. Die meisten Ärzte erklären sehr gerne etwas und bieten auch an, mal in deren Fachabteilungen, z.B. in der Gastroenterologie vorbeizuschauen. Generell kann man sagen, dass die meisten Menschen in Cuxhaven bzw. in der Klinik unglaublich freundlich und hilfsbereit sind, sodass ich mich insgesamt wirklich wohl und willkommen gefühlt habe.
Einzig negativ und etwas chaotisch war die Organisation durch die Personalabteilung. Ruft also am besten noch mal eine Woche und zusätzlich noch mal einen Tag vorher an, damit niemand überrascht ist, wenn ihr dann plötzlich vor der Tür steht. ;-) Auch die zugegebenermaßen schlecht „renovierte“, aber immerhin kostenfreie Unterkunft ist extrem spartanisch eingerichtet: Es gibt WGs in einem „Ärzte-Haus“ ca. 15 Gehminuten von der Klinik entfernt, in denen man mit anderen Studenten wohnt, was dann schon ganz cool ist. Leider gibt es in den WGs kein Internet geschweige denn überhaupt einen Schreibtisch, um nur die Hauptpunkte zu nennen. Wer sich neben der Famulatur noch auf Klausuren vorbereiten muss oder an seiner Doktorarbeit schreiben will, ist da schnell aufgeschmissen, weil man abends in der WG nicht die Möglichkeit dazu hat.
Ich durfte mich zum Lernen in den Konferenzraum auf der ITS setzen, was ich gerne genutzt habe, um noch mal etwas nachzulesen oder an der Doktorarbeit zu arbeiten. Vllt ändert sich an der Ausstattung der Unterkunft noch etwas, ich war mit eine der ersten Studenten, die in der WG untergebracht war.
Nichtsdestotrotz würde ich mich jederzeit wieder für eine Famulatur in Cuxhaven entscheiden und auch wieder 6 Wochen „buchen“ - die Zeit dort verging so unglaublich schnell und ich bin für die Erfahrungen, das Vertrauen, das Teaching sowie für die tolle Betreuung sehr dankbar.
Noch ein Tipp zur Stadt: Nehmt euch ein Fahrrad mit - damit ist alles ziemlich schnell zu erreichen.