Der Zeitpunkt meiner Famulatur hätte wahrlich besser sein können: Zum einen wurde die schöne und beliebte Palliativstation im Clara-Wolff-Haus gerade saniert, sodass man diese kurzerhand ins deutlich belebtere (gegenüber vom OP) und weniger komfortable (kleinere Zimmer, weniger Platz, kaum Einzelzimmer) Haupthaus verlegen musste. Zum anderen waren eben Sommerferien, sodass die generelle Personalsituation etwas angespannter war und die wenigen verfügbaren Ärzte immer wieder zwischen den Stationen nach Bedarf hin und her geschoben wurden. Dadurch war es für alle Beteiligten schwierig, in einen Rhythmus zu kommen und mit den Gegebenheiten warm zu werden, was diese auch gern öfter kommunizierten.
Ich hatte -zugegebenermaßen- im Vorfeld ziemlich naive und illusorische Vorstellungen vom Geschehen auf einer Palliativstation und war beflügelt von der ausschließlich positiven und verlockenden Bewertung meiner Vorgängerin. Mit der Zeit wurden diese nach und nach etwas pragmatischer.
In Bezug auf die Strukturierung eines normalen Tagesablaufs hat es etwas länger gedauert, bis ich meinen Rhythmus gefunden habe, weil mir das leider vonseiten der zuständigen Ärzte nicht wirklich bzw. teilweise sehr widersprüchlich kommuniziert wurde: Ich bin um 7.15 Uhr auf Station gegangen und habe mit den anfallenden Blutentnahmen begonnen. Da die Venenverhältnisse auf der Palliativstation oft bescheiden sind und es zudem meine erste Famulatur war, hatte ich oft nur sehr mäßigen Erfolg dabei. Besonders ist die vergleichsweise hohe Anzahl an Portsystemen, woraus man einfacher Blut abnehmen kann, sofern es einem ein Pfleger gut erklärt. Generell ist das Pflegepersonal auf Station außerordentlich freundlich und humorvoll und unterstützt einen dilettantischen Erstfamulanten, wenn es nötig sein sollte.
Um 7.45 Uhr ging es dann zur Frühbesprechung der Internisten, in der die Übergabe durch den Nachtdienst, die Bettenverteilung sowie die gemeinsame Beantwortung anfallender organisatorischer Fragen erfolgten. Im Anschluss daran hatte man als Famulant noch etwas Zeit für eventuelle Restblutentnahmen (man konnte auch alternativ jetzt erst mit allen Blutentnahmen beginnen, wenn man schnell und erfahren ist). Um 8.30 Uhr erfolgte eine kleine Übergabe der Patienten auf Station durch die Pflege im Beisein der Therapeuten und Sozialdienste, wobei nicht alle Ärzte dieser beiwohnten, sondern gleich mit den Visiten begannen. Diese sind auf jeden Fall mit deutlich mehr Zeit und Zuwendung verbunden als im Vergleich zu Normalstationen. Die Patienten wissen Bescheid ob ihrer Erkrankung und Prognose, sodass der kurative Druck wegfällt und es stattdessen vor allem um die Frage geht: "Was ist gut für dich, was kann ich noch tun für dich?"
Gefrühstückt wird meist zwischen den Visiten mit den Pflegern, wobei auch da nicht immer alle Ärzte dabei sind und stattdessen später zu Mittag speisen. Nach den Visiten werden dann neue Patienten aufgenommen, Briefe geschrieben, Entlassungen geregelt, Telefonate und Angehörigengespräche etc. Diese sind oftmals sehr emotional für die Angehörigen, weshalb es sich empfiehlt, immer eine Packung Taschentücher dabei zu haben.
Montags findet immer die große Teambesprechung statt, an der neben den üblichen Verdächtigen auch die Chefärztin partizipiert. Dabei geht es nicht nur um die aktuellen Patienten, sondern auch um die bereits Entlassenen/Verstorbenen und wie deren Behandlung insgesamt einzuschätzen ist. An den anderen Tagen findet eine normale Teambesprechung statt, bei der neue Entwicklungen ausgetauscht werden. Danach ist der Großteil eigentlich geschafft und man schaut, ob man den Ärzten noch Arbeit abnehmen kann oder arbeitet noch das eine oder andere Krankheitsbild nach. Wenn man Glück hat, darf man auch mal vor 16 Uhr gehen, manchmal aber auch erst etwas später.
Bezüglich des Umganges der Ärzte mit mir als Famulanten bin ich im Wesentlichen zufrieden, wenngleich über meine Rolle Uneinigkeit herrschte: Während mir die Oberärztin zu Beginn sagte, dass ich als Erstfamulant ohnehin nicht so viel helfen könne und daher mehr beobachten und ggf. zuarbeiten sollte, hieß es von einer anderen Ärztin (Dr. Wittenstein), als Famulant sei ich vor allem zum Arbeiten da (d.h. vor allem ungeliebte Büroarbeiten am PC) und nebenbei könne ich ja auch noch etwas lernen. In ihrer Gegenwart fühlte ich mich oftmals ein wenig unter Druck gesetzt und überfordert, wenngleich mir ihr Umgang mit Patienten außerordentlich imponierte. Im Wesentlichen ist sie aber auch eine nette Frau, wobei sie im Vergleich zu den anderen Ärzten eben deutlich mehr von mir als Famulanten forderte. Am besten war es, wenn die Chefärztin für die Station eingeteilt war, denn sie hat mir erstaunlich viel erklärt und gezeigt, was in Anbetracht ihrer geringen zeitlichen Valenzen sowie ständig klingelnder Telefone wahrlich nicht selbstverständlich war.
Als Famulant auf der Palliativstation hat man auch die Möglichkeit, beim SAPV-Team mitzufahren und die sterbenskranken Patienten zuhause zu besuchen, was auch eine sehr beeindruckende Erfahrung war. Ich würde jedem empfehlen, dies mindestens einmal auf Station anzufragen, sofern es nicht sowieso schon angeboten wird. Ich persönlich bin einmal in der letzten Woche mitgefahren (vorher hieß es immer, das Team sei schon unterwegs).
Darüber hinaus findet Mittwochnachmittag (14.30-16 Uhr) immer eine studentische Lehrveranstaltung für PJler statt, an der aber auch Famulanten teilnehmen können. Themen waren u.a. Nebenschilddrüsenchirurgie, EKG sowie Labormedizin, die ich im Großen und Ganzen eigentlich ganz gut fand.
Alles in allem fand ich die Famulatur ganz in Ordnung, auch wenn sie nicht ganz so schön war, wie ich mir im Vorfeld vielleicht erhofft hätte. Ich würde davon abraten, die erste Famulatur auf der Palliativstation zu machen, da sonst die Blutentnahmen ziemlich frustran werden können und körperliche Untersuchungstechniken im Grunde keine Rolle spielen. Dafür kann man mehr für den Patienten da sein und begleitet Menschen aus den verschiedensten Schichten mit verschiedensten Erkrankungen auf ihrem letzten Weg.
Bewerbung
Man sollte relativ frühzeitig bei der Sekretärin Fr. Masson via Mail anfragen, weil die Station beliebt ist und nur ein Platz pro Zeitraum zur Verfügung steht. Ich persönlich habe mich gut vier Monate vorher beworben und musste dennoch meinen Wunschzeitraum ein klein wenig anpassen, also früh dran sein lohnt sich!
Unterricht
1x / Woche
Inhalte
EKG Sonst. Fortbildung
Tätigkeiten
Blut abnehmen Patienten untersuchen Eigene Patienten betreuen Röntgenbesprechung Patienten aufnehmen Praktische Maßnahmen unter Aufsicht Braunülen legen