Ich habe lange überlegt, ob ich wirklich eine Famulatur in der Schweiz machen will, weil ich schon gelesen habe, dass man als Unterassistent ähnlich wie ein PJler mitarbeiten muss, aber ich erst im 7. Semester war und auch in Neurologie nicht so gut gewesen bin. Ich habe mich dann dafür entschieden, weil ich dachte, dass ich dann aber auch besonders viel lernen kann und habe mich während der Klasurenphase und während der Zeit vor der Anreise noch mal intensiv eingelesen und alles mögliche noch gelernt, um vorbereitet zu sein und das hat letztendlich gut funktioniert. Am wichtigsten war die neurologische Untersuchung. Die wird einem zwar auch gezeigt, aber es ist mMn trotzdem sinnvoll, schon vorher den Ablauf zu kennen und wie man bspw. Reflexe und Einzelkraft prüft. Ich habe für mich als Gedächtnisstütze einen kleinen Block mit allem wichtigen Untersuchungen und möglichen Auffälligkeiten aufgeschrieben, was insbesondere am Anfang hilfreich war.
Zum Ablauf: man bekommt vorab einen Dienstplan und ist auf Station oder in der Notaufnahme eingeteilt. (Wenn man länger bleibt kann man auch mal für die Unterassistentensprechstunde oder die Stroke Unit eingeteilt werden.) Ich war mehr auf Notfall, wo es mir auch super gut gefallen hat. Am Anfang musste ich mich noch in die Abläufe einfinden, aber bin da sehr schnell reingekommen und konnte mich immer an die Ärzte halten, die einen mitgenommen haben. Man durfte dann entweder selber oder zusammen mit den Assistenzärzten die Anamnese machen (oft auch davon abhängig wie viel los war), die neurologische Untersuchung und den Allgemeinstatus (also kurze Auskultation etc.) und das in den Briefen dokumentieren (man hatte einen eigenen Zugang zum Patientenverwaltungssystem, inkl. eigener Mailadresse, was das eigenständige Arbeiten natürlich erleichtert hat). Hierbei hat man wirklich sehr viel gelernt und bei Fragen konnte ich jederzeit auf die Ärzte zukommen, die aber auch von sich viel zu erklärt haben. Unter Aufsicht darf man auch Lumbalpunktionen selber machen, wenn man möchte.
Auf Station hat es mir eher so mittelmässig gefallen. Das lag zum einen daran, dass der Alltag etwas monotoner war, man weniger selbstständig machen konnte (meist Ein- und Austrittsuntersuchungen, NIHSS Verläufe, und gelegentlich mal andere Test wie ein Schellong Test, MOCA test und so), aber die Ärzte waren auch größtenteils weniger daran interessiert einem was zu zeigen, man musste da öfter nachfragen und wurde sonst eher allein gelassen. Kann aber gut sein, dass wenn die Ärzte rotieren, dass das auch wieder besser wird! Ich habe diese entspannteren Tage dann genutzt, um zu bestimmten Themen und Krankheiten was nachzulesen, was auch hilfreich war.
Normal findet morgens ein Morgenrapport statt, an welchem ich nur manchmal teilgenommen habe, weil ich nicht immer den Skype-Zugang bekommen habe.
Man konnte regelmässig in der Mensa essen, allerdings ist das Essen dort recht teuer (ca. 8-13 CHF im Menü), aber dafür das Essen war sehr lecker. Ich habe mir aus Kostengründen trotzdem öfter selber was mitgenommen oder nur eine belegte Semmel gekauft.
Die Schichten dauern je 10 Stunden, manchmal konnte ich früher gehen, aber hatte dafür manchmal auch Überstunden. Die Schichtzeiten sind entweder früh 8-18 Uhr (Notfall und Station) oder (Notfall) Spät 12-22 Uhr, Zwischendienst (Notfall, wenn kein anderer UA da ist) 10-20 Uhr oder am Wochenende 9-19 Uhr. Ich hatte zwei Wochenenddienste, die mit einem freien Tag unter der Woche kompensiert wurden und zusätzlich zwei Urlaubstage.
Das Schweizerdeutsch war meist gut zu verstehen, manchmal musste ich mich aber schon ziemlich anstrengen oder auch nachfragen, aber es waren alle immer sehr freundlich.
Aarau ist eine recht kleine Stadt, aber war ganz nett. Wegen Corona konnte man nicht viel machen. Ich habe mir daher an den freien Wochenenden die Städte Luzern (super schön, mit Blick zu den Bergen) und Lausanne (hat mir auch gut gefallen) angesehen. Am Heimweg war ich noch in Zürich, was mir weniger gefallen hat.
Summa summarum kann ich eine Famulatur in der Neurologie im KSA sehr empfehlen. Ich habe unglaublich viel gelernt und hatte auch Spaß und fand daher die langen Arbeitstage auch nicht so schlimm. Man sollte sich aber bewusst sein, dass dort eben auch mehr von einem erwartet wird und sollte sich entsprechend vorbereiten.
Bewerbung
Ich habe mich etwa 2 Monate vorher beworben und noch einen Platz bekommen. Ich weiß nicht, ob es Glück war, oder üblich, so spontan noch einen Platz zu bekommen. Dann habe ich die Zusage sehr zeitnah zur Bewerbung bekommen und musste mich um fast nichts kümmern. Man bekommt bei Bedarf ein Personalzimmer. Das war bei mir in einer ca. 10 Minuten zu Fuß entfernt gelegenen Wohnung, wo noch zwei andere Mitarbeite/Praktikanten gewohnt haben. Mein Zimmer war recht einfach ausgestattet, aber für die 4 Wochen vollkommen ausreichend. Töpfe und Geschirr waren vorhanden, alles andere inkl. Salz/Pfeffer muss man selber mitbringen. Man bekommt alle Infos zu erforderlichen Unterlagen zugeschickt und Fragen werden schnell beantwortet. Das Zimmer kostete mich etwa 450 CHF plus fixe Reinigungskosten von 100 CHF. Die Organisation ist echt super. Vor Ort bekam man noch seinen Badge (Mitarbeiterausweis) mit Foto und Schlüssel für Spinde.