Gleich vorneweg: Ich würde wirklich raten, dass man nur dann in die Notaufnahme im CHL geht, wenn man mindestens Deutsch und Französisch in guter Alltagstauglichkeit spricht. Mit nur Deutsch und, z.B., Englisch verpasst man einfach die Hälfte. Es gibt zwar praktisch immer mindestens einen luxemburgischen Arzt, der Deutsch kann, aber allein schon bei den Patienten sprechen viele als gemeinsame Sprache nur Französisch, und einige Ärzte auch. Französisch ist in Luxemburg oft die Verbindungssprache, wenn beide Partien unterschiedliche Muttersprachen haben. Man muss kein Crack sein, aber einigermaßen sicher sollte man im Französischen schon sein. Viele sind keine Muttersprachler, sodass man sich keine Sorgen über perfekte Sprache machen muss. Hauptsache, die Kommunikation klappt. Außerdem erfolgt die gesamte schriftliche Dokumentation auf Französisch. Luxemburgisch zumindest zu verstehen ist zwar ein Vorteil, aber ich denke, dass es zur Not auch ohne das ginge, da die meisten Luxemburger mindestens Deutsch sprechen.
Das CHL ist erstmal super organisiert. Man bekommt am ersten Tag gleich morgens einen Badge, der Namensschild, Türöffner und Bezahlmethode in der Kantine/Cafeteria ist, und mit dem man Zugang zu den elektronischen Patientanakten, zum SAP, Laborergebnisse, Bildgebung usw. hat. Der ist auch schon freigeschaltet, und auf dem Badge ist genügend Geld, um jeden Tag in der Kantine zu Mittag zu essen.
Mein Badge hat zwar am ersten Tag noch nicht die Türen geöffnet, aber nach einem kurzen Gang zu meinem persönlichen Ansprechpartner bei Human Resources, der sich um alle Famulanten kümmert, war das auch sofort erledigt.
Die Bewertungen anderer Stationen sind wohl nicht so gut, habe ich gelesen. Das kann ich für die Notaufnahme aber nicht sagen - es war wirklich eine tolle Famulatur! Die Ärzte freuen sich über Studenten und erklären gerne. Ich hatte nie das Gefühl, dass jemand keine Lust hatte, dass ich dabei war und Fragen gestellt habe. Außerdem, und das fand ich besonders cool: Es gab keine Fälle, bei dem man nicht mitkommen sollte. Auch bei psychiatrischen, urologischen und gynäkologischen Patienten kam ich ganz selbstverständlich mit. Ich durfte anschließend sogar die Psychiaterin bei den ausführlicheren Gesprächen begleiten (sofern das für die Patienten okay war), weil ich das gerne wollte. Das habe ich in Deutschland auch anders erlebt.
Generell sollte man aber Eigeninitiative mitbringen. Von den Studenten wird generell eigentlich nichts erwartet außer zu Lernen, man hat keine festen Aufgaben. Von daher sollte man selbstständig schauen, dass man sich an einen Arzt dranhängt, weil sie einem in der Regel nichts sagen, wenn man einfach dasitzt und etwas am Computer macht. Das hat den Vorteil, dass es kein Problem ist, auch mal auszuruhen und sich zu unterhalten, aber man sollte nicht in der Erwartung hingehen, allzu sehr an die Hand genommen zu werden, wenn man nicht selbstständig mitkommt. Freuen tun sich die Ärzte eigentlich immer, wenn man mit ihnen mitkommt.
Ich durfte Wunden nähen, endlos viele Anamnesen und körperliche Untersuchungen alleine machen, und bei so ziemlich allem zuschauen, bei dem ich zuschauen wollte.
Die Stimmung und der Ton zwischen Ärzten und Pflege hat mir auch gut gefallen. Von beiden Seiten respektvoll, vertraut und gut gelaunt. Generell fand ich das Stimmungsklima im CHL, zumindest in der Notaufnahme und wenn mir jemand auf dem Gang begegnet ist, auffallend positiv.
Zum Mittagessen war immer Zeit, ich habe mich einfach kurz abgemeldet. In der Kantine wird der Plat-du-jour, also das Tagesgericht, einschließlich Getränk, das 2,80€ kostet, vom CHL bezahlt.
Die Zeiten waren sehr flexibel, da hatte man recht große Freiheit. Ich war von Montag bis Freitag ca. 8:30 Uhr bis 17:30 Uhr da. Man könnte nach Absprache aber auch die Tage wechseln und an Wochenenden, oder auch nachts, kommen. Man muss nicht fragen, ob man gehen darf, sondern kann einfach selbst entscheiden und kurz Bescheid sagen. Ich glaube, es würde aber schon einen schlechten Eindruck machen, wenn man auffällig wenig da wäre, und das spiegelt sich dann im Verhältnis zu den Kollegen wieder. Wenn man aber mal einen Termin hat und das morgens kurz sagt, dann ist das kein Problem, zumindest war das bei mir so.
Minuspunkte:
- In der Kantine gibt es nicht immer ein vegetarisches Gericht für die 2,80€. Meist gibt es die Wahl zwischen Fleisch und Fisch. Man kann aber immer einfach aus den Beilagen wählen, falls man Vegetarier ist (was auch satt macht), und in der Teamküche gibt es auch eine Mikrowelle für mitgebrachtes Essen. Das ist daher ein echtes Luxusproblem :)
Bewerbung
Ich habe mich ein Jahr im Voraus beworben, ich denke aber, dass man auch wesentlich kurzfristiger einen Platz bekommt. Wie beliebt speziell die Notaufnahme ist, weiß ich allerdings nicht. Bewerben kann man sich auf der Internetseite des CHL direkt über ein Bewerbungsformular für das Stage médical (NICHT beim Oberarzt oder so). Ansprechpartner für die Organisation sind die Leute von der Cellule d'enseignement und Ressources humaines, nicht die Ärzte selbst.