Auf Suhl gekommen bin ich überhaupt erst durch die Bewertungen hier. Etwa ein halbes Jahr vorher sprach ich mit der Personalentwicklerin Frau Allheilig, welche mir durch die gesamte Famulatur jederzeit zur Seite stand.
Die Wohnung konnte ich am Wochenende vorher beziehen, am ersten Tag gab es zunächst einen Rundgang durchs Klinikum mit Frau Allheilig, inkl. Vorstellung beim Chefarzt. Die Türen werden fast alle elektronisch gesichert, unser Namensschild war gleichzeitig unser universeller Türschlüssel. Großes Lob dafür, denn dauernd um Schlüssel betteln ist sonst echt nervig.
Die Frühbesprechung ist um 07:00. Oft wurden die Famulanten (meistens waren es 2-3, zum Ende hin war ich aber auch allein) dort Sälen zugeteilt, manchmal mussten wir fragen, manchmal haben wir uns einfach unseren Lieblingsanästhesisten geschnappt. Als ich zum Schluss allein war, habe ich gern zwischen Sälen gewechselt, wo halt gerade eine Einleitung war.
Die Mitarbeit im OP hing sehr vom jeweiligen Anästhesisten ab. An meiner Uni habe ich vorher schon einen Notfallkurs nach dem anderen gemacht und viel am Simulator Intubieren geübt, bei den meisten Anästhesisten konnte ich nach kurzem Kennenlernen daher schnell viel machen. Nach zwei Wochen habe ich meine Narkosen von Einleitung bis Ausleitung fast völlig selbstständig gemacht. Insgesamt habe ich knapp 60 erfolgreiche endotracheale Intubationen und 100 Larynxmasken gesammelt. Sogar einige Notfälle, beispielsweise eine Hirnblutung, durfte ich RSIeren. Während der ruhigen Zeit haben wir von OA Andrae eine gründliche Einführung in das Narkosegerät, die verschiedenen Alarme und die Unfälle, durch die sie überhaupt eingeführt wurden, bekommen. Er brachte uns auch viel über Teamkommunikation bei, eindeutige Sprache (bspw. nicht "ja", sondern den konkreten Befund sagen), Wiederholung von Anweisungen und Meldung der Ausführung (bspw. "140 Propofol sind drin") und - ganz wichtig - Ansprechen von Teammitgliedern beim (idealerweise Vor-) Namen (und nicht mit "Oberarzt") bei.
Einzelne Kollegen waren eher auf den ruhigen Ablauf ihrer eigenen Narkose bedacht und wollten nicht das Risiko eingehen, dass der Student was falsch macht, einer hatte auch die unangenehme Angewohnheit, sich über jeden Misserfolg, sei es eine verstochene Flexüle, eine problematische Larynxmaske, was auch immer, zu freuen, nach kurzem Gespräch mit dem Oberarzt war es aber kein Problem, mit jemand anderem eingeteilt zu werden.
Eines Morgens holte uns der Chef ins Büro und ging an einem Online-Simulator einmal den kompletten Ablauf einer Narkose inkl. Pharmakologie und (Patho-) Physiologie und das Ausfüllen eines Narkoseprotokolls durch.
Die Zeit auf ITS war zwiegespalten wie ein Borderline-Syndrom. Ein Wort zu mir: Ich will in einer Famulatur nicht in zweiter Reihe zusehen (dafür gibt es YouTube), sondern etwas machen. Während manche Oberärzte das als angenehme Abwechslung beschrieben, konnten andere damit nichts anfangen. Bleiben wir zunächst bei denen erster Art. Beispielsweise genannt sei FOÄ Taubner (die leider nicht mehr im Hause ist), mit der ich direkt am ersten Tag einen Patienten durchschallte. Sie empfahl mir konkret, bei jedem Eingriff (ZVK, Arterie, Bronchoskopie, Thoraxdrainage, etc.) zu fragen, ob ich ihn vornehmen dürfe. Anderen Oberärzten war es dagegen hochgradig befremdlich, dass der Student etwas machen wollte und "erklärten" mir Grundlagenkenntnisse, die ich schon lange besaß.
In der ersten Woche war nicht viel los, außerdem sollte ein zweiter Student auf die ITS kommen. Nach kurzer Nachfrage konnte ich zur zweiten Woche in den Spätdienst wechseln und bekam sogar einen Pieper. Da ich um die Uhrzeit der einzige Student im Klinikum war, konnte ich, wenn auf Intensiv nichts los war, auch in die Notaufnahme, ein paar Flexülen stechen und ab und zu auch mal meinen eigenen Patienten aufnehmen. Einmal bekam ich meinen eigenen Schockraumpatienten, einen Fahrradsturz aus 60 km/h, den ich selbst nach cABCDE untersuchte und eine eFAST vornahm. Gab es oben was interessantes, wurde ich angepiept und kam wieder hoch. Schon in meinem ersten Spätdienst hatte ich meine ersten ZVK, als ersten direkt einen Shaldon, auf dem Konto, kurz darauf auch meine erste Arterie. Eine Bronchoskopie hat sich leider nicht ergeben.
Der Kontakt zur Pflege war gemischt. Mir fällt es nicht sehr leicht, mich bei Kollegen vorzustellen, einige waren dadurch wohl beleidigt, das obwohl mich FOÄ Taubenr am ersten Tag in großer Runde vorgestellt hatte. Nachdem ich mal am Wochenende da war, kam ich mit einigen besser zurecht, viele wussten aber bis zum Ende nichts so wirklich mit mir anzufangen.
Spannend war auch die Mitfahrt auf dem NEF und dem RTW. Während der NEF-Schichten war ich entweder auf ITS oder in der Notaufnahme. Aufs Suhler NEF konnte ich aus Platzgründen nicht mit, aber das NEF Zella-Mehlis ist auch meistens am ZKS stationiert. Leider hat es selten mehr als einen Einsatz am Tag, aber dabei sein ist alles. Nach kurzer Absprache konnte ich auch eine Schicht auf dem RTW verbringen. Da ich, wie erwähnt, theoretisch schon auf gutem Stand war, wurde ich direkt als vollwertiges Teammitglied integriert und habe Patienten selbst untersucht, begleitet und übergeben.
Immer Mittwochs gab es PJ-Seminare, bei denen die Famulanten ebenso teilnehmen durften. Leider waren die in der Qualität sehr variabel. Von vielen spannenden Fallbeispielen in der HNO oder eigener EKG-Befundung durch die Kardiologie bis zu einem geradezu sedierenden Vortrag der Pädiatrie gab es alles.
Schade ist eher eine Wendung, die nach meiner Famulatur kam. Eigentlich wollte ich auch meine Notaufnahmenfamulatur in Suhl machen. In Vorbereitung darauf erfuhr ich dann, dass ich mir wohl bei irgendeinem Notarzteinsatz einen Fauxpas geleistet haben solle. Ich kann mich heute noch genau an jeden der fünf Einsätze erinnern und weiß ehrlich nicht, wann ich wem, wo, wie vor den Kopf geschlagen haben könnte. Ich hatte eigentlich den Eindruck, dass die NÄ mit mir zufrieden gewesen waren und war dementsprechend äußerst enttäuscht, dass mir das jetzt hinterrücks angekreidet wurde, anstatt mir direkt zu sagen, wem ich zu nahe getreten bin.
Insgesamt habe ich meine Zeit in Suhl in sehr angenehmer Erinnerung. Eigentlich hatte ich fünf Wochen geplant, dann aber nochmal zwei Wochen hinten drangehängt. Dank Frau Allheiligs unermüdlicher Unterstützung war das problemlos möglich. In einem Abschlussgespräch mit ihr wurde auch aktiv nach Verbesserungsmöglichkeiten gefragt. Die einzelnen dunklen Einschnitte geben der schönen Erinnerung aber leider immer wieder einen faden Beigeschmack.
Bewerbung
6 Monate im Vorraus telefonische Nachfrage bei Fr. Allheilig, ein Lebenslauf hingeschickt, fertig.