Aufgrund der Corona-Pandemie musste ich meine Famulatur um ein Jahr verschieben, da im März 2020 gerade die Grenzen geschlossen waren - aber eine erneute Bewerbung war ganz unkompliziert möglich.
In den vier Wochen, die ich im Rehazentrum Valens auf der Neurologie (Station DE) war, habe ich wirklich sehr viel gelernt. Der Tag ging um 8 Uhr los (gegen Ende lief der Morgenrapport langsam wieder an, der zuvor coronabedingt nur vor und nach dem Wochenende stattfand), um 9 Uhr gab es fast jeden Tag eine kurze Besprechung mit der Pflege. Dienstags fand die Kaderarztvisite auf der Station statt, wo ich in meiner ersten Woche die Patienten erst einmal kennen lernen konnte. Ansonsten gibt es noch 2x/Woche einen lohnenswerten Röntgenrapport sowie interne Fortbildungen (lt. Plan) und Freitags vor dem Wochenendrapport eine Patientenvorstellung, wo interessante Fälle vorgestellt werden.
Wenn es auf Station einen Eintritt gibt, kann man die Patienten aufnehmen und vollständig untersuchen (die verschiedenen Assistenzärzte haben da so ihre eigenen Schemata) und den Eintrittsbericht schreiben. Ansonsten bekommt man den Stationsalltag gut mit und erledigt Aufgaben, die eben so anfallen wie Befunde anfordern, Medikamente/Therapien anpassen und ggf. Austritte vorbereiten. Wenn etwas Zeit war, haben wir uns die radiologischen Bilder bzw. Befunde von Patient*innen angeschaut, da teilweise doch sehr seltene und eindrückliche Krankheitsbilder auf Station waren. Die Reha ist nicht so streng in Phasen aufgetrennt wie in Deutschland, weshalb man sehr viele verschiedene Stadien von z.B. Schlaganfall-, Parkinson- oder MS-Patienten sieht, aber auch seltenere Krankheiten. Der Assistenzarzt auf meiner Station war sehr interessiert daran, mir meine Fragen zu beantworten und interessante Fälle mit mir anzusehen und mehr darüber nachzulesen.
Die letzten zwei Wochen war ich leider alleine auf Station, weil der Assistenzarzt erkrankt ist. Glücklicherweise hatte ich da schon das System und die Patienten kennen gelernt, weshalb ich die Station dann alleine betreut habe (natürlich mit Unterstützung des Kaderarztes und Hilfe von einer Assistenzärztin einer anderen Station). Das war zum Teil recht stressig und ich musste mich - auch rein rechtlich - häufiger rückversichern, aber so habe ich doch mal einen wirklichen Einblick in den Arztberuf erhalten und auch in der Hinsicht sehr viel mitgenommen. Auch wenn ich dann abends manchmal etwas länger als 17-18 Uhr auf Station blieb, diese Zeit hat mich in meiner Berufswahl eher noch bestärkt.
Ansonsten herrscht in dieser Klinik eine flache Hierarchie, an die ich mich nach einigen anderen Erfahrungen in der Uniklinik erst mal gewöhnen musste. Sofort am ersten Tag war ich mit allen bis hin zum Chef per Du, die Mittagspause ist heilig und das gemeinsame Mittagessen und der anschließende Spaziergang wirklich eine tolle Möglichkeit, alle Kolleg*innen kennen zu lernen.
Organisation:
Am ersten Tag gibt bekommt man ein eigenes Telefon, einen Zugang zum PC und Phönix inkl. E-Mail-Adresse und einen Kittel gestellt und man wird auf Station gebracht. Reflexhammer, Diagnostikleuchte, Stethoskop, ggf. Stimmgabel sollte man am besten selbst mitbringen.
Ich habe im Haus Pizol gewohnt, das direkt neben der Klinik liegt - leider auch direkt neben einem Kirchturm, der mich die ersten Nächte regelmäßig geweckt hat. Die Miete lag bei ca. 480 CHF für ein Studio ohne Balkon und wird direkt vom Lohn abgezogen (den man im Übrigen auch in Bar ausgezahlt bekommen kann). Das andere Personalhaus Madrus liegt ein paar Minuten entfernt, ist aber etwas moderner eingerichtet. Dort haben wir uns dann abends auch manchmal zu einem gemeinsame Essen oder Filmeabend getroffen.
Freizeit:
Ich wurde wirklich sehr herzlich in das Team aufgenommen. Es waren gerade noch zwei andere Unterassistent*innen da. Am Wochenende und in der Woche haben wir auch mit anderen Personalhausbewohnern viel unternommen. So habe ich wirklich das meiste über das Wochenende und die Osterfeiertage rausholen können. Ich habe von Wandern über Städtetrips bis Skifahren alles mitnehmen können, was die Umgebung so zu dieser Jahreszeit zu bieten hatte.
Die Schweiz ist wunderschön und auch die Leute dort haben diese Famulatur zu einem ganz besonderen Erlebnis gemacht, sodass ich voll verstehen kann, warum es auch so viele deutsche Ärzt*innen dorthin zieht.