Nach einer miserablen Famulatur anderswo konnte ich kurzfristig in die NFA Bernburg wechseln. Ein richtiges Wald- und Wiesenkrankenhaus, hat nichtmal ein Herzkatheterlabor, dafür aber als Schwerpunkt eine Neurologie, neuerdings sogar mit Thrombektomiekapazität.
Am ersten Tag bekam ich direkt einen Rundgang mit Chefarzt Sleyman. Ein äußerst lockerer, energetischer Typ. Von Haus aus Allgemeinchirurg, aber ZB Intensivmedizin und ZB Notfallmedizin, DEGUM sonstwie usw., kurzum kein klassischer Chirurg, der nur einen offenen Patienten behandeln kann, sondern ein rundum interessierter und gebildeter Arzt.
In der Notaufnahme gab es klassicherweise eine Gruppe Chirurgen, bestehend aus Chef und zwei Assistenzärzten, und eine Gruppe Internisten, bestehend aus Oberarzt und zwei Assistenzärzten. Die Neurologen waren nur unten, wenn's was zu tun gab. Mit allen wurde sich geduzt.
Der Arbeitstag begann planmäßig 08:15, später kommen war aber auch kein Ding. In den ersten zwei Stunden war meistens nichts los, sodass ich da entweder lernte oder die NFA systematisch durchwühlte. Schockraum auswendig lernen, am Defi rumspielen, was man halt so macht. Je nachdem, wo was los war, wechselte ich frei zwischen Chirurgen und Fachrichtungen. Während man bei ersteren eher so der Student war, der das lernen soll, konnte ich bei den Internisten sehr selbstständig arbeiten. Aus vorherigen Famulaturen und HiWi-Stelle habe ich schon recht viel Innere und Intensivmedizin gemacht und bin daher schon etwas sicherer. Nicht zuletzt lag es aber auch daran, dass die inneren Assistenzärzte zu nichts zu gebrauchen waren (Die wussten nichtmal, wann man wieviel Sauerstoff gibt, haben einen dicken, fetten, offensichtlichen STEMI übersehen u.v.m.) Der innnere Oberarzt erkannte recht schnell, dass er mich wesentlich ruhigeren Gewissens arbeiten lassen konnte, hat am Ende über meine Befunde und Anordnungen gesehen und mir dann die Patienten abgezeichnet. Ich konnte alles und jeden sonographieren und echokardiographieren und habe u.a. Ventrikelaneurysmata, verschiedenste Klappenvitien und sogar eine Hypokinesie bei Infarkt rausgefischt.
Chirurgie, insbesondere Ortho/Unfall, ist eigentlich weniger mein Ding, außer es geht um richtige Notfallmedizin, wie Polytraumata und dergleichen. Hierbei habe ich den ein oder anderen... nennen wir sie mal Sub-Schockraum-Patienten bekommen, den ich selbst durch xABCDE und mit eFAST untersuchen konnte. Im Verlauf konnte ich auch das ein oder andere Mal nähen.
Als ich mal wieder Lust hatte zu intubieren, organisierte mir der Chefarzt ratzfatz einen Tag im OP. Viel war zwar nicht los, aber ich hatte meine Intubation. Nebenbei konnte ich auch eine Thrombektomie bei Schlaganfall beobachten, sieht man auch nicht alle Tage.
Ein wenig störte es mich, dass der Chef mich bei den Patienten immer sehr ausgiebig als "noch Student" oder mit Formulierungen wie "muss dass ja auch lernen" vorgestellt hat. Patienten verhalten sich direkt völlig anders, so nach dem Motto "ist ja nur der Lehrling", womit ich überhaupt nicht klarkomme, insbesondere, wenn nebenan die beiden inneren Assistenz"ärzte" rumlaufen und sich Ärzte nennen dürfen.
In der letzten Woche war der innere Oberarzt leider nicht mehr da, sodass ich mir meine Handlungsgrundlage bei den Internisten ein wenig erkämpfen musste, was bei o.b. Assistenzärzten etwas nervig ist.
Im Großen und Ganzen eine angenehme Famulatur, bei der ich recht viel selbst machen konnte und einiges gesehen habe. Ist zwar kein Klinikum, an dem ich dauerhaft arbeiten wollen würde, aber als Famulatur durchaus zu empfehlen.
Bewerbung
1 Woche vorher bei der Personalabteilung angerufen, in meinem Fall kurzfristiger Wechsel aus einem anderen Klinikum