Mit Abstand die beste Famulatur meines Studiums! :-)
Am Rigshospitalet gibt es drei verschiedene Anästhesieabteilungen, meine Bericht bezieht sich auf die Abteilung des Kopf-Ortho-Zentrums, welche im 2020 fertiggestellten Neubau lokalisiert ist. Der Tag beginnt um 7:45 Uhr mit der Übergabe vom Nachtdienst und einer 5min Präsentation, die jeden Tag von einem anderen Kollegen gehalten wird. Danach geht es in den OP - bei größeren Eingriffen dauert die Einleitung gern mal eine Stunde. Je nach Arzt und eigenen Fertigkeiten darf man hier auch viel selber machen, z.B. Viggos + arterielle Zugänge legen, Maskenbeatmung und intubieren. Täglich kriegt man auch viele ZVKs und periphere Nervenblöcke zu sehen. Sobald die OP startet, kann man entweder zuschauen (durch Kameras in den OP Leuchten und riesige Monitore in den Sälen auch unsteril mit perfekter Sicht möglich) oder auf dem Plan schauen, wo die nächste Narkose eingeleitet wird. Kopf-Ortho-Zentrum bedeutet, dass Eingriffe aus den Bereichen Ortho/Trauma, HNO, Auge, Plastische Chirurgie (inkl. Brandchirurgie und Mammachirurgie) und kleinere Derma-OPs stattfinden. Meistens laufen circa 15 OPs gleichzeitig, also findet man immer etwas spannendes.
Die Anästhesisten bleiben im Normalfall nicht selber im Saal, sondern führen in der Zwischenzeit zum Beispiel Aufklärungsgespräche durch. Außerdem sind täglich zwei Anästhesisten für das Traumazentrum zuständig - von Fahrradsturz über Brandverletzung und rupturierte Aortenaneurysmen ist dort wirklich alles dabei und Patienten werden aus ganz Dänemark eingeliefert. Tipp: falls ihr die Möglichkeit habt, ein eigenes Telefon zu bekommen, unbedingt wahrnehmen! Dann rufen euch die Kollegen an, sobald ein Traumapatient ankommt oder die nächste Narkose eingeleitet wird. Ich hatte außerdem noch die Möglichkeit, eine Woche auf einer interdisziplinären Intensivstation zu verbringen und zwei Notarztdienste mitzufahren. Letzteres erfordert ein bisschen Eigeninitiative, ist mit viel Geduld aber definitiv zu realisieren und sehr zu empfehlen!
Das ärztliche Team im Krankenhaus besteht aus rund 30 Ober- bzw. Fachärzten und 5 Assistenten, wobei Hierarchien wie man sie aus Deutschland kennt hier nicht existieren. Die Anästhesie-Pflege ist top ausgebildet und übernimmt bei kleineren Eingriffen tatsächlich auch mal Narkosen selbst, ohne dass ein Anästhesist im Raum ist. Alle sind super (!!!) freundlich und man merkt, dass es den Kollegen wichtig ist, dass man sich vor Ort wohl fühlt. Positiv hervorzuheben ist definitiv auch der Neubau - überall viel Platz, große Fenster und helle Räume und mehrere moderne Großraum-Büros machen das Arbeiten gleich viel angenehmer.
Durch die entspannten Arbeitszeiten hat man auch die Möglichkeit, viel von Kopenhagen zu sehen. Die Stadt hat unglaublich viel zu bieten (Reffen, Tivoli, Jaegersborg Dyrehave, Amager Strand etc.) - am besten mit dem Fahrrad alles erkunden und das Reisebudget großzügig planen. Ich bin immer noch geschockt, wie viel Geld ich in diesen 5 Wochen tatsächlich ausgegeben habe, das Preisniveau ist mit Deutschland keineswegs zu vergleichen.
Eine letzte Bemerkung zur Sprache: alle Dänen sprechen hervorragend Englisch, trotzdem hätte ich mir im Nachhinein gewünscht, wenigstens die Basics der Sprache zu beherrschen. Ich hatte insb. auf der ITS und im Traumazentrum das Gefühl, dass ich mit Dänisch-Kenntnissen sehr viel mehr mitgenommen hätte. Für den OP ist Englisch aber absolut ausreichend.
Bewerbung
Unkompliziert per Mail an anop-hoc.rigshospitalet@regionh.dk