Ich habe hier auf Famulatur-Ranking geschaut, wo man gut in der Neurologie famulieren kann und habe das DRK-Krankenhaus (jetzt Helios Kliniken Kassel) gefunden. Alle haben geschrieben, dass sie insbesondere von der Sympathie des Chefarztes angetan waren.
In der Tat war die Zusammenarbeit mit Chefarzt Dr. Roth von Tag 1 an unheimlich angenehm. Herr Roth begegnet einem auf Augenhöhe und interessiert sich für einen. Und selbst beim Mittagessen, wenn langjährige Kollegen ihm anbieten, sich zu ihnen zu setzen, setzt er sich stattdessen gerne auch einfach mal neben den Studenten und isst gemeinsam mit einem und unterhält sich. Auch wenn das eigentlich in dieser Welt normal sein sollte, wissen wir alle, wie es in der Medizin sonst läuft. Herr Dr. Roth war der Hauptgrund, warum ich mich wohl gefühlt habe. Aber natürlich verbringt man 90% der Zeit mit den anderen Ärzten, deshalb jetzt dazu:
Man startet am Anfang auf der Station 3D. Dort liegt eine bunte Mischung an Patienten, die alle Formen von neurol. Erkrankungen mit sich bringen (von Neuro-Lues über Myasthenie bis hin zu Creutzfeldt-Jakobs-Krankheit). Ich habe in der ersten Zeit vor allem viel Blut abgenommen und Zugänge gelegt, weil es meine erste Famulatur war und ich mich mit diesen Tätigkeiten auch einfach mal beschäftigen wollte. Ein wertvoller Begleiter auf Station ist der "Assistent" der Assistenzärzte, Luca, der seit mehreren Jahren dort arbeitet und einfach alles kann und weiß (nicht übertrieben!) und jeden Studenten mit einer freundlichen Arzt wertschätzt. Luca und ich waren ein Team - das hat mir sehr viel Sicherheit gegeben. Immer wenn etwas war, konnte ich Luca ansprechen. Das kann ich von den meisten Assistenzärzten nicht behaupten, denn diese stehen - wie scheinbar üblich - stark unter Druck und verbringen den Tag damit, im Arztzimmer zu sitzen und Entlassungsbriefe zu schreiben oder Visiten durchzuführen. Es gibt aber auch ein paar Highlights auf Station: seine Patienten nach einigen Tagen kennen und sich wunderbar mit ihnen unterhalten, Donnerstags Chefarztvisite mit Dr. Roth, bei der man mit Fragen gelöchert wird - aber niemals bloßgestellt wird. Habe mich auf die Famulatur mit dem Neurologie BASICS vorbereitet - diese Infos haben super gereicht. Außerdem nimmt man elektive Patienten auf und stellt sie den Oberärzten vor. Das macht man zunächst alleine, stellt es dann den Assistenzärzten vor und dann stellt man es gemeinsam mit den Assistenzärzten noch den Oberärzten vor. Hier habe ich viel über die neurologische Untersuchung in einem ruhigen Setting gelernt. Das tolle ist: Alles, was man untersucht, wird anschließend vom Oberarzt noch mal nachuntersucht. Ich glaube, dass das eine der besten Möglichkeiten ist, etwas zu lernen. Zwischendurch klingelt das Telefon. Da ist meistens Dr. Roth dran, der einem sagt "kommen sie mal kurz in die Notaufnahme, ich muss ihnen was zeigen" - oder "kommen Sie mal kurz auf Intensivstation, wir müssen eine irreversible Hirnfunktionsausfalls-Diagnostik (früher Hirntod) machen."
Nach zwei Wochen Station habe ich zum Glück den Absprung geschafft und mich auch den anderen Abteilungen gewidmet. Diesen Schritt sollte man früher gehen, denn wenn die Assistenzärzte gemerkt haben, dass man nicht ganz unfähig ist, spannen sie einen direkt für ALLES ein und das Telefon, das man am 1. Tag von der Sekretärin ausgehändigt bekommt, klingelt dauerhaft ("Kannst du hier noch mal Blut abnehmen, kannst du da noch mal eine Lumbalpunktion vorbereiten..."). Ach ja, Thema Lumbalpunktionen: Ich durfte insgesamt 7 Stück machen, genau eine habe ich selbstständig hinbekommen. Der Rest war kompliziert, die Patienten wollten nicht oder nicht mal die Oberärzte haben es geschafft. Macht euch keinen Druck mit der Anzahl der LP. Das spielt meiner Meinung nach keine Rolle, wird aber manchmal als Währung gehandelt, sodass es erscheint, eine besonders Hohe Anzahl an Lumbalpunktionen macht einen zu einem besseren Arzt. Meiner Meinung nach ist es eine Prozedur wie jede andere auch, die man regelmäßig machen muss, um sie erfolgreich anzuwenden. Es ein mal gemacht zu haben war eine gute Erfahrung, die ich nicht missen möchte. Also - nach dem Absprung von der Normalstation (wichtige Erfahrung, aber sollte auch <endlich> sein) - habe ich öfter in der Notaufnahme mitgeholfen. Hier konnte ich neurologische Untersuchungen (anhand eines vorgegebenen Protokolls der Klinik -> kann man ausdrucken!) bis zum Erbrechen üben. Das hat viel Spaß gemacht und ich habe etwas gelernt. Außerdem Zugänge legen, im Schockraum aushelfen (unspektakulärer als gedacht, weil die Major Strokes ins Klinikum Kassel gehen wegen Thrombektomie).
Ich könnte noch ewig weiter schreiben - aber alle Dinge kommen einmal zum Ende. Folgende weitere Bereiche lohnen sich: Notaufnahme, Stroke Unit (vor allem morgens zur Visite mit Chefarzt), ambulante Praxis in der Botox-Sprechstunde mit Dr. Roth -> Interessante Erkrankungen. In der Funktionsabteilung (EEG, EMG etc.) war ich nur am letzten Tag. Hier sollte man schon früher hingehen. Am besten nach einer Woche Station aktiv die Reißleine ziehen und sich eher in den Bereichen Notaufnahme, Stroke Unit und Funktionsdiagnostik aufhalten. Der Lerneffekt ist einfach größer.
Fazit: Dr. Roth ist toll und wenn man den Absprung von Normalstation früh genug schafft, kann man noch viele weitere spannende Dinge erleben. Lohnt sich meiner Meinung nach, in diesem eher kleineren Haus zu famulieren.
PS: Es gibt kostenloses Frühstück und Mittagessen für Studenten, Dienstkleidung gibt's im Keller und Dienstbeginn ist um 08:15 Uhr bei der Morgenbesprechung im Erdgeschoss.
Bewerbung
Ich habe mich 5 Monate vorher per E-Mail mit einer anständigen PDF-Bewerbung bei Frau Mattausch (Sekretärin) beworben. Rückmeldung kam postwendend.