Ich war insgesagt 4 Monate in Sevilla, von denen ich 2 Monate in der Unfallchirurgie eine Famulatur gemacht habe.
Der Krankenhausalltag ist schon etwas anders als in Deutschland, das Konzept Famulatur kennt man in Spanien nicht, deswegen war ich die einzige Medizinstudentin in der Abteilung. Die spanischen Studenten rotieren immer nur ein paar Tage durch die verschiedenen Stationen und sind dementsprechend nie lange am Stück dort.
Am Anfang stand ich dehalb im OP eher nur danaben und habe zugeschaut, davor und danach haben mir die Ärzte aber meistens etwas erklärt. Sobald man aber nachfragt ob man sich einwaschen oder helfen darf, ist das eigentlich nie ein Problem und nach einiger Zeit stand ich so gut wie immer mit am Tisch und habe assistiert. Man muss sich also aktiv einbriningen und fragen, um auch praktisch etwas zu machen. Da die Chirurgen aber (alle!) ausnahmslos super nett und hilfsbereit waren, kann man wirklich jede Frage stellen, an Vorwissen wird eigentlich nichts vorrausgesetzt.
Die Stimmung im OP ist extrem gut, der Kontakt zu Pflege ist kollegial und respektvoll, Hierarchien existieren eigentlich nicht. der Chefarzt nimmt sich genauso Zeit, mit einem über das Wochenende zu quatschen oder eine Frage zu beantworten wie die OP-Pfleger oder Assistenzärzte. Die Andalusische Offenheit und Herzlichkeit der Menschen habe ich auf jeden Fall sehr zu schätzen gelernt!
Da das Krankenhaus eins der größten in der Region ist, konnte ich sehr viele spannende OPs sehen, die weit über die "normalen" Hüft- und Radius-Frakturen hinausgehen. Da aber immer 2 Oberärzte und 1-2 Assistenzärzte in einer OP sind wird es oft eng und man muss sich quasi mit dem Assistenzarzt die Aufgaben "teilen": absaugen, kleinere Haken halten, tackern, auf Nachfrage auch nähen usw. sind dann die typischen Aufgaben. Hier muss man aber einfach die Initiative ergreifen, weil die Ärzte nicht erwarten, wenn man praktisch schon etwas kann. Ansonsten sollte man sich auch zufrieden geben, wenn man nur zuschauen kann.
Der Tag beginnt immer entspannt um 9 Uhr, man bekommt vorher einen Wochenplan in dem man 3 Tage im OP, 1 Tag auf Station und 1 Tag in der Post-OP-Sprechstunde eingeteilt ist. Auf Nachfrage kann man auch eine Guardia (Eine Mischung aus Notaufnahme und Nachtdienst) mitmachen, das kann ich nur empfehlen! Wenn man nett fragt, kann man auch früher gehen, ansonsten ist um Punkt 15 Uhr Schluss, auch für die Ärzte der Frühschicht. Meistens hat man pro Tag 2 OPs und dazwischen ganz viel Zeit zum Frühstücken oder entspannen. Stationsarbeit ist eher langweilig, weil viel Papierkram, die Sprechstunde dafür ganz interessant, an beiden Tagen ist man eigentlich um 1-2 Uhr fertig.
Man sollte aber relativ gut Spanisch sprechen, weil der andalusische Akzent doch relativ schwer zu verstehen ist und die meisten Spanier nicht so gut Englisch sprechen. Ich bin mit einem (mehr oder weniger) B1 Level nach Sevilla gekommne und habe vor Ort noch 4 Wochen einen Intensivkurs gemacht bevor ich gestartet bin, damit hat das ganz gut geklappt.
Ansonsten ist Sevilla eine wunderschöne Stadt mit vielen Freizeitmöglichkeiten und man ist in einer Stunde am Meer.
Ich kann eine Famulatur in Spanien jedem empfehlen, der eine gute Work-Life-Balance schätzt und sich nebenbei auch noch das Land anschauen möchte. Meine Zeit im Hospital Virgen del Rocìo war wirklich toll und ich werde die freundschaftliche Atmosphäre des Teams sehr vermissen!
Bewerbung
Ich habe mich 6 Monate vorher per Email bei Raúl Moreno beworben, der für die Studenten zuständig ist und mir super viel beigebracht hat. Er war die Zeit über mein Ansprechpartner und wirklich immer extrem hilfsbereit und nett!