Famulatur Notfallmedizin in Groote Schuur Hospital (8/2022 bis 9/2022)

Krankenhaus
Groote Schuur Hospital
Stadt
Kapstadt
Station(en)
C15
Fachrichtung
Notfallmedizin
Zeitraum
8/2022 bis 9/2022
Einsatzbereiche
Notaufnahme
Heimatuni
Giessen
Kommentar
Bewerbung

Es gibt zwei Möglichkeiten der Bewerbung.

1. offizielle Bewerbung über die University of Cape Town (UCT)
alle Infos unter: http://www.healthelectives.uct.ac.za/applications/elective-placements
Ansprechpartnerin ist Ms/Mrs Thandi Davids
Antworten dauern manchmal länger, aber ich habe eigentlich immer eine bekommen
Plätze sind begrenzt, daher rechtzeitig bewerben, vor Allem wenn man eine bestimmte Fachrichtung haben möchte (bei mir 1,5 Jahre im Vorraus)
man ist für einen Monat an der UCT immatrikuliert und bekommt einen Studentenausweis
Kosten: 700€
Vorteil: man hat einen Einführungstag, an dem alle nicht UCT-Studenten, die ein Elective machen zusammen eingeführt werden. So kann man also gut Kontakte knüpfen, wenn man alleine ist

2. direkte Bewerbung über im Groote Schuur Hospital arbeitende Ärzte/Professoren
habe von einem anderen ausländischen Elective gehört, dass dies auch möglich ist
mein Stand war bis dahin aber, dass dies nicht gern gesehen ist und es schwierig ist für den Kontakt an entsprechende Mail-Adressen zu kommen
Vorteil: keine Studiengebühren, aber auch kein Studentenausweis, sondern eine Art "Besucherausweis"



Unterkunft
auf der UCT-Website sind auch Unterkünfte angegeben, allerdings habe ich dort keine Antworten erhalten
Alternativen: The Paragon, AirBnB usw.
ich würde allerdings in der Nähe des Krankenhauses bleiben, sonst könnte man morgens und abends im Stau stehen und zudem kann man so (wenn man will) auch teilweise zu Fuß gehen



Fortbewegung
hier ist die Abwägung zu treffen, ob man sich für die gesamte Zeit ein Auto mieten will oder nur für bestimmte Wochenenden/Tage nach der Famulatur, da das Uber fahren sehr günstig (v.a. in Gruppen) und auch sicher ist
meine Unterkunft war an der Grenze Salt River/Observatory und ich bin bei Tageslicht meist morgens und abends zum/vom Krankenhaus gelaufen (1-1,5km 10-15 min) das Risiko gilt es allerdings abzuwägen (v.a. alleine und als Frau auch wenn Obs am Tag relativ sicher ist)



Das Krankenhaus
Das Groote Schuur Hospital ist ein (bzw. das) öffentliches tertiäres Krankenhaus. Es hat den Ruf das beste Krankenhaus des Landes zu sein (Südafrikaner reisen teilweise quer durchs Land für das GSH). Es ist Universitätskrankenhaus der UCT und es wimmelt nur so vor Studenten. Bekannt ist es durch die erste menschliche Herztransplantation 1969 durch Christiaan Barnad. Prinzipiell kann dieses Krankenhaus (fast) alles was ein Universitätsklinikum in Deutschland kann, allerdings kann es seine Ressourcen aus Kostengründe nicht für alle Patienten einsetzen.



Ausrüstung
bringt euch alles selber mit, es wird nichts gestellt
must haves: Kasacks, Stethoskop, Stauschlauch, Stifte, Wasser
can dos: Pupillenlampe, Reflexhammer, OP-Schuhe, Schutzbrille, Pulsoxymeter



Das Emergency Department

Die Notaufnahme ist aufgeteilt
1. Trauma: allgemeinchirugisch geführt: Autounfälle, Schuss-/Stichverletzungen etc.
2. Emergency Deparment: internistische Notfälle

Leiterin des Emergency Department ist Dr. Annemarie Kropman
in Trauma kommt man aus dem Emergency Deparment nur nach Rücksprache mit der/dem Chef/Chefin des Trauma Deparment

Arbeitszeiten: es wird erwartet, dass man 40 Stunden pro Woche/7 Tage arbeitet, solang man dies hochgerechnet auf die Famulaturdauer macht kann man gehen wann man will, kommen sollte man eigentlich immer zu Schichtbeginn
Morgenschicht: 8-16
Mittagsschicht: 15-23
Nachtschicht: 23-8

Das Emergency Deparment ist aufgeteilt in:

Triage und Warteraum: Ersttriagierung der ankommenden Patienten in die folgenden Kategorien, hier werden Vitalparameter und die Hauptsymptome erfasst und der Patient bekommt eine Zuordnung zu einer bestimmten Farbe mit absteigender Dringlichkeit (rot-orange-gelb-grün)
Patienten werden entprechend Dringlichkeit > Wartezeit gesehen

Minors: weniger gefährlich und dringliche Fälle, welche quasi ambulant in einem Behandlungsraum am selben Tag behandelt werden und wieder gehen können

Majors: gefährlichere und dringende Fälle, welche meist maximal einen Tag in der "Station" (Betten in einem großen Raum abgetrennt mit Vorhängen) behalten werden, bevor sie entweder auf eine fachspezifische Station aufgenommen werden (länger als 1-2 Tage) oder für meist 1-2 Tage auf einer der "Notaufnahme-Stationen" behalten werden

Resus: quasi die major Majors, hier besteht akute (Lebens-)Gefahr, bekommen Monitoring und IMC-Behandlung, bei Stabilisierung wird wie in Majors verfahren

Secure Area: meist psychiatrische Fälle

Borders: auf dem Absprung zu anderen Stationen

Holding: auf dem Absprung zu anderen Stationen

Isolation Room: Isoaltion der Tb-Patienten, wenn überfüllt werden nicht resistente Tb-Fälle auch vor der Isolationskammer abgestellt (beides allerdings Unterdruckräume, trotzdem besser immer FFP22 tragen)



Aufgaben:
man kann sich entscheiden, ob man in Minors vs. Majors/Resus arbeitet
Aufgabe der Studenten (südafrikanisch oder international) ist es Patienten zu sehen (Anamnese und Untersuchung) und anschließend vorzustellen
Schema: History (Vorerkrankungen und aktuelle Beschwerden)- Examination (Ergebnisse der Untersuchung) - Assesment (wahrscheinlichste Arbeitsdiagnose bzw. DD) - Management(Vorschlag des weiteren Vorgehens)
zusätzliche Felder auf dem Anamnesebogen: Allergies, Medication, ECG, Lab, Dipstick, Radiology
nach der Vorstellung an die Ärzte kann man folgendes machen: Blut abnehmen, Blutkulturen machen, Zugang legen, arterielle BGA abnehmen (hier werden keine Finalgon-Ohrläppchen BGAs gemacht, sondern radial/femoral), EKGs schreiben, Punktionen/Intubationen/CPR machen/assisieren etc.
Vorteil: im Emergency Department gibt es einen Bluabnahmedienst/Phlebotomists, welche den größten Teil der Blutentnahmen/BK/ABG machen (meistens kann man also muss aber nicht), zusätzlich helfen diese auch gerne bei schwierigen Venen



Tagesablauf:
An Schichtanfang und Ende jeweils 30-60 Minuten Übergabe (pro Bereich 2(+1) "Assistenzärzte" plus ein "Oberarzt" plus eine Schwester plus 1-3 Studenten)
hier geht man von Bett zu Bett und bespricht das weitere Vorgehen mit dem Patienten
zwischen den Übergaben behandelt man die anfallenden Patienten



Arbeitsatmosphäre
auch wenn man mehrmalig darauf hinweist wird man von jedem mit Doktor angesprochen (bis auf die Ärzte, da diese als einzige verstehen, dass man Student ist, diese stellen einen als Studenten, Junior Doctor usw. vor) also akzeptiert man dies einfach irgendwann
die Schwestern kamen mir etwas unhöflich/kalt rüber, wenn man diese aber wertschätzt und eine normale Freundlichkeit an den Tag legt wird dies deutlich besser
die Ärzte behandeln die Studenten auf Augenhöhe und vertrauen einem viel an
trotzdem nimmt niemand einen richtig an die Hand und man muss etwas Eigeninitiative zeigen, dann kann man sich aber super integrieren
Pause kann man machen wann und wie lange man will (auf der Etage E gibt es eine Cafteria, Essen wird nicht gestellt)



Allgemeines zur Krankenversorgung im öffentlichen Krankenhaus
Ressorucen sind limitiert
nicht jeder Patient bekommt alle Laborwerte bestimmt (HbA1c, großes Blutbild, INR usw werden nur bei klarer Indikation gemacht)
nicht jeder Patient bekommt jede (un)nötige Untersuchung (CT, MRT, Endoskopien)
nicht jeder Patient bekommt jede (un)nötige Therapie (PCI etc. z.B. werden ACS hier häufig lysiert, DOAKs zu teuer und keine regelmäßigen INR-Kontrollen)
das Krankenhaus stellt keine Kasacks, Stifte, Stauschläuche etc.
Materialien müssen sich teilweise zusammengesucht werden aus verschiedenen Bereichen
kaputte Geräte werden nicht immer (direkt) ersetzt
alles erscheint vor allem am ersten Tag wie ein Chaos, da überall verschiedenste Personengruppen umherrennen z.B.
Clarks (Verwaltung), Phlebotomist (Blutentnahmedienst), Nurses, Doctors, Studenten, Sicherheitsdienst (bewacht Krankenhaus und Stationseingang und die Secure Area), Porters (Hol- und Bringedienst), Social Workers, nach ein paar Tagen merkt man aber, dass es trotzdem alles funktioniert, allerdings werden in Minors, Patienten bei hohem Aufkommen auch teilweise auf dem Schreibtischstuhl untersucht



Hierachie in Südafrika
Studenten: meistens im 4.-6. Jahr (von 6)
Intern: 1. Jahr nach Abschluss
Community Service: 2. bis 3. Jahr nach Abschluss, meist in ländlichen Gegenden mit sehr begrenzten Ressourcen
Medical Officer: ab dem 4. Jahr bis man eine Stelle als Registrar bekommt (Konkurrenzkampf!)
Registrar: für 4 Jahre, ab dem 4. Jahr
Consultant/Specialist: frühstens nach 7 Jahren (1 Jahr Intern, 2 Community Service, 4 Registrar, wenn Stelle frei)

Assistenzarzt = Intern, Community Service, Medical Officer, Registrar
Oberarzt/Chefarzt = Consultant, Specialist

neben den öffentlichen Krankenhäusern gibt es umsonst GP (general practioner = Hausarzt), day hospitals usw.
und private Krankenhäuser (für die Reichen mit Versicherung oder Selbstzahler, deutsche Standards)



Dress Code:
Studenten und Ärzte tragen eigentlich alles was sie wollen
von Jogginganzug mit Rucksack/Umhängetasche bis Anzug
mit Scrubs fährt man allerdings ganz gut (allerdings zieht sich keiner im Krankenhaus um)



Krankheitsspektrum
einfach mal ein paar Beispiele:
Organophosphatvergiftung, prolongierter Status epilepticus, diabetische Ketoazidosen, (MDR/XDR) Tuberkulose, kardiale und gastrointestinale Tuberkulose, Miliartuberkulose, HIV/AIDS, Wasting-Syndrom, Pneumocystis-Pneumonie, Luesaortitis, Hepatitis B/C, Polysubstanzabusus, Angioödem, Rickettsiose, Kaposi-Sarkom, MELAS, Multiples Myelom mit Plasmazellleukämie, atriales Myxom, Sjögren, Polyintoxikation, idiopathische pulmonale Siderose, Toddsche Paresen, Kryptokokkosen, Myasthenia gravis, anaphylaktischer Schock, Hirnblutungen etc.

Fazit:
ausdrückliche Empfehlung
es empfiehlt sich Englisch aufzufrischen (v.a. Sprechen) und medizinische Vokabeln zu lernen
sehr spannende Krankheitsbilder
einmalige Erfahrung
exzellente Freizeitmöglichkeiten
man lernt sehr einfach und sehr nette Leute kennen (v.a. Südafrikaner, Niederländer, Deutsche), ggf. vorher in Facebookgruppen mit anderen Deutschen absprechen und WG bilden, aber man kann auch alleine (ohne Freunde) dort hinfahren und findet sehr schnell neue Bekannte
allerdings nur Lehre auf Nachfrage und dann auch nur begrent im Bedside Teaching deshalb Empfehlung: je fitter in körperlicher Untersuchung, Anamnese und praktischen Fähigkeiten, desto mehr Spaß macht die Famulatur (ich habe sie nach dem 8. Semester gemacht)
Unterricht
Kein Unterricht
Inhalte
Patientenvorstellung
Fallbesprechung
Tätigkeiten
Patienten aufnehmen
Praktische Maßnahmen unter Aufsicht
Braunülen legen
Briefe schreiben
EKGs
Punktionen
Eigene Patienten betreuen
Botengänge (Nichtärztl.)
Röntgenbesprechung
Untersuchungen anmelden
Patienten untersuchen
Blut abnehmen
Notaufnahme
Dienstbeginn
Schichtdienst
Dienstende
Schichtdienst
Studientage
Gar nicht
Gebühren in EUR
700

Noten

Stimmung Station
1
Kontakt zur Pflege
2
Ansehen
1
Stimmung Klinik
1
Unterricht
3
Betreuung
3
Freizeit
2
Lehre auf Station
4
Insgesamt
1

Durchschnitt 1.6