Diagnostik, Poliklinik / Ambulanz / Sprechstunde, OP, Station
Heimatuni
Muenster
Kommentar
Ich hatte eine tolle Zeit in Sittilingi und kann eine Famulatur dort nur wärmstens empfehlen.
Es ist ein wirklich ungewöhnlicher Ort, an dem sehr viel Wert auf Respekt und Freundlichkeit den Patient*innen und allen Mitarbeiter*innen gegenüber gelegt wird, und das spürt man im täglichen Leben und auch in der Lehre.
In dem Krankenhaus wird die Basisversorgung dieser wirklich sehr ländlichen Region durchgeführt, internistische Fälle (im Prinzip alles, auch viele Fiebererkrankungen, Tuberkulose), einfachere chirurgische Eingriffe (viele Hernien-OPs, als Netz werden autoklavierte Malarianetze benutzt :)), und viel viel Geburtshilfe. Dort war ich schwerpunktmäßig unterwegs, wer sich für Geburtshilfe interessiert, ist hier bei im Schnitt 4 Geburten/Tag gut aufgehoben. Besonders möchte ich hervorheben, wie freundlich, fachlich hochkompetent und verantwortungsvoll ich angeleitet wurde, Lehre fand ununterbrochen statt. Ich durfte mich bei Geburten mit einwaschen und im Verlauf wurde mir auch Schritt für Schritt beigebracht, Kind und Plazenta zu entbinden, immer unter enger Aufsicht und ohne die Patientin einem Risiko auszusetzen. Ich glaube, von dieser tollen Art der Lehre und Kommunikation könnte sich so manch ein deutscher Kreißsaal eine große Scheibe abschneiden ;).
Natürlich ist nicht alles leicht anzusehen, aber das gehört dazu und wird im Team gut besprochen und abgefangen.
Man sollte sich im Klaren sein, dass aufgrund von deutlich reduzierten Ressourcen die Arbeit und das zur Verfügung stehende Material nicht im Ansatz mit Deutschland vergleichbar sind. Das Fachwissen dort ist immens, und wenn man sich darauf einlässt, kann man viel darüber lernen, wie Medizin auf ganz andere, sehr nachhaltige Art und Weise umgesetzt werden kann, ein Blickwinkel, der meinen Blick auf Medizin zum Ende meines Studiums noch einmal deutlich verändert hat. Auf gar keinen Fall sollte man die Chance verpassen, von den Krankenschwestern zu lernen, ihre Erfahrung und Kompetenz ist unglaublich, für die meisten Dinge im Kreißsaal brauchen sie eigentlich keinen Arzt ;).
Wenn man wirklich offen für die Lebensweise dort ist, wird das mit einer Warmherzigkeit erwidert, die ich so noch nicht erlebt habe. Ich habe viel über die Kultur gelernt, durfte viele Feste und Feiern mit den Ärzt*innen und Schwestern zuhause miterleben, habe mich einmal durch die tamilische Küche probiert und wirklich gute Freund*innen gefunden!
Noch ein kleiner Fun Fact am Rande: In Sittilingi läuft man in Häusern barfuß, auch im Krankenhaus, also auch auf Station, im Kreißsaal, ... im OP gibt es Schlappen. Ist am Anfang ungewohnt, aber man gewöhnt sich an alles :D Nehmt auf jeden Fall Flipflops oder andere Schlappen mit, keine Turnschuhe für das Krankenhaus, man trägt Alltagskleidung!
Bewerbung
Ich habe mich ca. 9 Monate vorher per Mail bei Ravi, dem Chef des Krankenhauses, als Medical Elective beworben (elective.sittilingi@gmail.com) und bekam nach ein paar Wochen eine Zusage.
Komplizierter war eindeutig die Beantragung des Visums, ich hatte ein Student Visa, das muss man beim Konsulat in Deutschland beantragen und dafür den Reisepass einschicken. Leider geht das erst ab zwei Monate vor geplanter Einreise, bereitet unbedingt (!!!) alles vor und schickt es am ersten möglichen Tag ein, ich habe das gemacht und trotzdem wurde es sehr sehr eng. Ich habe sich von anderen gehört, deren Visum nicht rechtzeitig kam oder einfach abgelehnt wurde.