Für meine letzte Famulatur des Studiums war ich am Vincentius Krankenhaus in der Urologie in Speyer.
Da die nächste medizinische Fakultät (Mannheim) etwas außerhalb ist und das Vincentius eher zu den kleineren Krankenhäusern gehört, sind Famulanten hier seltener. Das führt aber dazu, dass man nicht als selbstverständlich angesehen wird (wie zB an Unikliniken), sondern dass man wirklich gewertschätzt wird.
Im Krankenhaus selbst ist die Stimmung sehr familiär, jeder grüßt jeden, jeder kennt jeden (zumindest wenn man eine Zeit lang dort arbeitet).
Da das Krankenhaus nicht auf Studenten angewiesen ist, ist es sehr flexibel welche Aufgaben man dort übernimmt.
Ein klassischer Tag sah so aus:
Morgens um 6:55 Uhr schnell Dienstkleidung anziehen, dann um 7:00 Uhr zur Frühbesprechung. Die dauert etwa 20 Minuten und es werden die Zugänge / Besonderheiten von der Nacht (Montags vom Wochenende) vorgestellt. Nach der Frühbesprechung gehts dann zur Visite auf die zwei verschiedenen Stationen. Hier konnte ich mir immer frei aussuchen, auf welche Station ich mitgehen möchte. Während Visite wurde dann festgelegt, wer entlassen wird, wer weitere Untersuchungen/Eingriffe bekommt, bei wem Blut abgenommen wird, etc. Nach der Visite um ca 8 Uhr habe ich dann meistens Blut abgenommen und Braunülen gelegt. Blut abgenommen wird in der Klinik eher konservativ, d.h. es waren durchschnittlich nur ~ 4-5 Blutentnahmen pro Tag.
Wenn ich damit fertig war, wurde der Tag dann sehr flexibel. Ich konnte auf Station bleiben & Stationsarbeit mitmachen (u.a. viele Sonos), runter in die Ambulanz gehen oder in den OP. Meist bin ich zwischen 9 und 14 Uhr sehr häufig zwischen den drei Locations selbstständig hin und hergewechselt. Ich hatte ein Diensthandy auf dem ich immer angerufen wurde, wenn ich irgendwo gebraucht wurde. Ansonsten konnte ich mich komplett frei bewegen.
In die Ambulanz kommen prästationäre mit anstehender OP (zur Aufklärung + Untersuchung) und Akutfälle. Teilweise konnte ich hier mit den Patienten schonmal alleine anfangen, ehe ein Arzt dazugekommen ist. Hier auch ruhig immer aktiv die Assistenzärzte fragen ob ihr mal alleine anfangen dürft, wenn gerade nicht mega Zeitdruck ist machen die das gerne. Im OP habe ich sehr viel assistiert, hier hat man auch gemerkt dass man bei dünner Personaldecke die Klinik wirklich unterstützen konnte (die Assistenzärzte hatten so zB mehr Zeit in der Ambulanz oder Station). Wenn mich eine OP interessiert hat konnte ich eigentlich immer an den Tisch dazu kommen. Die OPs gehen von Prostatabiopsien über endoskopisch/urethralen Harnsteinextraktionen oder Blasen/Prostata-Ausschälungen bis hin zu laparoskopischen / offenen / daVinci-Roboter assistierten Nierenentfernungen. Während meiner Zeit waren auch exotische Notfälle wie Harnröhrenabriss und Priapismus dabei, bei beiden OPs durfte ich auch mit assistieren. Häufiger war ich auch bei den Anästhesisten bei der Ein/Ausleitung dabei, auch die sind alle super nett & haben sich über Studierende gefreut.
Um 14 Uhr gibts dann die Mittagsbesprechung, die dauert ca. 30-40 Minuten. Danach darf man eigentlich von der Klinik aus gehen, wenn noch etwas zu tun war bin ich auch manchmal bis 15:30 geblieben. 15:30 Uhr ist die Arbeitszeit, bis zu der planmäßig die Assistenzärzte arbeiten.
Das Arbeitsklima ist entspannt, die Ärzte sind alle sehr nett, hilfsbereit und offen. Natürlich merkt man in stressigen Situationen auch mal die Hierarchien, aber das ist in einer Klinik ja auch in Ordnung. Das Essen in der Mensa ist auch gut, man bekommt jeden Tag ein kostenloses Mittagessen zwischen 11 Uhr und 13:45 Uhr. Konnte ich bis auf 1-2x wo ich im OP war auch immer wahrnehmen.
Allgemein habe ich durch die Famulatur einen guten Einblick in das gesamte Spektrum der Urologie bekommen & konnte einiges lernen (bei mir wars vor allem operatives und Nieren-Sono). Einen Tag war ich auch in der niedergelassenen Gemeinschafts-Praxis des Chefarztes, wenn einen das interessiert kann man da als Klinik-Famulant aufjedenfall auch reinschnuppern.
Ein Tipp: Frag die ersten Tage ruhig direkt nach, wenn du irgendwas nicht verstehst. Da das Vincentius keine Uniklinik ist fällt es denen oft schwer einzuschätzen, was Studierende schon wissen und was nicht. Da habe ich mich anfangs (weil ich nicht so viel nachfragen wollte) zurückgehalten, was aber dazu geführt hat dass ich manche Sachen erst in der zweiten Woche richtig gecheckt habe. Das hätte nicht sein müssen, ruhig von Anfang an richtig erklären lassen, die Ärzte dort erklären das gerne.
Große Besonderheiten bei der Famulatur bzgl Rahmenbedingungen sind wohl die Bezahlung, das freie Essen & theoretisch sogar zwei Urlaubstage die im Vertrag stehen?? Konnts kaum glauben, aber damit hatte ich mich nicht weiter beschäftigt, - ich geh aber davon aus, dass man die sich wirklich hätte nehmen können. Ich habe einen Tag wegen einem wichtigen Termin gefehlt, das war kein Problem gewesen. Hatte ich aber nicht als offiziellen Urlaubstag deklariert.
Und zu guter letzt habe ich sogar ein Abschiedsgeschenk von den Assistenzärzten der Uro bekommen! Das war wirklich super nett, die Wertschätzung gegenüber Famulanten habe ich also wirklich sehr gemerkt.
Bewerbung
2 Monate vorher, wäre aber wahrscheinlich auch noch kurzfristiger gegangen.
