Ich habe mich über den BVMD auf eine Auslandsfamulatur in Krakau beworben und wurde dann von der Lokalvertretung der IFMSA Polen, Krakow Poludniu, also der Privatuni Akademia Krakowska dem Wojskowy Szpital, also dem Militärkrankenhaus zugewiesen. Im Folgenden findet ihr den detailierten Bericht, den ich an den BVMD gesendet habe.
Meine Motivation: Ich wollte während des Auslandsaufenthalt die Stadt Krakau besser kennen lernen und meine Polnischkenntnisse
verbessern. Meine Mutter kommt aus Polen, daheim sprechen wir jedoch nur Deutsch. Inzwischen spreche ich die
Sprache nach dem Austausch schon deutlich besser, wobei ich merke, wie wichtig es ist bei fremdsprachen
kontinuierlich am Ball zu bleiben. Des Weiteren hat mich die Arbeit als Arzt in Polen interessiert. Ich habe
während meines Erasmusstudiums in Italien viele polnische Studenten kennengelernt und wollte mir selber ein
Bild von der medizinischen Ausbildung in Polen machen, da ich vor dem Wissens- und Könnensstand der
polnischen Studenten in Italien positiv überrascht war.
Meine Vorbereitung: Ich habe im Rahmen meiner sprachlichen Vorbereitung an zwei Summer Schools teilgenommen. Die
NAWA, das polnische Äquivalent zum DAAD bietet drei- bis vierwöchige Sprachkurse an verschiedenen
Universitäten im Land an. Ich war in Lublin an der UMCS und in Posen an der UAM. Die Kurse wurden
vollständig durch die NAWA finanziert, somit war Kost und Logis sowie Ausflüge am Wochenende und
natürlich der Sprachkurs an sich kostenlos. Ein weiterer Geheimtipp zum Polnisch lernen sind die
GoEast Summer Schools des DAAD. Auch hier wird ein Sprachaufenthalt in Polen fast vollständig
finanziert. Fachlich habe ich mich nicht besonders auf das Praktikum vorbereitet. Das war auch nicht
notwendig, da die Ärzte kein besonderes Vorwissen verlangt haben. Grundlegende Anatomiekenntnisse
schaden bei einem chirurgischen Praktikum aber natürlich auch nicht. So wurde ich einmal während
einer Hernien-OP gefragt, ob die Arteria femoralis lateral oder medial der Vena femoralis verläuft. Ich
bin mir sicher, dass jeder Drittsemesterstudent besser antworten hätte können als ich.
Visum: Da Polen im Schengenraum liegt, ist für deutsche Staatsbürger kein Visum notwendig.
Gesundheit: Es sind keine wesentliche Vorbereitungen diesbezüglich notwenig. Im Bewerbungsverfahren wurde
lediglich der Impfpass benötigt. Die Krankheitsbilder der polnischen Patienten sind denen in
Deutschland sehr ähnlich.
Sicherheit: Die Sicherheitslage ist der Deutschlands ähnlich. Ich habe auch nichts von vermehrtem
Taschendiebstahl mitbekommen. Aber natürlich handelt es sich bei Krakau um eine Großstadt und gerade im Zentrum sollte man die gebotene Vorsicht walten lassen.
Geld: In Polen wird mit Zlote bezahlt. Die Preise sind tendenziell günstiger als in Deutschland. Die
Umrechnung beträgt Stand September 2023 circa 1 Euro auf 4,5 Zlote. Ein günstiges Bier, halber Liter,
kostet circa 8 Zlote. Günstiges Mittagessen findet man in den Bar Mleczny. Hier kostet eine Portion
Pierogi circa 12 Zlote. Das ist wirklich unschlagbar günstig. In den restlichen Restaurants zahlt man
deutsche Preise. Teilweise kann man auch mit Euro zahlen, jedoch mit einer Wechselgebühr. Daher
empfiehlt es sich sein Geld zu wechseln, beziehungsweise Zlote bar abzuheben. Ich habe eine
Kreditkarte der ApoBank, mit der ich kostenlos Geld im Ausland abheben konnte. Daher habe ich
meistens bar bezahlt. Bei Kartenzahlung hätte ich eine kleine Wechselgebühr zahlen müssen, aber in
der Regel kann man überall in Polen problemlos mit der Karte zahlen.
Sprache: Ich hatte zu Beginn des Auslandaufenthalt ungefähr das B1 Niveau auf Polnisch. Ich konnte mich im
Alltag über normale Themen unterhalten, wenn das Vokabular nicht zu spezifisch war. In der Klinik ist
die polnische Fachterminologie gebräuchlich, wobei immer mehr Anglizismen Einzug halten. Latein hilft
nicht viel weiter. Alle anatomischen Strukturen haben polnische Namen, die so in der Klinik auch
verwendet werden. Als Student lernt man in Polen allerdings auch die lateinische Bezeichnung, sodass
man auch mit dem lateinischen Begriff nachfragen kann, sollte es Unklarheiten geben. Manche Ärzte
sprechen auch sehr gut Englisch, vor allem wenn sie einen längeren Auslandsaufenthalt hinter sich
haben oder auf Englisch lehren. Das trifft allerdings nicht auf alle Ärzte zu und man merkt, dass sich
einige Kollegen schwer tun mit der Fremdsprache und nur widerwillig Englisch reden. Die
Krankenschwestern vor allem die ältere Generation spricht prinzipiell kein Englisch, höchstens ein wenig
Russisch. Außerdem konnte ich mich auch auf Italienisch unterhalten, da ein plastischer Chirurg aus
Neapel kam, was vermutlich jedoch eine Ausnahme darstellt.
Verkehrsverbindungen: Krakau verfügt über einen eigenen internationalen Flughafen, der unter anderem von Ryan Air bedient
wird. Außerdem gibt es ein gut ausgebautes Netz aus öffentlichen Verkehrsmitteln. Mit der ISIC
Studentenkarte hat man hier auch einen Rabatt. Die Tickets kosten als Student zwischen 2 und 3 Zlote
für eine einfache Fahrt mit einer Gültigkeitsdauer von 60 Minuten. Mit dem Zug zu reisen ist auch
vergleichsweise günstig. Mit PKP können alle großen polnische Städte erreicht werden. Es gibt auch
eine direkte Verbindung von und nach Berlin. Leider kann man allerdings nicht vom 51%
Studentenrabatt Gebrauch machen, da man dafür an einer polnischen Uni immatrikuliert sein müsste.
Ansonsten findet man auch mit dem DB Navigator viele Verbindungen, denn in Polen gibt es viele
verschiedene lokale Zuganbieter, die jeweils ihre eigene App haben und nicht die Verbindungen der
Konkurrenz anzeigen. Somit lohnt es sich für kurze Strecken, wie zum Beispiel nach Ausschwitz,
Oswiecim, den DB Navigator für die Verbindungssuche zu benutzen und das Ticket dann am Bahnhof
zu kaufen.
Kommunikation: Ich habe mir eine SIM Karte von Orange gekauft. Die Preise sind deutlich günstiger als in Deutschland
und man hat überall eine gute Verbindung. Man kann SIM Karten in jedem größeren Shoppingcenter
kaufen und benötigt in der Regel zur Aktivierung nur einen Reisepass bzw. Personalausweis.
Unterkunft: Wir wurden von der Lokalvertretung für drei Wochen in ein Hotel auf dem Gelände der Universität
untergebracht. Leider war die Organisation der LV Krakow Poludniu sehr chaotisch. Mir war nicht
bewusst, dass es in Krakau zwei LVs gibt und ich nicht an der Jagellonian Uni bin, sondern an der
Akademia Krakowska, einer Privatuni. Die LV ist recht klein und ich möchte niemandem persönlich die
Schuld für die missglückte Organisation geben. Es war am Anfang nicht klar, wie lange das Praktikum
dauern wird. Ich bin von vier Wochen ausgegangen. Am Ende waren es nur zwei. Es war auch nicht
klar, in welchem Krankenhaus die Famulatur stattfindet. Mir wurde auf meiner Acceptance-Card das
Krankenhaus Zeromskiego mitgeteilt. Am Ende war ich allerdings im Militärkrankenhaus, Szpital
Wojskowy. Für die letzte Woche im September war keine Unterkunft organisiert. Wir mussten das Hotel
verlassen, da eine Konferenz statt fand und unsere Zimmer daher belegt wurden. Daher habe ich auf
eigene Faust mit einem Kollegen aus Griechenland ein AirBnB gebucht. Das Hotel an sich war
gemütlich. Ich habe mir mein Zimmer mit einem Medizinstudenten aus Japan geteilt. Im Keller gab es
eine Küche, die man zum Frühstücken benutzen konnte.
Literatur: Ich kenne keine polnische Fachliteratur. Zum Polnischlernen kann ich allerdings „czytamy w oryginale“
empfehlen. Dabei handelt es sich um zweisprachige Romane auf polnisch und englisch für Polen zum
Englischlernen. Auf der linken Seite steht der englische Text und auf der rechten Seite die polnische
Übersetzung. Ich habe diese Bücher des Verlags 44.pl zum Polnischlernen benutzt, da ich
denenglischen Text gut verstanden habe und mir somit den Sinn der polnischen Übersetzung
erschließen konnte.
Mitzunehmen: Ich würde neben dem normalen Reiseequipment für einen Monat typisch deutsche Produkte
mitnehmen. Es wurde von unserer LV ein internationaler Abend organisiert, auf der jeder Student
typische Produkte aus seinem Land vorgestellt hat. Ansonsten findet man alles Übliche auch in den
Supermärkten oder Malls, sollte man etwas daheim vergessen haben.
Reise und Ankuft: Ich befand mich zu Beginn des Praktikums bereits für mehrere Monate in Polen und bin daher nicht
direkt aus Deutschland angereist. Zum Hotel bin ich selber mit der Tram gefahren und wurde dort von
der Rezeptionistin empfangen. Auf Grund der fehlenden Kommunikation wusste ich nicht, dass ich die
erste Woche frei habe, ansonsten hätte ich mir selbst Programm organisiert. Von der LV wurde am
zweiten Tag lediglich eine Stadtführung angeboten. Ansonsten waren wir 7 internationale Studenten
auf uns alleine gestellt. Im Krankenhaus habe ich mich daher erst eine Woche später vorgestellt. Der
Chefarzt der Allgemeinchirurgie hat uns dabei empfangen. Er ist sehr sympathisch und spricht gutes
Englisch. Am ersten Tag im Krankenhaus mussten wir noch einiges an Papierkram erledigen, wie etwas
Verschwiegenheitserklärungen, etc. Wobei wir dabei Hilfe von einer polnischen Studenten bekamen, da
alle Dokumente auf polnisch waren.
Tätigkeitsbeschreibung: Ich war die meiste Zeit während meines Praktikums im OP. Dabei durfte ich mich gelegtnlich auch slerb
waschen und steril einkleiden und am Tisch assistieren. Im Szpital Wojskowy wurden typische
allgemeinchirurgische Eingriffe vorgenommen. Dabei handelte es sich um Hernien-OPs,
Cholecystotomien und viele Tumorresektionen. Die onkologische Chirurgie ist in Polen eine eigene
Weiterbildung und wurde auch durch die Klinik abgedeckt, in der ich famuliert habe. Dadurch habe ich
viele Melanom-OPs, Brust-OPs und Rektumresektionen gesehen. Die Hygienestandarts sind sehr hoch,
fast noch höher als in Deutschland. Die Operationstechniken sind den deutschen auch sehr ähnlich. Es
wird viel laparoskopisch operiert. Ich konnte auch in die chirurgische Ambulanz und dort kleine
Hautresektionen selber durchführen und Patienten körperlich untersuchen. Auf Station war sehr selten.
Das Praktikum ist sehr flexibel. Ich konnte gehen, wann ich mochte. Es war dem Chefarzt jedoch
wichtig, dass wir püntklich um 7.30 Uhr zur Frühbesprechung anwesend sind. Diese findet auch
polnisch statt und ich hatte Probleme etwas zu verstehen. Es wurde leider auch nicht übersetzt. Wenn
man die Fachbateilung wechseln möchte geht das in der Regel ohne Probleme. Ein Kommilitone aus
Slowenien wollte ursprünglich in die Orthopädie, wurde dann der Allgemeinchirurgie zugeteilt, konnte
schlussendlich jedoch trotzdem für eine Woche in die Orthopädie rotieren. Man hat keinerlei
Arbeitsverpflichtungen, wie Blutabnehmen, Befunde anfordern, etc. Das machen hier die
Krankenschwestern, beziehungsweise die Lekarz stazysta, in Deutschland würde das den ehemaligen
AiPlern entsprechen.
Land und Leute: Krakau ist eine historische Stadt mit vielen Sehenswürdigkeiten. Selbst mit einem ganzen Monat habe
ich es nicht geschafft den Großteil der Museen zu besuchen. Es gibt ein sehr breit gefächertes
Kulturangebot, das häufig auch kostenlos ist. So gibt es oft kostenfreie Open-Air-Kino Veranstaltungen
oder Konzerte. Jeden Tag bietet ein anderes Krakauer Museum einen kostenlosen Eintritt an, sodass
man bei guter Organisation sehr günstig ein breites Kulturangebot wahrnehmen kann. Empfehlenswert
ist eine Besuch in der ehemaligen Oskar-Schindler-Fabrik, Kazimerz, dem jüdischen Viertel, dem Rynek,
dem zentralen Marktplatz mit Tuchhalle, den verschiedenen Hügeln rund um Krakau mit zwei sehr
schönen Baggerseen, dem Zalew Zakrzowek und dem Zalew Bagry. Mit dem Zug sind berühmte
Reiseziele, wie die Mine von Wieliczka und das Konzentrationslager Ausschwitz-Birkenau nicht weit entfernt. Die Polen sind ein sehr offenes Volk. Ich habe schnell neue Bekanntschaften geschlossen. Das Essen ist sehr kalorienlastig und typisch für die osteuropäische Küche. Es gibt Teigtaschen, die Pierogi,
saure Gurken und viele verschiedene Suppen. Typisch für Krakau sind die Obwarzanki, ein Brotring,
den man in der ganzen Stadt als Snack bei Straßenhändlern kaufen kann. Ansonsten gibt es auch ein
großes Angebot an internationalen Küchen in Krakau, wobei ich hier besonders die georgischen
Restaurants mit Khinkali und Chachapuri, wie auch die japanischen Ramen-Häuser empfehlen kann.
Fazit: Meine Erwartungen wurden teilweise erfüllt. Leider hat die LV den Austausch nicht gut organisiert. Für
mich persönlich war das kein großes Problem, da ich recht selbstständig bin und auch keine größeren
Sprachbarrieren hatte. Meine internationalen Kollegen waren leider auch ein wenig enttäuscht von der
lokalen Organisation. Wobei ich nur von Krakau Poludniu, also Krakau Süd, der Akademia Krakowska
reden kann. Wie es an der UJ in Krakau ist, weiß ich nicht. Fachlich war die Famulatur spannend, auch
auch sonst habe ich den Urlaub genossen.
Bewerbung
halbes Jahr im Vorraus über den BVMD
Unterricht
Kein Unterricht
Tätigkeiten
Mitoperieren
Dienstbeginn
7:00 bis 8:00 Uhr
Dienstende
Vor 15:00 Uhr
Studientage
Gar nicht
Tätigkeiten
Essen frei / billiger Unterkunft gestellt
Noten
Stimmung Station
1
Kontakt zur Pflege
1
Ansehen
1
Stimmung Klinik
1
Unterricht
1
Betreuung
1
Freizeit
1
Lehre auf Station
1
Insgesamt
1
Durchschnitt 1
Hat Dir dieser Bericht weitergeholfen? Erzähle uns später auch von Deinen Erfahrungen!