Ich habe die Famulatur im Libanon über den bvmd organisiert und hänge hier meinen ausführlichen Erfahrungsbericht an:
Motivation: Ich wollte medizinische Erfahrungen in einem arabischsprachigen Schwellenland machen und hierbei auch exotischere Krankheitsbilder sehen. Daher habe ich mich für ein Praktikum in Beirut in der Infektiologie entschieden. Auch hat mich interessiert, wie die medizinische Versorgung in einem Krisengebiet unter Ressourcenarmut aussieht. Diesbezüglich wurde ich insoweit enttäuscht, als das die medizinische Versorgung im American University of Beirut Hospital mindestens dem deutschen Standart gleicht, wenn nicht sogar dürber liegt.
Vorbereitung: Ich habe an der Universität einen Arabischkurs besucht und das Interesse an der Sprache und der arabischen Kultur im Allgemeinen war ein großer Faktor, der mich motiviert hat, mich im Nahen Osten zu bewerben. Durch die vielen arabischen Immigraten in Deutschland hatte ich bereits erste Berührungspunkte mit der arabischen Sprache und Kultur dank syrischer Kommilitonen. Trotzdem wollte ich mir ein Bild vor Ort machen. Des Weiteren habe ich mich über die Homepage des Auswärtigen Amtes über die aktuellen Reisewarnungen in den Libanon auf dem Laufenden gehalten und schon früh Kontakt mit den contact persons nach der Annahme meiner Bewerbung aufgenommen. Diese haben alle meine Fragen bezüglich der Sicherheitslage ausreichend beantwortet und damit mich, wie auch meine Familie beruhigt.
Visum: Als deutscher Staatsbürger ist ein gültiger deutscher Reisepass für die Einreise in den Libanon Pflicht. Vor Ort am Flughafen habe ich für einen Monat ein kostenlosens Touristenvisum bekommen. Dabei musste ich meinen Reisegrund, wobei ich einfach nur „Tourismus“ sagte, und die Adresse meiner Unterkunft, angeben.
Gesundheit: Ich bin zu einer reisemedizinischen Vorsorgeuntersuchung gegangen und wurde gegen Typhus und Meningokokken ACWY geimpft. Die Kosten wurde durch die gestzliche Krankenkasse übernommen, da es sich um eine Reise im Rahmen meiner Ausbildung handelt.
Sicherheit: Das Auswärtige Amt beschreibt die aktuelle Situation wie folgt: „Vor Reisen nach Libanon wird gewarnt.
Deutsche Staatsangehörige werden aufgefordert, Libanon zu verlassen.
Sicherheitslage
Die Sicherheitslage in der Region ist hoch volatil; es kommt derzeit immer wieder zu militärischen Auseinandersetzungen im Grenzgebiet zwischen Libanon und Israel, die jederzeit weiter eskalieren können. Nachdem die palästinensische Hamas am 7. Oktober 2023 einen Großangriff auf Israel gestartet hat, wurden seit dem 8. Oktober 2023 auch von libanesischem Gebiet durch Hisbollah und andere bewaffnete Gruppen unter anderem Mörsergranaten, Panzerabwehrwaffen und Raketen auf Israel verschossen. Das israelische Militär reagiert hierauf mit Gegenschlägen und teilt mit, dass man alle Bewegungen in einem Abstand von bis zu 3 km von der „Blue Line“ (also der de-facto-Grenze zwischen Libanon und Israel) als Ziele betrachte.
Eine weitere Verschärfung der Lage und Ausweitung des Konflikts kann, insbesondere angesichts der Tötung des stellvertretenden Vorsitzenden des Politbüros der Hamas, Saleh Al-Arouri, im Raum Beirut am 2. Januar 2024, nicht ausgeschlossen werden. Dies gilt vor allem für die südlichen Teile des Libanon bis einschließlich der südlichen Stadtgebiete Beiruts.
Im Zusammenhang mit den Spannungen in der Region muss zudem mit Demonstrationen und Protestkundgebungen gerechnet werden. Im Umfeld solcher Aktionen kann es zu Ausschreitungen kommen.“
Ich habe mich selbst nur in Beirut und im nördlichen Libanon aufgehalten. Sehr kritisch ist die Lage im Süden Libanons und in Dahiye, einem Vorort Beiruts. Alle libanesische Studenten haben mir ausdrücklich empfohlen, diese Gegenden zu meiden.
Ich habe mich tagsüber und nachts in Begleitung der libanesischen contact persons stets sicher gefühlt. Es gibt Militärpräsenz in Beirut und auch auf den außerstädtischen Straßen.Trotzdem soll das nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Lage im Allgemeinen unvorhersehbar bleibt. Einige Libanesen tragen eine eigene Schusswaffe und die Polizei sei laut Erfahrungsberichten anderer Studenten nicht immer in der Lage zum Beispiel bei Diebstahl adäquat zu ermitteln. Darüberhinaus gibt es auch Clankriminalität.
Die Sicherheitslage auf dem Unicampus und der Klinik ist sehr gut, da das Gelände bewacht wird und man am Eigang rigoros kontrolliert wird. Ein Betreten ohne Besucherausweis ist nicht möglich. Auch das Studentenviertel „Hamra“, in dem ich untergebracht war, gilt als sicher.
Als blonder Europäer läuft man Gefahr, Opfer von Betrug zu werden. Gerade ohne ausreichende Arabischkenntnisse werden teilweise höhere Preise verlagt.
Außerdem sollte man generelle Vorsichtsmaßnahmen beachten und seine Wertgegenstände sicher aufbewahren und auf den Staßen auf seine Taschen aufzupassen, um nicht Opfer von Taschendiebstahl zu werden. Man soll diese unterwegs stets auf der Häuserseite und nicht Straßenseite tragen, damit diese nicht von vorbeifahrenden Motorradfahrer geruabt werden können.
Geld: Das Land befindet sich in einer schweren Wirtschaftskrise und es kam in den letzten Jahren zu einer sehr starken Inflation. Dadurch wurde der US-Dollar neben dem libanesichen Pfund zweites Zahlungsmittel. Ein US-Dollar entpricht im März 2024 etwa 90000 libaneischen Pfund. Die Preise im Supermarkt sind vergleichbar mit denen in Deutschland, allein das Obst und Gemüse ist günstiger. Beim Essen auswärts gibt es teils große Preisunterschiede. So kann ein Kaffee 30000 libanesische Pfund, also etwa 30 cent kosten, aber auch 8 Dollar, je nachdem, in welches Lokal man geht, erschwerend kommt hinzu, dass die Preise oft nicht angeschrieben werden, da es durch die hohe Inflation sehr häufig zu Preiserhöhungen kam. Für ein Falafel- oder Schawarma-Wrab sollte man 300000 bis 400000 libanesische Pfund veranschlagen. Libanon gilt auch als Schweiz des Nahen Ostens, was bedeutet, dass teilweise mit hohen Preisen gerechnet werden muss. So habe ich beispielsweise in einem Club für zwei alkoholische Drinks 24 Dollar bezahlt. Deutlich günstiger im Vergleich zu Deutschland sind beispielsweise die Taxifahrten. Hier sollte man pro Fahrt zwischen 2 und 5 Dollar veranschlagen. Auch die Mieten außerhalb Beiruts sind günstig, teilweise nur 30 Dollar pro Monat für eine Wohunung auf dem Land. In Beirut selbest zahlt man allerdings etwa 300 Dollar für eine Wohnung. Man zahlt in der Regel bar. Es ist keine Kartenzahlung möglich. Geld kann man bei zahlreichen Wechselstuben wechseln, wobei es sich lohnt die aktuellen Währungsumrechnungen auf lirarate.org zu vergleichen. Ich konnte mit meiner Kreditkarte US-Dollar an einem Automaten der Med Bank abheben, wobei ich pro 100 Dollar Abhebung 5 Dollar Gebühr bezahlt habe. Daher empfiehlt es sich, direkt genug Bargeld mit in das Land zu nehmen.
Sprache: Im Libanon wird levantinisches Arabisch mit einem lokalen Dialekt gesprochen. Es finden sich Lehnwörter aus dem Französichen. Die meisten Studenten und höher Gebildeten sprechen Englisch und Französisch auf teils sehr hohem Niveau. Im Krankenhaus wurde unter den Ärzten und mit den Studenten nur Englisch und mit den Patienten Arabisch gesprochen. Ich habe an der Universität zwei Arabischkurse zur Vorbereitung auf die Famulatur belegt, allerdings wurde dort das ‚Fusha‘, also das Schriftarabische gelehrt, was im Alltag so kaum verwendet wird. In Beirut wird oft die lateinische Schrift verwendet, sogar für arabische Wörter. Das ist ebensfalls in Messanger, wie WhatsApp üblich. In ländlicheren Gebieten wird vorwiegend die arabische Schrift, inlusive der arabischen Zahlen bevorzugt.
Verkehrsverbindungen: Die gängige Art in den Libanon aus Europa einzureisen ist per Flugzeug. Es gibt einen großen internationalen Flughafen in Beirut und eine libanesische Fluggesellschaft, MEA, Middle East Airways, die die großen Flughäfen in Europa, wie etwa auch Frankfurt regelmäßig ansteuert. Ich bin mit Pegasus Airlines von Stuttgart über Istanbul nach Beirut hin- und zurückgeflogen. Die Kosten dafür liegen bei etwa 200 Euro pro Flug. Eine Einreise über Land durch Syrien oder vom Süden über Israel scheint momentan problematisch. Im Libanon selber gibt es Busverbindungen, die die großen Städte miteinander verbinden. So kostet eine Busfahrt von Beirut nach Tripoli etwa 4 Dollar. Innerhalb von Beiruts sind Taxis die verbreitetesten Verkehrsmittel, für eine Taxifahrt sollte man zwischen 2 und 8 Dollar veranschlagen, wobei ich meistens über Uber gebucht habe, um einen überteuerten Preis zu verhindern, meine libanesischen Freunde konnten allerdings deutlich günstigere Preise direkt mit dem Fahrer verhandeln. Ansonsten gibt es keinen öffentlichen Nahverkehr, wie etwa Züge und das Auto bleibt das einzige Fortbewegungsmittel. Kurze Distanzen, wie etwa vom Wohnheim zum Krankenhaus kann man auch laufen. Eine Fahrradinfrastruktur existiert nicht.
Kommunikation: Dank meiner libanesischen Ansprechpartnerin konnte ich mir am ersten Tag eine libanesische SIM-Karte des Anbieters ALFA ausleihen. Auf diese habe ich 20 Dollar aufgeladen, womit ich 20 GB Internet hatte. Anrufe und SMS waren kostenlos. Auf dem Unigelände hat man Eduroam und in dem Studentenwohnheim kostenloses WLAN. Bei der Ankunft am Flughafen hat man 30 Minuten kostenlos Internet, um seine Abholung zu organisieren.
Unterkunft: Ich hatte für 4 Wochen ein Zimmer im Studentenwohnheim „Luna’s Village“. Ich habe mir Bad und Küche mit einem Mitbewohner geteilt. Mein Zimmer war etwa 16 m^2 groß und mit Bett, Schrank, Couch und Schreibtisch ausgestattet. Ich hatte einen eigenen Balkon. Das Wohnheim liegt in Hamra etwa 20 Gehminuten vom AUB Hospital entfernt. Es hat ein eigenen Fitnessraum, ein eigenes veganes Restaurant mit Bar, in der man Karaoke singen, Billard, Playstation, Gitarre, Tischkicker oder verschiedene Brettspiele spielen kann, eine Dachterrasse und einen Garten, in dem man Shisha rauchen kann. Es leben während des Semesters hauptsächlich Libanesen, aber auch andere internationale Studenten in dem Gebäude. Im Sommer während der Semesterferien wird das Wohnheim durch LEMSIC, also dem libanesischen bvmd-Pendant, für die Incomings belegt. Die Bar ist jeden Tag gut besucht und am Wochenende finden Partys und Karaokeabende statt. Das Zimmer wurde ein Mal die Woche geputzt und das Bett neu bezogen. Die Atmosphäre in dem Wohnheim ist entspannt und es herrscht eine offene Mentalität, dadurch ist es auch als Treffpunkt für Homosexuelle bekannt.
Literatur: Ich habe mich zu meinem Aufenthalt auf den Websites des Auswärtigen Amtes und der Homepage der Uniklinik informiert. Im Krankenhaus wird als Nachschlagewerk vor allem UpToDate, von den Studenten allerdings auch die englischsprachige Ambossversion benutzt. Es gibt eine Universitätsbibliothek direkt neben dem Krankenhaus, in die die libanesischen Studenten häufig in der Mittagspause gehen, um zu den Krankenheiten der am Vormittag gesehen Patienten zu recherchieren.
Mitzunehmen: Ich habe normales Reisegepäck und Kleidung für warme, wie auch kalte Temperaturen mitgenommen. Gerade im März bietet es sich an, warme Kleidung und Regenschutz mitzunehmen, da es gerade in den Bergen kalt ist und Schnee liegt. Außerdem sollte man einen Kittel mitnehmen und keinen Kasak. Diese werden nur im OP und auf der Intensivstation getragen. Die Ärzte tragen elegante Alltagskleidung, wie etwa ein Hemd und darüber einen weißen Kittel. Auf mein Stethoskop hätte ich verzichten können, ich auch dieses auch von meinen Kollegen ausleihen konnte, die wenigen Male, in denen ich einen Patienten auskultiert habe. Ein Handtuch wird vom Wohnheim nicht gestellt, das sollte man selber mitnehmen. Außerdem bietet es sich an Schwimmsachen für gutes Wetter und das kostenlose Unischwimmbad mitzunehmen. Sportkleidung kann auch nützlich sein, wenn man den Fitnessraum des Wohnheimes oder das kostenlose Fitnessstudio der Universität nutzen möchte.
Reise und Ankunft: Ich bin mit dem Flieger mit einem Umstieg in Istanbul von Stuttgart aus angereist. Am Flughafen wurde ich von einer libanesischen Studentin mit dem Auto abgeholt, die mir als contact person bei Fragen zur Seite stand. Ich bin an einem Samstag angereist und mein Praktikum begann an dem folgenden Dienstag, nachdem ich am Montag einen Besucherausweis an der Universität ausgestellt bekommen habe. Dazu sind keine Dokumente erforderlich. Es wird vor Ort ein Foto gemacht. Monate im Vorraus habe ich bereits online einen Bewerbungsbogen für die AUB eingeschickt, die damit auch meine Personalien hatten. Ich wurde an meinem ersten Praktikumstag einer Assistenzärztin zugeteilt, mit der ich die folgenden vier Wochen verbracht habe.
Tätigkeitsbeschreibung und fachliche Eindrücke: Ich habe mein Praktikum in der Abteilung für Infektiologie absolviert. Dort gibt es verschiedene Teams im stationären Bereich, die infektiologische Konsile bearbeiten, wie auch ein Ambulatorium für ambulante Patienten. Eine eigene infektiologische Station habe ich nicht gesehen. Ein Infektio-Team besteht aus einem Oberarzt, einem Assistenzarzt und ein bis zwei Studenten. Das Team deckt dann verschiedene Stationen, wie etwa die Intensivstation, die pulmologische Station oder chirurgische stationen ab und bearbeitet mit den Stationsärzten die infektiologische Patienten. Dabei ist eines der Hauptaufgabengebiete das Antibiotic Stewardship. Hauptaufgabe ist die Begleitung der antibiotischen Therapie. Das Krankheitsspektrum ähnelt dem in Deutschland sehr. Es werden hauptsächlich ältere Patienten mit Pneumonie, Harnwegsinfekten, und Sepsis behandelt. Auch die Krankheitserreger decken sich hauptsächlich mit denen in Deutschland. So waren die viralen Pneumonien häufig durch Covid, Influenza oder RSV verursacht, die bakteriellen Pneumonien durch Pneumokokken, die Harnwegsinfekte durch Gram-negative Erreger und auch multiresistente Erreger bei nosokomial erworbenen Infektionen haben eine große Rolle gespielt. Das fachliche Niveau gleicht dem deutschen. Es wird moderne Technik verwendet und es gibt jede denkbare Infrastruktur, von Da-Vinci-Roboter über PET-CT bis hin zu Unterdruckbehandlungsräume für isolierte Patienten. Therapeutisch stehen alle gängigen medikamentöse Therapien zu Verfügung, sollte es nicht zu Lieferengpässen kommen. Das kam gerade bei sehr günstigen Antibiotika vor, da die Pharmaunternehmen mit diesen keine große Gewinnmarge haben und sich der Import in den Libanon daher finanziell nicht lohnt. Daher müssen die Patienten die Medikamente in diesem Fall selbst organisieren. Mein Praktikumstag ging in der Regel um zehn Uhr mit der Visite los. Es wurden pro Visite in der Regel um die 20 Patientenfälle besprochen. Zunächst fand eine Kurvenvisite am Computer statt. Diese war auf Englisch. Somit konnte ich mein englisches Fachvokabular deutlich verbessern. Nach etwa zwei Stunden wurden die Patienten visitiert. Dabei fiehl auf, dass mindestens zwei bis drei Angehörige sich in den Patientenzimmern um den Kranken kümmerten, manchmal auch deutlich mehr Personen. Selbst bei isolierten Patienten waren ständig Angehörige zugegen. Auffällig war, dass nebem dem medizinischen Verlauf auch hin und wieder nach den Kosten der Therapie gefragt wurde, da diese durch die Patienten beziehungsweise durch die Angehörigen beglichen werden musste. Bei Weitem nicht alle Libanesen verfügen über eine Krankenversicherung und das AUB gehört mitunter zu den teuersten Krankenhäusern im ganzen Land. Somit konnten sich auch nur die Wohlhabenden einen Aufenthalt dort leisten. Der gute Ruf des Krankenhaus führte auch dazu, dass sich reiche Patienten aus weiteren arabischen Staaten in der Klinik behandeln ließen, wie etwa Iraqer oder Palästinenser. Nach der Visite stand jeden Dienstag um 12 Uhr eine Mittagsfortbildung an. Die Themen waren sehr divers. Mein Höhepunkt war ein Vortrag des britisch-palästinensischen plastischen Chirurgen Prof. Dr. Ghassan Abu-Sittah über die chirurgische Versorgung der Kriegsopfer aus dem Gaza-Streifen. Ansonsten fanden in regelmäßigen Abständen auch rein infektiologische Weiterbildungen statt, deren Highlight für mich ein Besuch des mikrobiologischen Labors mit einer Präsentation der letzten seltenen und anspruchsvollen diagnostischen Fällen war. Nach meiner Mittagspause gegen 13 bis 14 Uhr durfte ich manchmal schon direkt nach Hause gehen und blieb selten bis 16 oder 17 Uhr, wenn es noch weitere Patientenfälle zu besprechen gab. Ich habe in meinen vier Wochen selber nur zwei Patientenfälle aufgenommen mit der Hilfe einer arabischsprechenden Medizinstudentin. Trotzdem habe ich anhand der Falldiskussionen sehr viel theoretisch gelernt auch ohne direkten Patientenkontakt, den ich nicht sehr vermisst habe. Allerdings sollte man sich klar sein, dass man selber wenig am Patienten arbeitet. Blutabnahmen, Zugang legen etc. wird von den Pflegekräften durchgeführt. Seltene Krankheitsbilder, die ich zu Gesicht bekommen habe war ein Patient mit Echinokkose und einer mit dem Verdacht auf Brucellose. Die medizinisch anspruchsvollsten Fälle waren die Infektionen mit multiresistenten Erregern und septische Patienten auf der Intensivstation.
Land und Leute: Da ich im März zunächst der einzige Austauschstudent im ganzen Libanon war, haben sich dementsprechend viele locals um mich gekümmert. Sie standen mir bei allen Fragen zur Seite und haben Ausflüge für mich organisiert. Ein Highlight war dabei, dass ich von einem libanesischen Arzt, der sich in der LEMSIC engagiert zum Iftar mit seiner Familie eingeladen wurde. Dabei handelt es sich um das abendliche Fastenbrechen im Ramadan. Uns wurde ein großes Festmahl mit arabischen Spezialitäten serviert. Das traditionelle Essen basiert auf Hülsenfrüchten, wie etwa Kichererbsen, Fleisch, vor allem Hühner- und Rindfleisch, Gemüse, das oft eingelegt und fermentiert ist, und gelegentlich Obst, wie Äpfel und Orangen. Fast-food ist populär. Gerade in Beirut finden sich viele Schawarma-, Burger-, Falafel- und Chickenläden. Die Preise für ein Wrab liegen dabei bei 3 bis 5 Euro. Zum Frühstück wird traditionell Manaquish beim Bäcker bestellt, eine Art Pizza, garniert mit Zaatar, libanesischem Thymian und Jubn, Käse. Auch Laban ist sehr beliebt. Diese Art von Joghurt wird mit einen Schuss Olivenöl und Pitabrot gegessen. Eine Besonderheit im Ramadan ist das Sahur, ein Frühstück, das vor Sonnenaufgang gegen drei oder vier Uhr nachts zu sich genommen wird. Dafür gibt es extra Personen, die mit einer Trommel durch die Straßen ziehen, um die Leute zu wecken. Zu den typischen Fleischgerichten zählt neben Schawarma auch Tawouk, gegrillte Hähnchenspieße oder Kibbeh, frittierte Weizengrießbällchen mit Fleischfüllung. Vegetarische Gerichte sind Falafel, Hummus und Fatteh, eine Art Eintopf aus Tahine, Kichererbsen, Zitronensaft und gegrillten Brotchips. Ich kann empfehlen dieses Gericht in einem traditionellen Restaurant zu bestellen, denn häufig gibt es Brot, frische Zwiebeln, Minze und eingelegtes Gemüse als Beilage kostenlos dazu. Der Preis beläuft sich dann trotzdem auf nur vier bis fünf Dollar. Typische Süßspeisen sind Baklava, Knefe, gezuckerter, überbackener Käse und Halawet el Jubn, also mit einer Art Sahne gefüllte Käserollen. Getrunken wird häufig Tee oder Kaffee, und an Süßgetränken, Jalab, einem Sirup, gewonnen aus Datteln, Limonade und Softdrinks, wie Pepsi oder 7Up. Auch türkische Einflüsse finden sich wie etwa Ayran. Man findet im Libanon auch Alkohol. Es gibt sogar einheimischen Wein oder Bier, Alzara. Die Preise im Supermarkt sind vergleichbar zu den deutschen. In einer Bar oder im Club zahlt man jedoch deutlich mehr, so etwa in meinem Fall 5 Dollar für ein 0,33 Bier in einer Bar oder 24 Dollar für zwei Longdrinks in einem Club. Nachts kann man in Beirut gut feiern gehen. Es gibt verschiedene Diskos für diverse Musikrichtungen und auch einige Bars. Ansonsten wird im Libanon sehr viel geraucht. Sei es Zigaretten beim Abendessen, beim Friseur oder beim Autofahren oder Shisha in einer Bar oder einem Cafe mit Freunden auch nach einem ausgelassenen Abendessen wird man häufig auf einen Shishakopf eingeladen. Zigaretten sind im Libanon sehr günstig und so kostet die heimische Marke ‚Cedars‘ etwa 50 cent pro Schachtel. Auch auf den traditionell arabischen Souks, wie etwa in Tripoli kann man Tabak und alles andere Erdenkliche erwerben. Besonders zum Kleidershoppen kann ich diese Souks sehr empfehlen, wobei Arabischkenntnisse vorteilhaft sind, um mit den Händler zu feilschen. Historisch bietet der Libanon eine abwechsluchsreiche Geschichte. Man kann überall im Land reste römischer Bauten bewundern. Hierzu empfehle ich einen Besuch des Nationalmuseums in Beirut, in dem die spektakulärsten Exponate ausgestellt sind. Immerhin befinden sich im Libanon einige der ältesten Städte der Welt. Seine Freizeit kann man des Weiteren am Strand oder auch beim Skifahren in den Bergen verbringen. Skifahren kostet inklusive Miete der Ski etwa 100 Dollar pro Tag. Baden kann man an vielen Stränden, wobei die Strände in Beirut selbst verschmutzt sind und es sich daher anbietet, außerhalb der Stadt schwimmen zu gehen. Die Natur im Hinterland Beiruts ist sehr schön. Ich konnte sie bei einem Ausritt bewundern.
Fazit: Ich bereue trotz der angespannten Sicherheitslage nicht, die Famulatur gemacht zu haben. Die einheimischen Studenten haben mir ein Gefühl der Sicherheit vermittelt und standen mir bei Fragen zur Seite. Medizinisch habe ich nicht viel gesehen, was ich nicht auch in Deutschland gesehen hätte. Wer also auf der Suche nach begrenzten Ressourcen, mangelhafter medizinischer Infrastruktur und den damit einhergehenden Krankheiten und Problematiken ist, wird hier enttäuscht. Trotzdem habe ich fachlich, wie auch kulturell sehr viel neues gelernt und konnte mein Arabisch verbessern. Die Studenten vor Ort haben alles erdenkliche gemacht, um meinen Aufenthalt so angenehm und spannend wie möglich zu gestalten. Ich hoffe, das Land in friedlicheren Zeiten nochmals bereisen zu können und bin dankbar, dass mir der bvmd diese einmalige Erfahrung ermöglicht hat.