Durch Zufall habe ich erfahren, dass man auch im Gefängnis, genauer genommen in der JVA, Famulaturen absolvieren kann, sowohl ambulant, stationär als auch in eine Hausarztfamu. Es gibt zwei Krankenstationen strikt getrennt nach Männer- oder Frauenvollzug mit je einer Bettenstation/Überwachungsstation, Röntgen, Labor, Untersuchungsräumen, Verbandsräumen und Zahnarzträume. Die Tätigkeiten und der Vibe generell entspricht insgesamt einer gut ausgestatteten Hausarztpraxis, es arbeiten Pflege und das ärztliche Team unterschiedlicher Fachrichtungen intensiv miteinander bei der Bettenvisite, in den regulären Sprechstunden, bei den Zugangsuntersuchungen und bei evtl. weiteren Begehungen durch den Gefängniskomplex zusammen.
Anders als „draußen“ besteht eine ärztliche Fürsorgepflicht, dadurch werden alle Inhaftierten engmaschig medizinisch und sozial betreut. Ich habe insbesondere im Bereich Allgemeinmedizin, Suchtmedizin, Orthopädie, Psychiatrie und natürlich in der generellen Organisation des Vollzugs viel dazugelernt
Meine Aufgaben waren hauptsächlich das Mitbetreuen der Sprechstunden, das Erheben von Anamnesen, einfache körperliche Untersuchungen und das Schreiben von Arztbriefen. Auch bei Sonographien, der Substitutionssprechstunde und der Physiotherapie war ich mal mit dabei.
Die meisten Patientenfälle beschränkten sich auf Bagatellverletzungen, Suchtproblematiken oder eher kleineren Dingen, weshalb so wirklich spannende Untersuchungen oder Diagnosen eher selten waren. Auch bestanden die Nachmittage meistens nur noch aus bürokratischen Aufgaben, wo ich nicht wirklich was machen konnte und aus dem Grund meistens schon zur Mittagszeit nach Hause durfte
.
Nichtsdestotrotz hat sich die führende Anstaltsärztin Frau Dr. Dorn sehr viel Mühe gegeben mir vieles zu erklären, durch Anekdoten, Bilder, Patientenfälle und sogar ein kleiner Nahtkurs war mit dabei. Die Medizin im Gefängnis ist spürbar anders als eine normale Arztpraxis, man lernt einen anderen Blickwinkel im Umgang mit Patienten und sozialen Problemen kennen, die man so vielleicht aus normalen Praxen und Kliniken nicht gewöhnt ist, und es war ein sehr spannender Einblick in eine Parallelwelt, von der man sonst wenig mitbekommt. Am Ende habe ich mir das Praktikum als Hausarztfamulatur anrechnen lassen.