Ich habe einen Monat in der Herzchirurgie des Kantonsspitals Luzern verbracht und dabei wertvolle Einblicke in die Arbeit einer kleineren, jedoch vollkommen autonomen Abteilung gewonnen. Die Herzchirurgie arbeitet weitgehend unabhängig von anderen Fachbereichen, was den Chirurgen ermöglicht, sich ausschließlich auf die Operationen und Visiten zu konzentrieren. Die Stationsarbeit hingegen wird von Internisten übernommen, die alle drei Wochen rotieren. Diese Struktur sorgt dafür, dass die chirurgischen Teams von administrativen Aufgaben weitgehend entlastet sind.
Das Team setzt sich zusammen aus einem Chefarzt, drei Oberärzten (darunter eine Oberärztin der Kardiologie, die auch für die Station zuständig ist) sowie zwei Assistenzärzten im 1. und 2. Ausbildungsjahr. Zudem ist eine Assistenzärztin der Kardiologie im Team integriert. Leider wurde dem Thema Lehre seitens der Oberärzte und des Chefarztes wenig Bedeutung beigemessen. Der Fokus lag primär auf den Patienten und den Operationen, wodurch die Vermittlung von Wissen oft vernachlässigt wurde. Ich fühlte mich teilweise übersehen und nicht aktiv in den Arbeitsablauf integriert. In anderen Fachbereichen des Spitals erlebte ich dies deutlich anders: Dort wurde ich stärker ins Team eingebunden und die Lehre spielte eine wesentlich größere Rolle. Positiv hervorzuheben sind jedoch die Assistenzärzte, die mir viel erklärt haben und mich aktiv in ihre Aufgaben einbezogen haben. Insbesondere bei den Bypass-Operationen durfte ich bei der Venenentnahme mithelfen.
Im OP-Saal war die Stimmung eher schroff und der Zugang zum OP-Feld streng geregelt. Während der Operationen hatten in der Regel nur die Oberärzte und maximal ein Assistenzarzt einen Platz am Tisch. Trotz meiner Bemühungen und meines Interesses erhielt ich selten Erklärungen während der OPs und wurde meist nur zu Beginn der Operation kurz einbezogen, bevor ich den Platz für einen Oberarzt räumen musste.
In der Herzchirurgie wird eine hohe Eigenständigkeit erwartet. Es gibt keine festen Aufgaben für die Famulanten, jedoch wird die Teilnahme an Rapports und Visiten vorausgesetzt. Ich hatte die Möglichkeit, selbst zu entscheiden, ob ich im OP assistieren oder auf der Station mit den internistischen Assistenzärzten arbeiten wollte. Eine meiner regelmäßigen Aufgaben bestand darin, die Aufnahmeuntersuchungen neuer Patienten durchzuführen. Zudem durfte ich in der Anästhesie-Ambulanz Untersuchungen für Patienten übernehmen, die im Rahmen des neuen „Same-Day-Surgery“-Programms operiert werden sollten. Dieses Programm sieht vor, dass Patienten, die für den zweiten Operationsslot am Tag vorgesehen sind, erst am Morgen des OP-Tages ins Spital kommen.
Der Tagesablauf war gut strukturiert:
- 7:40 Uhr: Visite auf der Intensivstation (IPS).
- 7:50 Uhr: Morgenrapport im Besprechungszimmer, bei dem alle herzchirurgischen Patienten des Tages sowie Röntgenbilder und Koronarangiographien besprochen wurden.
- 8:00 – 12:00 Uhr: Wahlweise Arbeit auf der Station (z.B. Ziehen von Thoraxdrainagen und Pacing-Kabeln, Patientenuntersuchungen) oder Teilnahme an den Operationen im OP.
- 12:00 – 12:30 Uhr: Mittagspause in einem der drei Restaurants im Klinikum. Das Essen war hochwertig und keineswegs mit einer gewöhnlichen Mensa vergleichbar. Es gibt unter anderem einen Italiener, einen Asiaten und sogar einen Starbucks im Haus. Die Mahlzeiten sind für Mitarbeiter vergünstigt, dennoch kostet ein Essen knapp 9 CHF.
- 15:30 Uhr: Nachmittagsrapport im Radiologie-Präsentationsraum, bei dem die Koronarangiographien der Patienten für den nächsten Tag besprochen wurden.
- 15:45 Uhr: Abschlussvisite auf der Intensivstation, gefolgt von weiteren Aufgaben wie OP-Beteiligung oder Dokumentation von Patientenuntersuchungen.
- 17:00 Uhr: Dienstschluss, gelegentlich auch später. Es ist üblich, dass alle Ärzte mindestens 10 Stunden pro Tag arbeiten, was sich auch in meiner Famulatur widerspiegelte und auch bei den meisten Famulanten von anderen Kliniken so war.
Ein kleiner Spartipp: Ab 14 Uhr sind die übriggebliebenen Speisen im Restaurant als Buffet verfügbar, und man kann sich für einen Pauschalpreis so viel auf den Teller packen, wie man möchte.
Die Herzchirurgie bietet auch regelmäßig Weiterbildungsveranstaltungen an. Besonders hervorzuheben ist ein Workshop mit den Intensivmedizinern zur Anlage einer ECMO sowie das wöchentliche „Learn and Lunch“-Format, bei dem man bei belegten Brötchen und Getränken einen Live-Vortrag von verschiedenen Schweizer Universitäten im Meeting-Raum verfolgen konnte.
Während meiner Famulatur wohnte ich im wohnheimeigenen Zimmer auf dem Klinikgelände. Die Zimmer sind einfach, aber funktional ausgestattet und verfügen über ein eigenes Waschbecken und eine Toilette. Die Küchen und Badezimmer werden gemeinschaftlich genutzt. Besonders praktisch war, dass das Wohnheim nur wenige Minuten Fußweg von der Klinik entfernt liegt, was den morgendlichen Weg zur Arbeit erleichterte.
Zudem erhält man als Famulant einen Zugangsausweis, der auch zur Zeiterfassung dient. Es gibt Stechuhr-Terminals sowohl in der Klinik als auch im Wohnheim, was eine einfache Erfassung der Arbeitszeiten ermöglicht. Man kann online jederzeit einsehen, wie viele Stunden man gearbeitet hat und ob man sich im Plus oder Minus befindet. Diese Zeiterfassung wird zwar nicht streng kontrolliert, dennoch sollte man darauf achten, am Ende des Monats ausgeglichen zu sein.
Man erhält zwei volle und einen halben Urlaubstag pro Monat, die man in Absprache flexibel nehmen kann. Außerdem gibt es ein anteiliges 13. Monatsgehalt, das man entsprechend der Dauer der Famulatur ausgezahlt bekommt.
Positiv hervorzuheben ist auch das Klinikinformationssystem EPIC, womit das Klinikum vollständig digital arbeitet. Jeder Famulant erhält auch eine eigene E-Mail-Adresse und einen Zugang zum System, wodurch man eigenständig Patientenuntersuchungen dokumentieren und auf Patientenakten zugreifen kann. Ich war beeindruckt, wie effizient und geordnet die Prozesse durch die Digitalisierung abliefen.
Insgesamt habe ich viele wertvolle Erfahrungen gesammelt und konnte Einblicke in die speziellen Abläufe einer herzchirurgischen Abteilung gewinnen. Dennoch hätte ich mir eine stärkere Integration in das Team und mehr Lehrinhalte seitens der Oberärzte gewünscht. Die Eigenständigkeit und Flexibilität, die einem als Famulant geboten wird, ist jedoch ein großer Pluspunkt, ebenso wie die Unterstützung durch die Assistenzärzte und die moderne Infrastruktur des Spitals.
Bewerbung
Ich habe mich 2,5 Jahre vorher dafür beworben. Wollte nach Luzern mit zwei Kommilitonen und dann habe ich verschiedene chirurgische Kliniken angefragt. Viele waren schon belegt für den Zeitraum und nur dort wurde ich genommen. Falls man konkrete Wünsche hat, sollte man auf jeden Fall sich früh melden. Hab einfach eine E-Mail mit Lebenslauf an die entsprechenden Sekretariate der einzelnen Kliniken geschickt.