tl;dr: Ich kann von einer Famulatur an dieser Abteilung nur abraten – es sei denn, man hat keinerlei klinische Erfahrung und möchte sehr langsam und vorsichtig in den klinischen Alltag eintauchen, ohne selbst viel zu machen.
Ich habe mich für eine Famulatur an der Kardiologie im AKH entschieden, nachdem ich aus Erfahrungsberichten von KommilitonInnen das Gefühl bekommen habe, dass die Kardiologie dort noch den besten Eindruck macht. Allgemein schienen mir Famulaturen in der Kardiologie eher schwierig zu sein. Um sicher einen Platz zu bekommen, habe ich mich bereits ein Jahr im Voraus beworben und prompt eine Zusage erhalten. Danach herrschte erstmal Funkstille.
Erst drei Tage (!) vor Famulaturbeginn habe ich weitere Infos erhalten, die im Wesentlichen aus einem Termin und der Bitte um einen Impfnachweis bestanden. Am ersten Tag war das Chaos dann perfekt: Vor dem Studierendensekretariat hat sich eine riesige Warteschlange gebildet, weil gefühlt zwei Dutzend Studierende zum gleichen Termin zitiert wurden und immer nur zwei gleichzeitig zur Sekretärin rein durften. Dort hat man dann nur ein Namensschild und einen Zettel für die Wäscheausgabe bekommen und erfahren, auf welcher Station man eingeteilt ist. Bevor man jedoch auf die Station kann, muss man die Kaution für die Wäsche an einem extra Standort (Kasse) einzahlen. Dort wollen sämtliche Studierenden (Famulaturen und KPJ) aus dem gesamten AKH gleichzeitig einzahlen, weil alle an dem Tag beginnen, sodass ich erstmal eine Stunde warten musste. Als ich dann endlich die Wäsche abholen wollte (wieder an einem anderen Ort), war die Ausgabe geschlossen und öffnete erst eine Stunde später. Da es inzwischen schon fast 10 Uhr war (eigentlicher Beginn war um 08:00 Uhr), bin ich trotzdem auf die Station gegangen, wo mir die Pflege netterweise Wäsche geliehen hat.
Auf der Station ist man dann einfach. Man wird nicht empfangen oder begrüßt, niemand weiß, dass man überhaupt kommt. Es fühlt sich auch niemand zuständig. Es gibt kein Mentoring, keinen Betreuer oder dergleichen. Man ist einfach da und niemand interessiert sich für einen. Das wurde dadurch verstärkt, dass gleichzeitig mit mir insgesamt 15 Studierende (6 FamulantInnen und 9 KPJ-Studierende) auf der Station waren – auf der Partnerstation 19i war es ähnlich. Dementsprechend kommt man kaum zu Tätigkeiten, außer man zeigt massiv Eigeninitiative und kämpft schon fast mit den anderen Studierenden darum. Abgesehen davon, dass man bei Visiten mitgehen kann (wo aber so gut wie kein Teaching stattfindet und es unangenehm ist, mit 20 Leuten in einem kleinen Zimmer zu stehen), kann man eigentlich nur Aufnahmen machen. Diese werden eigentlich von den KPJlerinnen abgearbeitet, Famulantinnen können aber Statuieren, EKG schreiben, Venflon setzen und Blutabnahme machen und anderweitig unterstützen. Gegen Ende der Famulatur war es dann auch möglich ab und an einen Aufnahmedekurs zu verfassen, das aber wie erwähnt nur mit wahnsinnig viel Eigeninitative.
Die Stimmung auf der Station ist allgemein eher dürftig. Es gibt super liebe KollegInnen, die sind aber gerade am Vormittag eigentlich nur damit beschäftigt Visite zu gehen und Briefe zu schreiben, könnten also selbst wenn sie es wollten kein Teaching betreiben, ohne, dass ihre eigene Arbeit liegen bleibt. Wenn man aktiv Fragen stellt, werden diese eigentlich immer beantwortet und ausdiskutiert, von selbst kommt aber nichts. Die Pflege ist nach meinem Empfinden gegenüber Studierenden eher abgeneigt, gerade weil wir so viele waren kamen öfters grenzwertige Kommentare. ("noch eine?" oder "habt ihr nichts besseres zu tun in den Sommerferien?!", ...) Mehrmaliges Vorstellen und ein immer höfliches Verhalten haben daran leider nichts geändert.
Praktischerweise war mitten in der Famulatur dann eine Woche Stationssperre. Das war allerdings auch allen egal - wenn wir uns nicht selber darum gekümmert hätten, wären wir am Montag auf einer leeren Station aufgetaucht, weil sich eben niemand zuständig fühlt oder die Studierenden betreut. Erfahren haben wir das auch erst im Laufe der Famulatur. Im Endeffekt haben wir uns dann eine Woche lang auf die Ambulanzen und die Partnerstation 19i aufgeteilt. Es gibt viele Ambulanzen, in die man nach telefonischer Absprache auch rotieren kann - wenn man selbstständig die AssistenzärztInnen der Station fragt. (Herzkatheter, Echolabor, Kardioversions-Tagesklinik, Vitienambulanz, Rhythmusambulanz, Schrittmacherambulanz, Blutabnahmeambulanz, Herzinsuffizienzambulanz, PH-Ambulanz und an einigen Wochentagen Hybrid-OP) Dort kann man aber auch nur zuschauen und nichts selber machen, egal wie viel Eigeninitative oder Motivation man zeigt - auf Dauer sehr ernüchternd.
Zum allgemeinen Ablauf: Prinzipiell kommt man Wochentags täglich am Vormittag. Es ist allerdings auch möglich mit ÄrztInnen ganze Dienste mitzugehen. Die Morgenbesprechung ist um 08:00 Uhr, aber ob man später oder gar nicht kommt, interessiert niemanden. Man kann auch gehen, wann man will, weil es niemandem auffällt, und gegen 13:00 Uhr wird man meist eh weggeschickt, sobald die Aufnahmen und das Tagesgeschäft erledigt sind. Mit fast allen ist man per Du, außer mit einigen OberärztInnen. Essen gibt es ab 11:30 Uhr in der Mensa, wohin man jederzeit verschwinden kann.
Fazit: Ich habe keinen großen Lerneffekt gesehen, besonders wenn man gerne selbst mitarbeiten möchte. Für die erste Famulatur mag es sinnvoll sein, wenn man sich ganz langsam an den klinischen Alltag gewöhnen möchte, aber man darf nicht erwarten, irgendetwas tun zu können, außer zuzuschauen. Organisation ist nicht gegeben, es herrscht reines Chaos und es wird gefühlt einfach jeder Studierenden ein Platz zugesagt. Im Endeffekt könnte man auch einfach gar nicht kommen und es würde niemand merken und auch niemanden interessieren. Das finde ich sehr schade und habe ich an anderen Abteilungen - auch im AKH - ganz anders und viel herzlicher erlebt.
Bewerbung
Ein Jahr im Voraus per E-Mail an das Studentensekretariat der Kardiologie