Meine Famulatur im Landeskrankenhaus Stolzalpe war definitiv die beste Famulatur, die ich bisher gemacht habe. Auch wenn das Krankenhaus nicht groß ist und leider auch keine Intensivstation hat, eignet es sich sehr gut, um die Basics der Anästhesie gut und sicher in angenehmer Atmosphäre zu lernen und anzuwenden.
Team:
Unglaublich engagiert und herzlich, erklärte viel und leitete gerne an, es gibt flache Hierarchien (sehr engagierter Primar). Innerhalb kurzer Zeit konnten alle (Anästhesist:innen, Pflege, irgendwann sogar die Orthopädie) meinen Namen.
Viele Ärzt:innen haben Notarztdienst-Erfahrung. Ich wurde auf meinen Wunsch für bestimmte Maßnahmen extra angerufen.
Angeleitete und mit der Zeit selbstständig durchgeführte Maßnahmen:
Venenverweilkatheder, Maskenbeatmung, Blasenkatheder, Larynxmaske, intubieren, Adduktor-Nervenblock anlegen, arterielle BGA,…
Außerdem assistierte ich in meinen letzten Tagen auf eigenen Wunsch steril am Tisch auf orthopädischer Seite, was auf jeden Fall auch sehr interessant war (auch wenn ich nicht primär orthopädisch interessiert bin)
Ich möchte betonen, dass ich sehr freie Entscheidung hatte, ob ich eine Maßnahme selbst durchführe oder lieber zuschaue.
Lehre:
es gab keine regelmäßigen Studierenden-Fortbildungen, jedoch wurde auf alle meine Fragen eingegangen und sich auch Zeit für ausführliche Erklärungen genommen, ich durfte beim intermediate-life-support-Refresherkurs teilnehmen, konnte mich jederzeit frei entscheiden, was ich gerne sehen möchte, und bekam vom Primar einen eFAST-Sonographie-Crashkurs.
Organisation:
Ein Zimmer im Schwesternwohnheim (mit Waschbecken; die allgemeinen Sanitäranlagen, Küche und Waschmaschine werden mit anderen geteilt); Bettwäsche, Handtücher und Verpflegung werden kostenlos gestellt.
Ich bekam ein eigenes Diensthandy, Spind, personalisierte Kleidung.
Nach 16 Uhr (am Wochenende nach 14 Uhr) kann man kostenlos Sauna und Schwimmbad oben im Haus 2 nutzen.
Im PJ bekommt man von KAGES 900 Euro pro Monat. Das Nehmen von Studientagen ist unter Absprache nach meiner Einschätzung in allen Bereichen ohne Probleme möglich.
Verkehr:
Ich war ohne Auto unterwegs und bin gut damit zurechtgekommen. Die öffentliche Busverbindung bis auf den Berg ist jedoch nicht immer so freizeittauglich. Ein Wanderweg führt innerhalb ca. 30 Minuten hinunter nach Murau (mit flottem Schritt), allerdings sind wir auch oft und problemlos hoch-und hinuntergetrampt (Autostop).
Für größere Touren wäre ein eigenes Auto allerdings durchaus von Vorteil gewesen.
Allgemeine Tipps:
ich empfehle…
-die Unterkunft und die Verpflegung unbedingt anzunehmen, auch um Kontakte zu knüpfen und zum Beispiel auch mal abends mit den Assistenz/Turnusärzt:innen unterwegs zu sein. Die Krankenhausküche kocht wirklich gut und oft typische steiermärkische Gerichte (Kultur!). Es gibt auch immer eine vegetarische Option (allerdings idR aber keine Vegane ; außerdem ist die vegetarische Variante manchmal süß).
-sich unbedingt bei allen Beschäftigten vorzustellen- auf der Stolzalpe kennt jeder jeden und auf Freundlichkeit wird Wert gelegt. Dafür wird man auch mit Wertschätzung und viel Hilfsbereitschaft belohnt.
- zu kommunizieren, wenn man irgendwas gerne sehen möchte und informiert werden möchte (Diensthandynummer aufschreiben!) - und nicht nachtragend zu sein, wenn es anfangs mal untergeht – irgendwann klappt es richtig gut.
- den ILS-Kurs als Auffrischung mitzumachen, unabhängig in welcher Fachrichtung man famuliert (Reanimationssituationen kann man nie zuviel üben).
- Einmal im Monat gibt es eine Fortbildung für Ärzt:innen der Region im Brauhaus Murau mit interessanten Input und kostenlosem Abendessen.
- Summerschool: zweimal pro Jahr gibt es für chirurgisch interessierte Studierende eine von der Orthopädie organisierte Summerschool, die sehr beliebt ist
-Das Landeskrankenhaus Stolzalpe liegt auf ca. 1300m und es schadet nicht, dichte Wanderschuhe mit gutem Profil und einen warmen Pullover dabei zu haben – bei mir hat es Anfang September geschneit.
Für Orthopädiebegeisterte Studierende bietet die Stolzalpe auch eine großartige Möglichkeit, direkt mit an den OP-Tisch zu kommen und teilweise als erste Assistenz Erfahrungen sammeln zu dürfen – inklusive Hautnaht. Eine ehemalige Famulantin aus Graz arbeitet sogar mittlerweile als Nebenjob einen Tag pro Woche als Assistenz steril am Tisch.