Famulatur Allgemeinchirurgie in Tribhuvan University Teaching Hospital (8/2024 bis 8/2024)

Krankenhaus
Tribhuvan University Teaching Hospital
Stadt
Kathmandu
Station(en)
Das weiß man nie so genau, was wo wie wann ist, grundsätzlich aber ist alles Chirurgisch.
Fachrichtung
Allgemeinchirurgie
Zeitraum
8/2024 bis 8/2024
Einsatzbereiche
Station, OP
Heimatuni
Luebeck
Kommentar

Disclaimer: Die Hardfacts habe ich hier zusammenkopiert, wen mehr interessiert kann sich den ganzen BVMD Bericht durchlesen. Der mehrstufige Bewerbungsprozess ist ein Brett, aber der Aufwand lohnt sich!
https://austausch.bvmd.de/internship-reports/3622



Namaste liebe Leserinnen und Leser!

meiner Meinung nach sprechen wir an der Universität viel zu wenig darüber, dass wir das Privileg haben, mit nahezu unbegrenzten Ressourcen Medizin zu betreiben. Politisch diskutieren wir oft über den globalen Süden und seine Probleme. Aber die wenigsten, mit denen ich solche Diskussionen geführt habe, waren jemals dort und haben das Leben aus erster Hand erlebt oder zumindest beobachtet. Das wollte ich ändern und habe mich der Reihe nach für Indonesien, Nepal und Jordanien beworben. Nepal wurde es, und das war gut so.

Mitzunehmen
Ich habe meinen eigenen Kittel und weiße Kleidung für die Klinik mitgenommen. Für die OP-Tage sollte man auch seine eigenen Scrubs / Kasacks und Hausschuhe (wie Adiletten oder Crocs) mitbringen. Mein Stethoskop habe ich kein einziges Mal benutzt und die weißen Turnschuhe, die ich für die Klinik mitgenommen hatte, habe ich nur für das Abschlussfoto getragen. Zwischendurch gab es immer wieder heftige Monsunregen, die viel Schlamm mit sich brachten, auch im Krankenhaus und zwischen den Gebäuden. Deshalb habe ich Schuhe bevorzugt, die ruhig schmutzig werden durften. Hilfreich ist auch ein kleines Schloss für den Spind im Elective Office, das man für 70 NPR in einem der kleinen Läden kaufen kann.

Tätigkeit
Am ersten Tag war ich natürlich extra früh da. Während alle anderen Fachbereiche um 09:00 Uhr beginnen, fangen die Allgemeinchirurgen schon um 08:30 Uhr an. Da der Raum für die chirurgische Frühbesprechung etwas versteckt liegt und ich die Wege noch nicht so gut kannte, wollte ich nicht riskieren, zu spät zu kommen und war noch früher da. Die Frühbesprechung ist toll! Erstens, weil sie komplett auf Englisch ist und zweitens, weil man, wenn man den Akzent nicht versteht, einfach die Folien mitlesen kann. Dort werden die Fälle der Nacht besprochen und den Chefs vorgestellt. Es werden viele Fragen gestellt und jeder ist herzlich eingeladen mitzudiskutieren. Mehrmals in der Woche gibt es zusätzlich Fachvorträge zu chirurgischen Themen wie Sepsismanagement, anorektale Fisteln oder Gallenblasentumore. So eine Morgenkonferenz kann schon mal 1,5 Stunden dauern, aber ich würde sagen, da habe ich fachlich am meisten gelernt.

Danach geht es in die Visite. Die vier allgemeinchirurgischen Abteilungen machen ihre eigenen Visiten. Department 1 & 3 sind für die GI-Chirurgie zuständig. Department 2 ist für die Endokrinologie und Brustchirurgie zuständig und Department 4 für die Kinderchirurgie. Das habe ich als einen weiteren Vorteil empfunden, in der Allgemeinchirurgie zu sein. Wenn es einem in einer Abteilung nicht gefällt, kann man nach kurzer Rücksprache einfach in eine andere Abteilung wechseln. Das geht zum Beispiel in der Notaufnahme nicht, weil die Departments vom Elective Office (mit unseren Austauschgebühren) dafür bezahlt werden, dass sie Praktikanten aufnehmen, und wenn das Geld weg ist, sitzt man in dem Department fest.
(Anmerkung der Berichtekoordination: Lieber Bastian. Es ist richtig, dass in manchen Ländern Gebühren für die Praktika ausländischer Studierender bzw. Studierender von außerhalb der eigenen Universität erhoben werden. Dahingehend ist Nepal kein Einzelfall. Diese Gebühren werden jedoch nicht von euren Bewerbungsgebühren bezahlt, sondern auf Grundlage unserer Verträge jeweils stillschweigend von der Partnerorganisation beglichen. Da du es hier als "unsere Austauschgebühren" bezeichnest, könnten zukünftige Outgoings einen falschen Eindruck von dem Prozedere bekommen. Das wollen wir als bvmd gern vermeiden und dies hier richtig stellen.)

Die Visite dauert dann noch einmal etwa eine Stunde, je nach Chefarzt, und geht wirklich durch das ganze Krankenhaus. Dabei stellen die Assistenzärzte und Assistenzärzte die Patienten vor und das weitere Vorgehen wird besprochen. Gewöhnungsbedürftig war für mich am Anfang, dass jeder Patient rund um die Uhr ein bis zwei Angehörige hat, die sich um ihn kümmern und vor allem die Rechnungen für die anstehenden Prozeduren (Röntgen, CT, OP etc.) bezahlen. Das alles bezahlen die Patienten aus eigener Tasche, denn eine Krankenversicherung gibt es in diesem Land so gut wie nicht. Deshalb sind überall sehr viele Menschen, die auch auf Matten in den Ecken des Krankenhauses übernachten und manchmal auch dort kochen. Da das Krankenhaus nicht wirklich abgeschlossen ist, kann es auch vorkommen, dass ein Fuchs oder eine Taube durch das Krankenhaus streift. Davon sollte man sich nicht irritieren lassen. Es gibt auch viel Polizei und Sicherheitspersonal, die sich dann darum kümmern.
Grundsätzlich sind die anderen Residents und Interns sehr interessiert an einem als Ausländer, ein Teil des Personals scheint von der hohen Fluktuation an Austauschstudenten ermüdet zu sein. Aber alle sind gesprächsbereit und man vergleicht viel die eigenen Vorgehensweisen und Unterschiede von Land zu Land im Krankenhaus zu anderen Ländern.

Wirklich eigene Aufgaben hat man nicht. Wie auch? Man spricht die Sprache der Patienten und des Pflegepersonals nicht, kennt die Wege im Krankenhaus kaum und die ganzen Abläufe im Krankenhaus sind so kryptisch wie die Schriftzeichen. Also läuft man mit, und wenn dann klar ist, was man machen kann, was wie in Deutschland vor allem eine Frage des persönlichen Vertrauens ist, dann darf man auch mit anpacken. Da kann ich jedem nur wärmstens empfehlen: Geht in den Minor-OT! Dort werden die kleineren Eingriffe von den Assistenzärzten ohne Oberarzt gemacht, man freut sich immer über eine helfende Hand und darf auch selbst in diesen semi-sterilen OP-Umgebungen operieren. Ja, Semi-Steril ist vielleicht noch ein Euphemismus und ich musste auch ein paar Mal schlucken, aber so wird dort operiert und zwar jeder, also macht man das so. Die 10x höhere Rate an surgical-side-infections als in Deutschland kommt schließlich nicht von ungefähr. Aber da so oder so ähnlich wohl ein Großteil der Operationen weltweit durchgeführt wird, bekommt man wieder ein ganz anderes Gefühl für die heilige Sterilität unserer Operationssäle.

Visum
Als EU-Bürger kann man in Nepal ein Visum bei der Ankunft für 15, 30 oder 90 Tage kaufen. Das habe ich auch so gemacht. Man muss jedoch beachten, dass die Visumsgebühr nicht mit Karte bezahlt werden kann (wie meistens in Nepal). Daher ist es wichtig, beim Aussteigen aus dem Flugzeug genügend Bargeld dabei zu haben. Die Währung scheint dabei nahezu egal zu sein. Selbst bei offiziellen Behörden kann man in der Regel nicht nur mit nepalesischen Rupien, sondern auch mit Euro, USD und Schweizer Franken bezahlen. Sie rechnen den Betrag dann schnell auf dem Taschenrechner um, und man muss darauf achten, dass man einen „fairen“ Umrechnungskurs bekommt. Grundsätzlich ist fast alles verhandelbar und die Menschen sind sehr hilfsbereit, vieles dauert aber lange! Wenn man, wie wir, nach einem Monat in Nepal feststellt, dass man gerne etwas länger bleiben würde, muss man sein Visum aber nicht am Flughafen, sondern beim Department of Immigration verlängern. Alles ist etwas chaotisch geregelt, aber es funktioniert meist.


Gesundheit
Weder das Krankenhaus noch Nepal hatten die Voraussetzungen, dass ich im Krankenhaus arbeiten konnte. Ich aber schon. Deshalb habe ich mich an die Empfehlungen des Auswärtigen Amtes (AA) und von Reisemedizin.de gehalten, um Nepal unbeschadet zu überstehen. Da es insgesamt etwa neun Impfungen gab, die nicht in jeder Apotheke erhältlich sind, würde ich frühzeitig mit der Immunisierung beginnen. Ich habe mich gegen Tollwut (3x Rabipur), Japanische Enzephalitis (2x Ixiaro), Meningokokken B (1x Menveo), Typhus (1x Typhim) und Meningokokken A, C, W135, Y (2x) impfen lassen. Hepatitis A, B und CoViD-Impfung sollten selbstverständlich sein. Das Impfschema erstreckt sich über ca. 6 Wochen und kostet ca. 900 € für die Impfstoffe. Diese Kosten werden aber in der Regel von der Krankenkasse erstattet.

An Medikamenten braucht man eigentlich nichts mitzunehmen, da man fast alles ohne Rezept für ca. 100 NPR (ca. 70 Cent) in den Apotheken in Kathmandu bekommt, die es wirklich überall gibt. Wenn man allerdings Probiotika gegen Durchfall nehmen möchte, sollte man diese aus Deutschland mitbringen. Ich habe darauf verzichtet, da mich die Datenlage zum Nutzen von Probiotika bei Durchfallerkrankungen nicht ausreichend überzeugt hat. Aber das muss natürlich jeder für sich selbst entscheiden.

Generell würde ich sagen, wenn man sich entsprechend den Impfempfehlungen schützt, sind die größten Gesundheitsrisiken Durchfallerkrankungen, Verkehrsunfälle (vor allem Motorradunfälle) und starker Sonnenbrand. Beim Essen sollte man immer kritisch sein, ob das Restaurant hygienisch vertrauenswürdig aussieht und nur Wasser trinken, das entweder gefiltert, abgepackt oder mit Wasseraufbereitungstabletten desinfiziert wurde. Einmal war ich nicht kritisch genug und wurde von Montezumas Rache für 36 Stunden außer Gefecht gesetzt. Und ich war nicht der einzige Austauschstudent, dem das passiert ist. Also: Augen auf und wenn es einen erwischt, mit Ruhe und Gelassenheit ertragen. Nach 36 Stunden ist der Spuk meistens vorbei.

Sprache
Die Landessprache ist Nepali und aufgrund der starken hinduistischen Religionsmehrheit sprechen fast alle auch Hindi. Englisch beherrschen fast alle mindestens auf B1-Niveau, die meisten sogar deutlich besser. Teilweise trafen wir Kinder im Alter von etwa sieben Jahren, die fließend und akzentfrei Englisch sprechen konnten. Sehr beeindruckend! Ansonsten hört man oft einen starken Dialekt, der vor allem bei älteren Nepalesen stärker ausgeprägt ist. Das war bei den Visiten mit den Chefärzten im Krankenhaus oft schwer zu verstehen, vor allem bei der Geräuschkulisse. Aber das wird mit der Zeit besser und man gewöhnt sich daran.

Verkehr
Ich bin mit Qatar Airways von Düsseldorf (DUS) nach Kathmandu (KTM) geflogen und habe für beide Flüge zusammen ca. 1000 € bezahlt. Die Flugzeit betrug jeweils 15 Stunden. Je nach Jahreszeit gibt es aber auch deutlich günstigere Angebote, bei denen Hin- und Rückflug schon für 300 € zu haben sind. So günstig war mein Flug allerdings nicht.

Im Land ist man meistens mit Taxis oder Touristenbussen unterwegs. Hierfür ist die App InDrive sehr zu empfehlen, da man erstens einen Richtpreis für die gewünschte Strecke vorgeschlagen bekommt und zweitens direkt über die App ein Taxi bestellen kann. In etwa kostet eine 20-minütige Taxifahrt ca. 500 NPR (ca. 3 €). Von unserer Gastfamilie zum Krankenhaus konnten wir allerdings mit dem öffentlichen Bus fahren, was nur 20 NPR pro Person gekostet hat. Von der Benutzung öffentlicher Busse wird Touristen jedoch generell abgeraten, da diese oft sehr überfüllt sind oder gar nicht fahren.

Über InDrive kann man sich auch ein Roller- oder Motorradtaxi bestellen, das ist günstiger als ein Autotaxi, aber auch deutlich gefährlicher, da der Fahrer keinen Helm für den Passagier hat. Generell wird in Nepal relativ wenig zu Fuß gegangen, sodass bereits bei Gehstrecken ab 5 Minuten ein Taxi gerufen wird. Es gibt meistens keine Bürgersteige, sodass man sich auf der Straße mit dem Verkehr aus Bussen, Autos, Motorrädern und Tierkarren arrangieren und aufpassen muss. Gehen ist zwar möglich und das haben wir auch oft gemacht, aber entspannt ist es nicht.

Unterkunft
Wir (zwei Incomings) haben bei einer sehr netten Gastfamilie gewohnt, die zweimal am Tag für uns gekocht hat. Sie waren auch unsere Ansprechpartner Nummer eins und haben uns immer geholfen. Bettwäsche wurde bereitgestellt, wenn man freundlich nachgefragt hat. Wir hätten bestimmt auch selbst kochen können, wenn wir gefragt hätten, aber das haben wir nicht gemacht. Toilettenpapier musste als einziges selbst besorgt werden, da man in Nepal hauptsächlich Bidets nutzt. Typisch ist auch, dass die Dusche direkt im Badezimmer installiert ist (sowohl bei der Gastfamilie als auch in Hotels). Man setzt also jedes Mal beim Duschen zwangsläufig das Badezimmer unter Wasser, weil es keine abgetrennte Duschkabine gibt.

Land & Leute
Die Menschen sind nett, die Natur wunderschön, die Getränke günstig und das Essen lecker. Auch mit kleinem Geldbeutel lässt es sich in Kathmandu und Umgebung gut leben! Wenn man das Wort Nepal sagt, denkt man sofort an „Berge“, und darauf sind die Einheimischen auch sehr stolz! Alles unter 3000 Metern wird als Hügel bezeichnet. Man wird oft zu hinduistischen Festen eingeladen und einige Male waren wir auch mittendrin. Aber es sind so viele Menschen da, dass wir uns nach einiger Zeit das Fest lieber aus sicherer Entfernung angesehen haben.

Wir unternahmen Wanderungen von Nagarkot nach Bhaktapur (5 Stunden, 15 km, 600 Höhenmeter) und erkundeten vor allem die Hügel im Kathmandu-Tal wie Basmashur Dada (2600 m), Nagigumba, Phulchoki (2782 m), Shivapuri (2732 m) und Jamacho (2128 m). Diese Touren sind auch ohne große Kondition am Nachmittag nach dem Krankenhaus zu bewältigen. Vor allem in der Monsunzeit sollte man jedoch eine Regenjacke und einen Regenschirm dabei haben und sich vor Blutegeln in Acht nehmen.

Neben den Nachmittagswanderungen haben wir den Annapurna Base Camp Trek (ABC) ab Pokhara mit 5 Wandertagen und den Annapurna Circuit mit 10 Wandertagen gemacht. Meine Lieblingstour war eindeutig der Annapurna Circuit. 10 Tage ohne Internet, komplett abgeschnitten und man wächst in dieser Zeit mit den anderen Wanderern richtig zusammen.

Wir haben in Sukedhara gewohnt, aber das touristische Zentrum von Kathmandu ist Thamel. Dort gibt es die meisten Restaurants, Hotels und vor allem Trekkingläden. Wenn jemand einen Guide braucht, kann ich die Agentur „Trek around Nepal“ sehr empfehlen. Faire Preise, sehr gute Bewertungen und ein 24/7 WhatsApp Support sorgen dafür, dass man einen schönen Trek erleben kann. Die Guides waren alle sehr professionell und super nett! Natürlich hätte ich gerne noch den Everest Base Camp Trek gemacht, aber dafür war am Ende keine Zeit mehr. Nepal hat so viel zu bieten, dass man zwangsläufig einiges verpasst. Selbst die Einheimischen waren an vielen Orten noch nicht und haben viele Sehenswürdigkeiten noch nicht gesehen.


Fazit
Nach Nepal zu gehen war die richtige Entscheidung und ich würde jederzeit wieder ein Praktikum im Ausland machen. Allerdings würde ich wahrscheinlich andere Länder bevorzugen, Nepal kenne ich ja schon ein bisschen. Fachlich habe ich keine großen Sprünge gemacht, aber das habe ich auch nicht erwartet, menschlich dafür umso mehr! Mir wurde wieder einmal schmerzlich bewusst, wie viel Geld gute Medizin einfach kostet. Für ein Praktikum oder einen Urlaub gefällt mir das Land sehr gut, aber auf Dauer würde ich dort nicht leben wollen. Die Erfahrung Nepal kann ich aber jedem Leser dieser Zeilen, der bis hierhin durchgehalten hat, wirklich nur empfehlen
Bewerbung
Ungefähr ein Jahr vorher bei der BVMD fürs SCOPE

https://www.bvmd.de/unsere-arbeit/austausch/allgemeines/
Unterricht
Kein Unterricht
Inhalte
Fallbesprechung
Tätigkeiten
Mitoperieren
Chirurgische Wundversorgung
Patienten untersuchen
Dienstbeginn
Nach 8:00 Uhr
Dienstende
Vor 15:00 Uhr
Studientage
1x / Woche frei
Tätigkeiten
Mittagessen regelmässig möglich
Gehalt in EUR
nichts
Gebühren in EUR
hat die BVMD gezahlt.

Noten

Stimmung Station
2
Kontakt zur Pflege
4
Ansehen
1
Stimmung Klinik
2
Unterricht
1
Betreuung
2
Freizeit
1
Lehre auf Station
2
Insgesamt
2

Durchschnitt 1.93