Aufgrund der guten anderen Bewertungen hier entschlossen wir uns, im National Hospital Galle (vormals Teaching Hospital Karapitiya) eine 4-wöchige Famulatur zu absolvieren. Wir kamen am ersten Tag sehr motiviert dort an und wurden schnell enttäuscht.
Wir sind davon ausgegangen, einiges zu lernen und waren auch entsprechend motiviert. Leider sind inzwischen in dieser Klinik vieeeel zu viele ausländische Studenten (fast ausschließlich Deutsche). Zeitgleich mit uns haben nur noch zwei weitere (deutsche) Studenten ihr PJ angefangen, allerdings waren es die Woche vor unserer Ankunft 60 und die Woche danach 80 andere. Insgesamt waren also (theoretisch) min. 150 ausländische Studenten zeitgleich in der doch recht kleinen Klinik.
Die Unterschrift über das absolvierte Praktikum gabs bereits am zweiten Tag. Entsprechend viele Studenten sind danach nicht wieder erschienen und haben die Zeit zum Reisen, etc. genutzt. Trotzdem waren zu jeder Zeit enorm viele ausländische Studenten in der Klinik. Zudem gab es noch eine ganze Menge lokaler Studenten.
Wir haben insgesamt 3 Tage in der Klinik verbracht uns es danach aufgegeben. Diese riesige Flut an Studenten erzeugt einige Probleme: Visiten sind wie Zoobesuche. Um einen Patienten herum stehen ca. 50 Leute und ein Arzt + Pflege. Es wird versucht etwas zu erklären, allerdings versteht man nur innerhalb der ersten paar Reihen überhaupt etwas, der Rest steht nur rum. Der beispielhafte Studentenkurs, den wir besucht haben, war ebenfalls nicht lehrreich. Der Dozent kam erst 30 Minuten zu spät, wiederholte sich dann 5 mal und ging früher, entsprechend haben wir auch nichts gelernt (und auch keine weiteren besucht).
Weil die Station so überfüllt war und der Unterricht schlecht, haben wir uns die Notaufnahme angeschaut. Die Verhältnisse dort sind schlechter als erwartet. Hygiene ist ein Fremdwort, hierzu ein Beispiel: Beatmungsschläuche (eigentlich Einmalprodukte) werden wiederverwendet und zwischen den Patienten mit Wasser ausgewaschen und danach zum trocknen in einem Raum aufgehängt (siehe Bild). Während wir in der Notaufnahme waren, wurde uns auch angeboten einen ALS-Kurs für Ärzte mitzumachen. Der Kurs war eigentlich nur BLS mit wenig Ergänzungen. Während des Vortrags wurde ein Kreislaufstillstand eingeliefert, verschwand in der "Red Zone" (Schockraum) und kam wenige Minuten später tot wieder hinaus (irgendwie ironisch).
Das enttäuschendste war allerdings unser "OP-Besuch". Eigentlich waren wir dem Department of Surgery zugeordnet und dachten entsprechend auch, dass wir den OP sehen können. Da so viele Studenten anwesend waren, wurde uns geraten sehr früh (vor 7 Uhr morgens) vorm OP zu erscheinen, damit wir reindürfen. Entsprechend früh sind wir dort aufgetaucht. Auf die Frage, ob wir in den OP dürfen, wurden wir nach einem "Permission letter" gefragt, den wir nicht bekommen hatten. Entsprechend durften wir auch nicht in den OP. Als wir andere Studenten gefragt haben, was dieser "Permission letter" sein soll, wurde uns gesagt, dass den nur Studenten bekommen haben, die ihre Famulatur oder ihr PJ über eine Organisation organisieren lassen haben. Anscheinend zahlen sie eine höhere Gebühr.
Nach dem dritten Tag haben wir beschlossen, nicht mehr in die Klinik zu gehen und stattdessen in Galle Urlaub zu machen und durchs Land zu reisen. Das Land ist mega schön, die Strände super zum Surfen geeignet, es gibt einige Nationalparks, etc.
Positiv muss man erwähnen, dass immerhin versucht wurde, ein Programm für ausländische Studenten zu ermöglichen, in dem etwas über das Gesundheitssystem in Sri Lanka, etc. vermittelt wurde. Es gab die Möglichkeit Vorträge anzuhören und Ausflüge in andere Kliniken, ein Behindertenheim, etc. zu machen. Da der erste Vortrag allerdings sehr gut besuch war, haben wir uns entschieden nicht auf die Ausflüge mitzukommen. Unsere Befürchtung war, dass Kranke und Behinderte wie in einem "Zoo" von einer Horde Ausländer angeschaut werden, woran wir nicht teilnehmen wollten. Ob das tatsächlich so war, weiß ich nicht (sind ja nicht hin).
Noch ganz witzig ist, dass es fürs Mittagessen eine "Doctor's Lounge" und eine "Nurses Lounge" gibt (Ärzte und Pflege wurden ziemlich strikt getrennt). Studenten hatten zunächst auch Zugang zur "Doctor'S Lounge". Nachdem diese allerdings so voll wurde, dass Klinikpersonal nicht mehr dort essen konnte, wurde sie für Studenten während der Mittagszeit gesperrt (verdeutlicht, wie viele Studenten dort sind).
TL;DR: Sri Lanka ist super schön und definitiv eine Reise wert. Die Famulatur hingegen war aber eine große Enttäuschung. Wir haben das Gefühl, dass die Klinik einfach viel Geld über die Praktikumsgebühren einnehmen will. Wer also nur die Unterschrift will und ansonsten Urlaub oder Reisen möchte, ist hier richtig. Alle, die tatsächlich etwas lernen möchten, sollten weg bleiben.
Bewerbung
Wir hatten uns drei Monate vorher beworben, waren aber auch etwas knapp dran.