Famulatur Neurochirurgie in Klinikum rechts der Isar (3/2025 bis 4/2025)

Krankenhaus
Klinikum rechts der Isar
Stadt
Muenchen
Station(en)
L2a, L2b, L3a, L3b
Fachrichtung
Neurochirurgie
Zeitraum
3/2025 bis 4/2025
Einsatzbereiche
Station, OP, Poliklinik / Ambulanz / Sprechstunde
Heimatuni
LMU Muenchen
Kommentar
Vom Hörensagen war mir eigentlich schon bekannt, dass die Neurochirurgie im Rechts der Isar (trotz medizinischer Kompetenz) keinen sonderlich guten Ruf hat. Aus Interesse am Fach, wollte ich der Famulatur trotzdem eine Chance geben. Vorweggesagt, kann ich nur wärmstens davon abraten, hier seine Famu oder PJ-Tertial zu verbringen, unabhängig davon, ob man sich für die NCH interessiert oder nicht.

Grundsätzliches:
Die Klinik für NCH betreut eine Ambulanz, vier Stationen (L2a/b, L3a/b) und die ITS. Dabei gibt es Ärzteteam A, B und P (Privatpatienten).
Als Student wird man einem der Teams für die Famulaturdauer zugeteilt. Zwischen PJlern und Famulanten wird eigentlich nicht unterschieden und man übt die gleichen Aufgaben aus.

Tagesablauf:

6:45 auf Station und Umziehen

07:00 es wird nicht Visite gegangen, sondern GERANNT. Für jedes Zimmer bleiben ca. 30sek, dabei stürmt die versammelte Mannschaft in den Raum, wir Studenten sollten am Visitencomputer dokumentieren, was sich oft schwierig gestaltete, da man im Gang das Gesagte kaum versteht.

07:30 Frühbesprechung der Abteilung (die verdient definitiv eine nähere Beschreibung): Am großen Konferenztisch sitzen die Oberärzte mit dem Chefarzt am Kopfende (welcher allerdings immer erst einige Minuten später erscheint). An der Wand gibt es eine Stuhlreihe für die Fachärzte und Altassistenten, die Jungassistenten und Studenten dürfen auf dem Fensterbrett sitzen - aber nur dort! Auch wenn weitere Stühle frei sind, muss man bei besetztem Fensterbrett stehen - und zwar hinter einer Trennwand am Ende des Raums. Personen unter 1.60m bekommen dann natürlich nicht mehr übermäßig viel von der Besprechung mit.
Und wehe man stellt sich MITTIG und nicht ans äußere Ende der Trennwand. Sonst stünde man nämlich hinter dem Chef und das ist natürlich nicht erlaubt!
Da Mittwoch und Donnerstag auf die Frühbesprechung noch das Tumorboard und das Vascboard folgen, empfiehlt es sich, pünktlich zu sein, um dann nicht 2h stehen zu müssen.

ca. 08:30 bekommt man im Arztzimmer Aufgaben zugeteilt, mit denen man bis etwa 11:30 beschäftigt ist.

12:00 Mittagessen in der Mensa: Nur PJler haben Essensmarken, Famulanten zahlen bar 4.40 Euro. Das Essen ist wirklich keinen Cent davon wert.

13:00 / 13:30 Teaching bis etwa 15:00 Uhr.

15:00 Nachmittagsvisite, hier sollte am besten mindestens ein Student zum Dokumentieren dabei sein - letztendlich kann man pro Zimmer maximal wenige Sätze schreiben, da entweder nicht mit den Patienten und Angehörigen gesprochen wird oder alles so schnell und leise ist, dass man es nicht mitbekommt.

15:30 Röntgendemo: Hier werden Bilder der Fälle gezeigt und die OPs für den nächsten Tag besprochen und bei der Gelegenheit wird sich noch einmal gebührend beschimpft und ausgeteilt, auch die Neuroradiologen sind vor den charmanten Oberärzt:innen nicht sicher ("Haben Sie einen Schaganfall??!" Nachdem nicht das richtige Bild aufgerufen wurde).

16:30: Es folgen weitere Aufgaben. Alles was noch so anfällt. Wenn man sich nicht vor der Röntgendemo loseisen kann, bleibt man gut und gern bis um 18:00 Uhr oder länger.


Aufgaben: Man erledigt eigentlich nur Stationsarbeit. Es gab 1-2 Aufgaben, die ich zum ersten Mal gemacht habe und mich da noch darüber gefreut habe, aber die Begeisterung lässt natürlich nach 30 Tagen nach.
- Wundversorgung (Pflaster runter, Fotos für die Ärzte machen, neues Pflaster drauf)
- Fäden und Klammern ziehen
- Drainagen ziehen
- BEs
- PVKs
- Neurostatus erheben
- viele Botengänge
- bei der Mibi und Pathologie Befunden nachtelefonieren
- Visite "dokumentieren"
- dreckiges Geschirr aus dem Arztzimmer aufräumen und neues holen

OPs: In einem Monat Famulatur war ich genau dreimal mit im OP (nur passiv und nicht steril). Die Ärzte bieten es einem nicht an, nehmen einen bei Eigeninitiative aber grundsätzlich schon mit, vor allem einige jüngere Assistenten und Oberärzte. Die OP-Leitung hat jedoch sämtliche Studenten auf dem Kieker und verhindert so gut es geht, dass man mit an den Tisch darf. Man wird auf dem OP-Flur auch gern schon nach dem ersten Schritt mit einem "Was hast du hier zu suchen?!" abgefangen. Wenn man um jeden Preis assistieren möchte, empfiehlt es sich einen 24h Dienst mitzulaufen, da nachts alles etwas lockerer gehandhabt wird.
Beim Lagern und Nervenmonitoring kann man mithelfen, mehr eigentlich nicht. Wer OP-Erfahrung sammeln will, ist hier absolut am falschen Ort und auch über die Bezeichnungen Lehrkrankenhaus und Uniklinik kann man an dieser Stelle streiten.

Stimmung: Bodenlos. Wir alle haben selten ein so unterirdisches Arbeitsklima und Miteinander erlebt. Alles dreht sich um den Chefarzt, der mit seinen oberärztlichen Kollegen ein Arbeitsklima wie im Schützengraben aufrechterhält. Uns Studenten wurde von Anfang an eingebläut, möglichst Blickkontakt mit ihm zu vermeiden und ihn unter keinen Umständen anzusprechen. Wenn er im OP zum kritischen Teil der Operation erscheint, wird der Saal abgedunkelt und es hat völliges Schweigen zu herrschen.
Die Assistenten beginnen ihren Arbeitstag um 06:30 und bleiben bis mindestens 22:00, bei kleinsten Fehlern oder aus Prinzip wird man vor versammelter Mannschaft beleidigt und runtergemacht. (Wir als Studenten wurden außerhalb unserer Aufgaben grundsätzlich ignoriert, weswegen wir das nicht im gleichen Maße abbekommen haben). Die Motivation wurde dadurch natürlich trotzdem nicht besser.
Wer in der Ärzteschaft nicht mitmobbt, wird gemobbt. Assistenzärzte beleidigen sich hinter ihren Rücken als "H*re", schreien sich gegenseitig im Arztzimmer an oder bringen einander zum Weinen.

Beziehung zur Pflege: Das es zwischen Ärzten und der Pflege manchmal nicht ganz harmonisch dahergeht, ist wohl bekannt. Aber auch hier wurden Negativrekorde aufgestellt. Uns Studenten gegenüber war die Pflege (mit Ausnahme einiger junger und netter Pflegekräfte v.a auf der Praxisentwicklungsstation) extrem aggressiv und unfreundlich. Nicht selten wurde man proaktiv auf dem Gang abgefangen und angemotzt, wie respektlos, unordentlich und inkompetent wir doch seien. Alle wirkten extrem frustriert. Von ärztlicher Seite kam natürlich wenig positives zurück. Sätze der Stationsärzte wie "Die Hurensöhne sollen endlich wie angeordnet die Medikation pausieren" wären beispielhaft zu nennen. Als wir einem Ambulanzpatienten Fäden ziehen sollten, wurden wir buchstäblich von einer Pflegekraft verfolgt, die uns alle Schubladen zuschlug, während wir nach den Instrumenten gesucht haben und uns wegen der Benutzung "ihres" Desinfektionsmittel und Verbandsmaterial beschimpfte.

Lehre: Es gibt jeden Tag ein chirurgisches Teaching für alle PJler der Chirurgie im MRI. Zu 90% organisiert von der Viszeralchirurgie, auch Unfall oder Thoraxchirurgie waren ab und zu auf dem Plan. Die Teachings sind es auf jeden Fall wert, vor allem da das die einzige nennenswerte Lehre war.
Das "Teaching" der Neurochirurgie beschränkt sich darauf, vereinzelte Tätigkeiten (z.B Thoraxdrainage oder SEPS ziehen) am Patienten EINMAL zu zeigen, stets mit den Worten "Damit ihr Studis das in Zukunft für uns übernehmen könnt." Wie immer ist Nachfragen und Eigeninitiative der Schlüssel, jedoch kommt meist die Antwort "Keine Zeit".
Der Umgang mit uns war überwiegend gleichgültig. Außer für eine Handvoll freundlicher Ärzte waren wir vor allem unbezahlte Arbeitskräfte und ansonsten nicht sonderlich erwünscht. Nicht einmal das sich Vorstellen wird gern gesehen, da das ja impliziert, dass man irgendeine Form von Beachtung beanspruchen möchte.
Die Ärzte fordern die Handynummern ein, um einen während des Tages immer für Aufgaben erreichen zu können. Wir wurden gebeten, auch am Wochenende zu den Visitendiensten zu kommen, dafür hätten wir unter der Woche einen Tag fehlen dürfen.

Tipps: Keine Famulatur / PJ-Tertial dort machen. Wer das Fach und die OPs näher kennenlernen möchte, verschwendet absolut seine Zeit und unsere Studentengruppe hat den Aufenthalt in der NCH als sehr ernüchternd und frustrierend erlebt.
Wenn man es doch durchziehen möchte, kann ich nur empfehlen sich von Anfang an eine:n der wenigen umgänglichen Assitent:in zu suchen und sich dort ranzuhängen. Nur so und mit viel Eigeninitiative und Zeitaufwand in Form von24h-Diensten hat man den Bruchteil einer Chance auf Teaching und OPs.



Bewerbung
1 Jahr im Voraus per Mail ans Sekretariat (normalerweise kurzfristiger möglich)
Unterricht
5x / Woche
Inhalte
Sonst. Fortbildung
Tätigkeiten
Chirurgische Wundversorgung
Blut abnehmen
Braunülen legen
Botengänge (Nichtärztl.)
Dienstbeginn
Vor 7:00 Uhr
Dienstende
16:00 bis 17:00 Uhr
Studientage
Gar nicht
Tätigkeiten
Kleidung gestellt
Mittagessen regelmässig möglich

Noten

Stimmung Station
6
Kontakt zur Pflege
4
Ansehen
5
Stimmung Klinik
3
Unterricht
4
Betreuung
6
Freizeit
4
Lehre auf Station
6
Insgesamt
5

Durchschnitt 4.6