Meine Zeit in Littenheid war wirklich eine 10/10 und ich war super traurig, wieder gehen zu müssen.
Organisatorisches
Nach meiner Zusage bekam ich vom HR einen Arbeitsvertrag zugeschickt und auch alle nötigen Informationen. Dort konnte man sich auch jederzeit hinwenden, falls man noch Fragen hatte. Circa 2 Wochen bevor es losging, schrieb mir der Arzt der für die Unterassistenten (= Famulanten/PJler in der Schweiz) zuständig ist noch eine Mail auf welche Station ich komme, wann ich an meinem 1. Tag wann & wo sein sollte und klärte offene Fragen. Außerdem bekam ich vom HR noch den Ablaufplan für den Einführungstag.
An meinem 1. Tag wurde ich dann von einer Assistenzärztin und dem Oberarzt empfangen und wir gingen direkt zum Morgenrapport. Dort wird zusammen mit dem Chefarzt o. ärztl. Leiter + Pflegedirektor die Neuaufnahmen des letzten Tages, die Auslastung der jeweiligen Stationen und die ärztliche & pflegerische Besetzung besprochen.
Am 1. des Monats gibt es immer einen Einführungstag für alle neuen Mitarbeiter wo einem erstmal organisatorisch alles erklärt wird, man bekommt sein Badge, Schlüssel & Telefon, eine Führung übers Klinikareal, Einführung in das Klinik-System usw.
Es war wirklich alles Top organisiert und man hatte zu allem Zugang (bis heute weiß ich nicht, wofür 2/3 Schlüssel überhaupt gebraucht werden), falls doch mal irgendwas war, konnte man sich jederzeit ans HR wenden und bekam super schnell eine Rückmeldung.
Arbeitsalltag
Ab dem 2. Tag war ich dann ganz normal auf Station. Ich war auf Park B eingeteilt, eine fakultativ schließbare Akutstation mit Orientierung am Recovery-Konzept. Krankheitsbilder waren überwiegend Schizophrenie, Depressiv suizidale Patienten und Abhängigkeitserkrankungen. Das ganze Team auf Station war ein einziger Traum, von den beiden Assistenzärztinnen Bianca und Ines wurde ich unfassbar lieb aufgenommen und sie standen mir bei allen Problemen/Fragen mit Rat und Tat zur Seite. Aber auch die Pflege war nicht nur unfassbar kompetent sondern auch super lieb. Das Team werde ich definitiv mit am meisten vermissen.
Morgens beginnt der Tag mit dem Morgenrapport um 8:15 wo man auch ab und an seine Aufnahmen vorstellen "muss"/darf. Es wurde aber nicht erwartet, dass man jeden Tag dort ist, ich fand es aber ab und an sehr interessant. Um 8:45 ist dann Übergabe mit der Pflege auf Station und danach bespricht sich das Ärzte-Team noch kurz mit dem Oberarzt und dann geht jeder seinen Terminen nach. Mo & Di war bei uns vormittags OA-Visite (anwesend waren die AÄ, der OA und eine Person von der Pflege). 1x die Woche gab es den Somatorapport, wo man mit einer Ärztin vom internistischen Dienst somatische Probleme der Patienten bespricht. Auch 1x Woche gab es die sog. Therapieplanungsrunde, wo auch die Sozialtherapeutin der Station anwesend war. Dort wurde besprochen, wie der aktuelle Therapiestand bei den jeweiligen Patienten ist und was sozialpsychiatrische Probleme sind. Um 15:30 gab es dann nochmals eine Nachmittagsübergabe mit der Pflege.
Mittagspause war immer um 12 Uhr, da ist man dann zusammen in "das Cafe" gegangen, quasi die Cafetaria, aber es ist tatsächlich auch ein öffentliches Restaurant, was am Wochenende auch gut besucht ist. Als UA hat man sehr ermäßigt 5CHF bezahlt und bekam dafür 1 Gericht (gab immer Fleisch, Fisch & vegetarisch und ein Salatbuffet), Salat oder Suppe, Obst und Wasser. Das Essen war auch immer echt gut, die Kombinationsmöglichkeiten aber oft sehr.. interessant (z.B Vegi-Nuggets mit Nudeln). Meist haben wir an einem größeren Tisch zusammen mit den AÄ von den anderen Stationen, oft sind wir danach auch noch eine Runde spazieren gegangen.
Ab der 2. Woche durfte ich auch eigene Patienten übernehmen (kein Muss, aber eine wahnsinnig gute Möglichkeit! Man wird damit auch gar nicht alleine gelassen, sondern bekommt von allen Unterstützung). Dazu gehören dann das Eintrittsgespräch, Einzelgespräche, Standortgespräche, Briefe schreiben, Befunde anfordern, viel Doku natürlich, Untersuchungen wenn benötigt und das Austrittsgespräch.
Blut abnehmen ist übrigens Aufgabe der Pflege, lediglich eine Woche im Monat hatte man EKG Dienst für die ganze Klinik, da bekam man aber auch meist nur Freitags einen Anruf.
1x/Monat gab es auch eine Stations-Supervision, wo das ganze Team dabei war.
Der Vertrag ist auf 42 Wochenstunden ausgelegt und ich war auch meistens so bis 5 da. Wenn nichts los war, durfte ich auch mal früher gehen. Work-Life-Balance wird hier wirklich groß geschrieben, theoretisch muss man für Überstunden auch bei seinem Vorgesetzten anfragen.
In den ersten 2 Wochen auf Station war es bei mir oft etwas "zäh", da mit mit eine neue AÄ kam, die eingearbeitet werden musste und eine AÄ nach einer Woche gegangen ist. Da kann aber an sich niemand was dafür und es wurde sich super oft entschuldigt und nach ganz viel Beschäftigung gesucht, durfte dann oftmals woanders hospitieren. Also auch das wurde super toll gelöst.
Wohnen
Für alle die nicht aus der näheren Umgebung kommen, gibt es die Möglichkeit im Personalhaus unterzukommen. Hierfür am besten sobald man den Vertrag unterschrieben hat sich einmal bei Frau Keller melden. Das Zimmer ist wirklich mehr als in Ordnung und der Weg zur Klinik sind keine 5 Minuten.
Für einen Monat hab ich 360€ (+70€ Endreinigung) bezahlt, für die Schweiz quasi ein Traum. Im Zimmer selbst hat man ein Bett, einen Schrank, ein eigenes Bad, einen Schreibtisch, einen Kühlschrank + Zubereitungsnische, einen Sessel und einen Balkon. Eine große Küche mit Wasserkocher, Ofen, Mikrowelle, Herd und Spülmaschine gibt es im EG und man teilt sich diese mit den anderen Bewohnern. Zum Großteil sind dies andere Unterassistenten (so nennt man Famulanten/PJler in der Schweiz) oder Assistenzärzte. Dort war auch immer alles super ordentlich und zu 95% war man auch alleine dort und hatte seine Ruhe.
Austattungstechnisch sollte man wenn möglich selber sein Geschirr u.ä mitnehmen.
Waschmaschine, Trockner & Bügeleisen waren im EG frei verfügbar und einen Putzraum gab es auch auf jedem Stockwerk.
Man kann einen Wäscheservice buchen, wo man alle 2 Wochen frische Bettwäsche & Handtücher bekommt, kostet glaube ich 40CHF. Wenn man aber mit dem Auto anreist, würde ich empfehlen das einfach selbst mitzunehmen :)
Lehre
Speziell nur für Famulanten/PJler gab es nichts, aber man war bei allen Angeboten mehr als willkommen. Montag und Donnerstag gab es immer eine Fortbildung zu verschiedenen Themen wie z.B Fallvorstellungen, ANQ-Training, Somatische Fälle uvm.
Am Donnerstag ist zudem eine 90-minütige Supervision in einer kleineren Gruppe zusammen mit einem externen Psychiater, wo 1-2 Ärzte einen Fall besprechen konnte. Der zuständige Arzt ist aber wohl nur noch bis Mitte 2025 da, ob das so weitergeführt wird, keine Ahnung. Ich fand es aber super lehrreich und man bekam auch Einblicke von anderen Stationen.
Einmal hatten sich die AA einmal auch selbst einen chirurgischen Nahtkurs organisiert, wo wir auch mitdurften, was eine sehr coole Abwechslung war.
Ansonsten hatte man immer die Möglichkeit 1x Woche Supervision mit dem OA zu machen (hab ich mich erst in der 2. Woche getraut, war aber super hilfreich!)
Freizeit
Littenheid ist an sich ein ziemliches Kaff mit nichtmal 100 Einwohnern. Die Umgebung ist aber ein Traum! Zum Laufen, Wandern und Fahrrad fahren ein Paradies. Am Empfang konnte man sich auch Räder ausleihen! Der Bus hält an sich auch direkt am Klinikgelände, man ist damit also gut mobil, trotzdem würde ich wenn möglich empfehlen, sein eigenes Auto mitzunehmen. In unter 10 Minuten ist man aber auch in der nächsten Stadt zum Einkaufen und auch nach Konstanz (40 min), Zürich (40min) oder St. Gallen (~25 min) ist man super schnell. Die Klinik hat auch eine Bibliothek, in der es neben Fachbüchern auch ganz viele aktuelle "normale" Bücher gibt, die man sich ausleihen kann.
Sonstiges
In der ganzen Klinik (bis auf den CA und den ärztlichen Leiter) ist man per Du, auch mit den Oberärzten, was ich so überhaupt nicht kannte, aber es war unfassbar angenehm, man wurde auch wirklich für alles super wertgeschätzt!
Im Personalhaus ist es auch möglich ein Zustellbett für 40CHF/Nacht für Gäste zu bekommen.
Parken konnte man entweder an der Klinik für 40CHF/Monat oder am Personalhaus über einen externen Dienstleister (ich meine 35CHF/Monat).
Gehalt habe ich 1600CHF + 133CHF (13. Monatslohn) bekommen und nach allen Abzügen wie Miete, Essen usw. waren noch knapp 1120CHF übrig.