Der Tag hat für Famulanten und PJler offiziell 8.00 Uhr angefangen. 8.30 Uhr ist immer die Frühbesprechung, davor hat man also eine halbe Stunde Zeit, die Blutabnahmen, die von der Blutentnahmeschwester nicht gemacht wurden, fertig zu machen und Zugänge zu legen. Es sagt aber auch keiner etwas, wenn man mal 10 Minuten später kommt, müssen diese kleinen Tätigkeiten halt bis nach der Besprechung warten. In der Besprechung selbst wurden von der kardiologischen ITS, der Chest-Pain-Unit und den 2 peripheren Normalstationen (41+42) komplizierte Patienten, Verlegungen und anstehende Untersuchungen angekündigt. Dienstags und donnerstags wird dann von einem Arzt aus dem Team (vom Assi bis zum OA) eine Studie im Rahmen ihres "Journal Clubs" vorgestellt und anschliessend diskutiert. Mittwochs wird ein Fortbildungsvortrag gehalten, z.B. zu LAE, Helicobacter pylori etc. Daraus werden dann Schlüsse für die Kardio gezogen, also ob irgendwas an den derzeitigen Therapieschemata geändert wird oder nicht. Diese Diskussionen sind sehr interessant und lehrreich gewesen, da vor allem die Fach- und Oberärzte ihr Wissen in die Runde werfen und viele Aspekte angesprochen werden, an die man als Famulant vielleicht gar nicht denkt. Auch die Themen sind sehr vielfältig, so wurde einmal eine Fortbildung zum Thema "Therapia minima" gemacht (quasi Sterbehilfe).
Nach der Besprechung fangen die Assistenten auf Station allmählich mit der Visite an. Während meiner Famulatur wurde damit begonnen, zweimal pro Woche die Visite fach- oder oberärztlich zu betreuen. Auf diese Visiten habe ich mich immer sehr gefreut. Sie dauern zwar sehr lange (mitunter drei bis vier Stunden), aber jeder Patient wird intensiv besprochen, damit die Assistenten und Studenten etwas lernen, und gerade die kardiologischen Patienten haben einen ellenlagen Medi-Plan für all ihre Komorbiditäten. Dadurch wird man aber in Pharma deutlich fitter.
Wenn ich mal keine Lust auf die Visite hatte, bin ich in der Zeit zur Echokardiographie gegangen. Die Aerzte dort sind sehr darum bemüht gewesen, mir etwas beizubringen. Die Bilder wurden mir erklärt, ohne dass ich nachfragen musste und ein paar Mal durfte ich selbst schallen. Man ist danach zwar kein ausgebildeter Sonographeur, aber man entwickelt doch einen Blick dafür. Auch Farbdoppler und Techniken, um Flussraten, Flächen oder Wanddicken auszumessen, wurden verständlich erklärt.
In der Funktionsdiagnostik gibt es ausserdem das (Belastungs)EKG, einen extra Raum für Farbdoppler-/Duplexsono- und Abdomensono-Untersuchungen und die ABI-Messungen der Angiologen, die zum Kardio-Team dazugehören. Bei diesen Untersuchungen war ich allerdings nicht dabei.
Neben der ITS ist das Herzkatheterlabor, in dem jeder mal gewesen sein muss. Die Oberärzte, die dort tätig sind, sind sehr routiniert, da jeden Tag stundenlang kathetert wird. Man darf zwar als Student nicht direkt ins Labor wegen der Strahlenbelastung, aber von nebenan sieht man alles genauso gut. Die Pfleger dort erklären einem gern während der Untersuchung die Aufnahmen, wenn das CT gerade nicht läuft, darf man auch ins Labor und sich Katheter und Stents anschauen.
Nachmittags liegen auf Station dann die Neuaufnahmen an. Man hat also genug Zeit, sich in Anamnese und Statuserhebung zu üben. Es gab Tage mit bis zu 15 Aufnahmen, da ist immer viel zu tun. Ausserdem wird man von den Assistenten oder dem Pflegepersonal immer wieder zu kleineren Tätigkeiten abberufen, wie neu angeforderten Blutentnahmen, manchmal auch Blutkulturen, immer und immer wieder Zugänge legen, EKGs schreiben, Schellong-Tests durchführen, Patienten für Untersuchungen aufklären, Hausärzte anrufen und Befunde anfordern, Briefe überarbeiten und die Diagnosen nach ICD-10 kodieren, Fäden oder Knoten ziehen bei Patienten, die nebenbei noch irgendwo operiert worden sind usw.
Für die PJler gibt es zweimal die Woche Seminare, an denen ich immer teilnehmen konnte. Während meiner Famulatur fanden Radiologieseminare und Chirurgieseminare/-UaKs statt. Gerade die Radio-Seminare waren sehr, sehr gut!!
Ausserdem findet einmal wöchentlich eine Internistenfortbildung statt von und für alle Internisten des Hauses, ich konnte mir in der Zeit kardiologische und pulmologische Fortbildungen anhören.
Kritikpunkte:
Die Stimmung unter den Assistenzärzten war wegen des Stresses etwas angespannt, aber es hing auch vom Einzelnen ab, wie mit dem Arbeitsaufwand umgegangen wurde. Die meisten waren trotz allem gut drauf und haben sich bemüht, den Famulanten und PJlern etwas beizubringen, dazu gehörte auch, dass man mal abgefragt wurde zu Medikamenten, Differentialdiagnosen oder Therapieschemata, aber immer ohne Stress und ganz locker.
Was zudem manchmal für Kopfschmerzen gesorgt hat, waren die langen Tage. Um 8 Uhr anzufangen ist zwar gerade im Winter sehr angenehm, aber die reguläre Arbeitszeit ging bis 16.30 Uhr, vor 17 Uhr bin ich dennoch selten rausgekommen. Man will halb fünf nicht plötzlich alles stehen und liegen lassen, aber in anderen Abteilungen konnten die Leute in der Regel pünktlich gehen.
Zusammenfassung:
-sehr lehrreich, da sehr kompetente und m.E. nach sehr nette Fach- und Oberärzte
-wer will, kann sich alles mal anschauen: die Türen des Funktionsbereichs und des Herzkatheterlabors stehen wirklich immer offen
-das Team der ganzen Abteilung steht ständig unter Strom, was man merkt, aber dennoch gehen alle respektvoll miteinander um, sind sogar alle per Du, für die Verhältnisse war ich wirklich vom guten Umgangston angenehm überrascht (auch der Chef ist sehr, sehr nett!)
-es kommt nie Langeweile auf: zu Beginn waren auf beiden Stationen insgesamt 2 PJler und mit mir 3 Famulanten tätig, zum Ende hin war ein PJler auf der 41, ich mit der anderen PJlerin allein auf der 42.. es kommt also nie dazu, dass man sich aus Langeweile um eine Blutentnahme kloppt ;)
Ich kann diese Klinik jedem nur empfehlen, da sie sehr gross ist, man also viel sehen und machen kann.
Für Famulanten ist das Hauptgericht kostenlos, Leihwäsche wird gestellt (PJler müssen beim Essen die Hälfte bezahlen, kriegen glaube ich auch "nur" Leihwäsche, dafür aber einen wertvollen Orbis-Zugang).
Bewerbung
Ich habe mich zur Sicherheit ein halbes Jahr im Voraus beworben, da ich unbedingt zu meinem gewünschten Zeitraum in genau diese Klinik wollte. Sechs Monate Vorlauf sind aber bei weitem nicht notwendig.
Die Bewerbung an sich war sehr unkompliziert: einfach eine Mail an Frau Bodogh schreiben mit einem Scan des Physikumszeugnisses im Anhang. Ein paar Wochen später kommt eine Mail von der Personalabteilung, die einem das Impfzeugnis zuschicken, das man zusammen mit einer aktuellen Imma-Bescheinigung am ersten Tag mitbringen muss.
Famulaturbescheinigung wird automatisch von Frau Bodogh fertig gemacht, man muss also kein Formular mitbringen.