Zwischen Intensivstation und Seenotrettungskreuzer – Famulatur in Cuxhaven
Wer Lust auf eine maritime Abenteuerfamulatur hat, ist am Helios Krankenhaus in Cuxhaven genau richtig! Während meines 30-tägigen Aufenthalts in der Küstenstadt am deutschen Weltschifffahrtsweg hatte ich die einzigartige Möglichkeit, bei Medico – der telemedizinischen Beratungsstelle für deutsche Schiffe und Seeleute in See – einen Einblick in eine ganz andere Art der ärztlichen Beratung zu gewinnen. Via Email und Telefon melden sich Seeleute aus allen Ecken der Erde, um die medizinische Beratung in Anspruch zu nehmen, da auf den meisten Schiffen kein Arzt an Bord ist. So werden am Helios Klinikum über 1000 Fälle pro Jahr bearbeitet. Das Spektrum der eingegangenen Fälle während meiner Famulatur reichte von eingewachsenen Fußnägeln über das akute Abdomen bis hin zu einer Reanimationssituation an Bord. Meine Aufgabe bestand darin, die eingehenden Mails nach Dringlichkeit zu sortieren und Lösungsansätze zu formulieren. So kann man sich eigenständig mit medizinischen Fällen auseinander setzten und erhält einen Einblick in eine ganz eigene Welt mit besonderen Herausforderungen und Problemen. Da einem nur Mail, Telefon und Bilder als Medium bleiben, muss man ganz gezielte Fragetechniken anwenden, um eine Ahnung von der aktuellen Krankensituation an Bord zu bekommen. Man muss sein medizinisches Wissen einem völlig neuen Umfeld anpassen.
Darüber hinaus hatte ich die einmalige Chance, an praktischen Übungen zur Rettung von verunglückten Personen in See teilzunehmen. Mit einem Überlebensanzug durfte ich vom Seenotrettungskreuzer „Anneliese Kramer“ ins Hafenbecken springen, um anschließend vom Beiboot wieder aufgenommen und „gerettet“ zu werden. Außerdem habe ich an einer Feuerwehrübung auf der Elbe teilgenommen mit Simulation von Gefahrensituationen.
Neben meinen abwechslungsreichen und spannenden Ausflügen zum Seenotrettungskreuzer, habe ich auch auf der hiesigen Intensivstation sehr viel gelernt. Als Famulant wird man aktiv in den Stationsalltag mit eingebunden. Je nach eigenem Engagement und Interesse darf man Patienten aufnehmen, Blut abnehmen, Braunülen legen, unter Anleitung Arterien und ZVKs legen sowie Punktionen durchführen. Während der Visiten darf man jederzeit gerne Fragen stellen. Man bekommt viel erklärt und gezeigt. Der Chefarzt und der Oberarzt haben mit mir ausführlich die einzelnen Krankheitsbilder besprochen. Die Intensivstation betreut auch den Schockraum mit, sodass man immer anwesend ist, wenn Polytraumata eingeliefert werden. Wenn man Lust und Zeit hat, ist eine helfende Hand in der ZINA (Zentrale Interdisziplinäre Notaufnahme) jederzeit willkommen. Auch dort darf man viel selbstständig arbeiten und bekommt viel erklärt.
Für Kost und Logis ist gesorgt. Als Student wohnt man umsonst im Ärztehaus direkt auf dem Klinikgelände in vierer WGs. Bettwäsche und Handtücher werden gestellt. Essen gibt es gut und reichlich in der Cafeteria des Krankenhauses. Auch die Bereichskleidung wird gestellt. Neben der Famulatur hat man auch viel Freizeit, die man an der Nordsee genießen kann. Bei gutem Wetter locken der Strand (15min mit dem Fahrrad) und das Weltnaturerbe Wattenmeer. Im Hafen (5 min mit dem Rad) kann das Feuerschiff „Elbe 1“ besichtigt werden. Bis zum Stadtzentrum sind es zehn Minuten zu Fuß. Es gibt ein Kino, Museen und einen Escape Room (auf dem Klinikgelände!). Am Wochenende kann man mit dem Zug problemlos Ausflüge nach Bremerhaven oder Hamburg machen.
Fazit: Es war meine letzte und beste Famulatur! Wer etwas Besonderes sucht und gerne mal über den Tellerrand hinausschauen möchte in den Nischenbereich der Maritimen Medizin, ist hier genau richtig! Die Stimmung im Team ist absolut studentenfreundlich und man kann seine Schwerpunkte nach Interessenslage selber wählen. Der Chefarzt und der Oberarzt der Intensivstation sind sehr engagiert und interessiert an der Aus– und Weiterbildung der Medizinstudenten. Teamgeist wird auf der Station großgeschrieben. Ich würde jederzeit gerne wieder eine Famulatur in Cuxhaven machen.